Klinik-Affäre:Innenministerium wegen Untätigkeit verklagt

Klinik-Affäre: Seit Juli 2017 keine Antwort: das bayerische Innenministerium am Odeonsplatz in München.

Seit Juli 2017 keine Antwort: das bayerische Innenministerium am Odeonsplatz in München.

(Foto: Robert Haas)

In der Affäre um die mittelfränkischen Bezirkskliniken ziehen die Grünen gegen die Aufsichtsbehörde vor Gericht.

Von Uwe Ritzer, Ansbach

Vorsichtshalber ist dieser ganze Freitag für die Sondersitzung eingeplant, schließlich gibt es viel aufzuarbeiten bei den krisengebeutelten Bezirkskliniken Mittelfranken. Es geht um die von externen Sonderprüfern akribisch aufgelisteten gravierenden Fehler in der Vergangenheit, bei der Bauplanung, bei Vergaben und in der Personalführung, die zur Freistellung von Vorstand Helmut Nawratil führten. Aber auch um die Frage, wie es weitergeht bei der Klinikfirma mit ihren acht Krankenhäusern, zwei Heimen und 3000 Beschäftigten.

"Es braucht einen kompletten Neuanfang", sagt der Günen-Bezirksrat und Klinik-Verwaltungsrat Klaus Hiemeyer. Und spricht sich dagegen aus, dass einer der Stellvertreter Nawratils, Matthias Keilen oder Kai Schadow, dessen Nachfolge antreten. "Sie wussten über sein Treiben Bescheid, haben mitgemacht und ihn nicht gebremst", sagt Hiemeyer. Würden die Wegducker nun auch noch aufsteigen, wäre dies "eine Katastrophe".

Hiemeyer und sein Parteifreund Daniel Arnold können für sich in Anspruch nehmen, lange vor dem Sonderprüfbericht auf Missstände und Fragwürdigkeiten hingewiesen und eine akribische Aufarbeitung verlangt zu haben. Die Mehrheit, allen voran Bezirkstagspräsident Richard Bartsch, (CSU), nahm diese Forderungen sehr lange gleichgültig hin. Er und Arnold seien "lächerlich gemacht und nicht ernstgenommen worden", sagt Hiemeyer. Letzteres gelte auch für das bayerische Innenministerium als Rechtsaufsichtsbehörde.

Weshalb die Grünen vor dem Landgericht Ansbach eine Untätigkeitsklage gegen das Ministerium eingereicht haben. Sie bezieht sich auf einen Antrag vom 12. Juli 2017. Lange vor der späteren Sonderprüfung also hatte Hiemeyer darin verlangt, das Ministerium solle "vermutlich unrichtigen Informationen" Nawratils gegenüber dem Klinik-Verwaltungsrat und anderen Anschuldigungen nachgehen und eine Aussage darüber treffen, wer für etwaige Folgen hafte. Diesen Antrag hat das Innenministerium der Klageschrift zufolge bis zum heutigen Tag nicht einmal beantwortet.

Für die Sonderprüfer steht fest, dass Nawratil zumindest bei der Entlassung eines Chefarztes, dem Verwaltungsrat nicht die volle Wahrheit gesagt hat. Hiemeyer sagt, der Vorstand habe dem Kontrollgremium der Klinikfirma öfter Dinge "geschönt, lückenhaft und falsch dargestellt". Die Rechnung für die jahrelange Melange aus Misswirtschaft und politischer Gleichgültigkeit könnte für die Allgemeinheit teuer werden. Auf 6,6 Millionen Euro summieren sich der Klage zufolge die durch Planungspfusch bedingten Kostensteigerungen bei Neubauten. Hinzu kommt das Risiko, staatliche Fördermittel nicht im geplanten Umfang zu erhalten oder ausgezahlte Zuschüsse zurückzahlen zu müssen. Was die Frage aufwirft, wer dafür haftet.

Plötzlich warnen selbst die in der Vergangenheit nicht gerade aufklärungsfreudigen Freien Wähler im Bezirkstag vor "millionenschweren Risiken" für den Bezirk und damit dessen Umlagezahler, die kreisfreien Städte und Landkreise Mittelfrankens. Und mancher Verwaltungsrat fürchtet still, er könnte auch persönlich haftbar gemacht werden für die jahrelange Misswirtschaft.

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