Ansbach:Gehen oder bleiben

PK der Bezirkskliniken Mittelfranken in Ansbach 07.07.2017

Langsam regt sich auch politischer Widerstand gegen den umstrittenen Klinikchef Helmut Nawratil. Bezirkstagspräsident Richard Bartsch und die CSU stehen aber nach wie vor zu ihm und seinen Methoden.

(Foto: Peter Roggenthin)

Helmut Nawratil, der Chef der mittelfränkischen Bezirkskliniken, ist wegen seiner Geschäftspraktiken und seines Verhaltens gegenüber Mitarbeitern schwer angeschlagen. Nun deutet sich offenbar sein Rückzug an

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

Diese Woche verschickten Vorgesetzte der psychiatrischen Klinik am Europakanal in Erlangen eine Warnung an alle Mitarbeiter und erinnerten sie an ihre Verschwiegenheitspflicht als Arbeitnehmer. Keinesfalls dürften sie mit Journalisten über die Zustände in dem Hospital oder den anderen Standorten der Bezirkskliniken Mittelfranken sprechen oder darüber etwas in den sozialen Netzwerken verbreiten.

Der Maulkorb ist verständlich - zu viele Absurditäten und Fragwürdiges über das Gebaren vor allem von Klinikvorstand Helmut Nawratil ist in den vergangenen Wochen nach außen gedrungen. Vorgänge, welche die Verantwortlichen lieber unter dem Teppich gehalten hätten.

Nun ist Nawratil, 47, in doppelter Hinsicht angeschlagen. Zum einen ist der Klinikmanager krankgeschrieben und es mehren sich obendrein die Anzeichen dafür, dass er angesichts von immer mehr Kritik an seiner Amtsführung seinen Posten räumen wird. Er wolle von sich aus das Handtuch werfen, schrieb die Nürnberger Zeitung und berief sich auf eine mit den Vorgängen vertraute Quelle. Auf Nachfrage bestätigte Bezirkstagspräsident Richard Bartsch (CSU) "einen Meinungsaustausch zwischen einem Vertreter der Bezirksverwaltung und Nawratils Anwalt", zu dessen "näherem Inhalt" er aber keine Angaben machen könne.

Mitarbeitern soll Nawratil seine Rückkehr angekündigt haben, doch nicht wenige in dem Klinikunternehmen und dessen Verwaltungsrat zweifeln daran. Sie schätzen die Situation bei den Bezirkskliniken als völlig verfahren ein. Eine Rückkehr des umstrittenen Vorstands würde die Lage kaum befrieden, sagen sie. Angeblich scheiterte vor wenigen Tagen erst ein Versuch Nawratils, alle acht Chefärzte der Bezirkskliniken zu einer gemeinsamen Solidaritätsadresse in seinem Sinne zu bewegen. Eine Bestätigung dafür gibt es allerdings nicht.

Wohl aber sickern immer mehr Fälle durch, in denen mit Mitarbeitern nicht korrekt umgegangen wurde. Etwa der eines Pförtners, der seit gut 30 Jahren bei den Bezirkskliniken in Ansbach arbeitet (zuletzt als Schichtleiter) und davon 22 Jahre lang dem Personalrat angehörte. Der Mann ist zu 100 Prozent als schwerbehindert eingestuft. Trotzdem wurde dem 54-Jährigen wegen angeblichem verbalen Fehlverhalten gegenüber Vorgesetzten gekündigt. Er klagte dagegen - und gewann.

Das Arbeitsgericht Nürnberg verurteilte die Bezirkskliniken bereits im Januar, den Mann "zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Schichtleiter im Pfortendienst" weiter zu beschäftigen. Doch die Klinik ignoriert das. Stattdessen teilte sie dem seit einem Verkehrsunfall schwer gehbehinderten Mann Tätigkeiten zu, bei denen er den ganzen Tag hätte viel laufen müssen. Zeitweise quartierte man ihn einfach in einem Dachgeschossbüro ein. Nun versucht sein Anwalt, den gerichtlich festgestellten Anspruch des Pförtners per Zwangsvollstreckung durchzusetzen.

Im mittelfränkischen Bezirkstag und dem für die Klinik zuständigen Verwaltungsrat beginnt nur langsam die politische Diskussion darüber, ob so etwas tatsächlich sein muss. Auch Nawratils Praktiken bei Auftragsvergaben und im Umgang mit Kritikern sind umstritten. Der SPD-Abgeordnete Horst Arnold und die Grünen fordern in Landtagsanfragen Aufklärung von der Staatsregierung.

Vorbehaltlosen Rückhalt genießt Nawratil nach wie vor bei Bezirkstagspräsident Richard Bartsch und der CSU. Fraktionschef Peter Daniel Forster lobt ihn für seine "konsequente Führung". Die CSU hält die Kritik für eine "gezielte Kampagne gegen den Vorstand und die Bezirkskliniken". Die SPD denkt derweil noch nach, ob die Regeln vielleicht verschärft und der Vorstand stärker kontrolliert werden sollte.

Die Grünen fordern eine unabhängige Ombudsstelle und ein anonymes Fehlermeldesystem bei den Bezirkskliniken. Die Missstände seien nämlich nicht nur ein Problem Nawratil. "Hier liegt ein strukturelles Problem vor, das an der Wurzel gepackt werden muss", sagt Bezirksrat Daniel Arnold.

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