Ansbach:Es rumpelt im Bezirksklinikum

Vorstand Helmut Nawratil steht in der Kritik, zudem herrscht Personalnot. Und die Grünen bezweifeln, dass der Verwaltungsrat stets korrekt informiert wurde

Von Uwe Ritzer

Allmählich wird es einsam um Helmut Nawratil. Nun hat auch noch Christian Kämper gekündigt, Personalchef und zugleich einer der Stellvertreter Nawratils. Er verlasse die Bezirkskliniken Mittelfranken zum Jahresende aus rein persönlichen Gründen, heißt es. Andere Führungskräfte der Klinikfirma des Bezirks Mittelfranken sind bereits gegangen, häufig, weil sie mit dem Geschäftsgebaren und der rüden Menschenführung des umstrittenen Vorstands Nawratil nicht einverstanden sind. Der wiederum hat seinerseits viele Leute hinausgeworfen. Nun aber wird es eng.

Die harschen Vorwürfe gegen Nawratil, die vom Campingbus als Zweit-Dienstwagen über seltsame Psychospielchen mit kritischen Mitarbeitern bis zu fragwürdigen Auftragsvergaben reichen, tragen kaum zur Beliebtheit der kommunalen Klinikfirma mit 3000 Beschäftigten als Arbeitgeber bei. Dort herrscht in Teilen inzwischen Personalnot, im IT- und im Baubereich etwa. Die Bauabteilung, die in den nächsten Jahren Investitionen von immerhin mehr als 300 Millionen Euro abwickeln soll, wird auf Nawratils Anweisung von einem Bautechniker geführt, statt von einem Ingenieur oder Architekten. Es wirkt fast verzweifelt, dass Klinikchef Nawratil internen Unterlagen zufolge inzwischen laut darüber nachdenkt, IT und Bau an Fremdfirmen auszugliedern.

Ansbach: Die Idylle trügt: Im Bezirksklinikum Ansbach ist immer noch keine Ruhe eingekehrt. Zwar führt der Klinikchef die Häuser ohne Verlust, doch im Management liegt einiges im Argen.

Die Idylle trügt: Im Bezirksklinikum Ansbach ist immer noch keine Ruhe eingekehrt. Zwar führt der Klinikchef die Häuser ohne Verlust, doch im Management liegt einiges im Argen.

(Foto: oh)

Womöglich wäre all dies hinfällig, hätten Bezirkstagspräsident Richard Bartsch (CSU) und die große Mehrheit der als Klinik-Verwaltungsräte involvierten Bezirkspolitiker vor Kurzem ein Angebot Nawratils angenommen, die Bezirkskliniken zu verlassen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung aus involvierten Kreisen forderte Nawratil im Gegenzug 500 000 Euro Abfindung und setzte den Bezirksräten eine Frist zur Entscheidung bis 30. September. Der Termin verstrich, ohne dass Bezirkstagspräsident Bartsch und die Verwaltungsratsmehrheit aus CSU, SPD und FW darauf eingingen. Auf Nachfrage wollten weder Bartsch noch Nawratil zu den Vorgängen Stellung beziehen.

Die Mehrheit der mittelfränkischen Bezirkspolitiker steht fest zu Nawratil, weil der die Kliniken ohne Verlust führt. Weshalb sie sein Gehalt von 1. Januar 2018 an um fast die Hälfte auf 380 000 Euro jährlich anhob. Der neue Vorstandsvertrag umfasst auch eine Abfindungsregelung, die eine Trennung von Nawratil künftig viel teurer werden ließe als 500 000 Euro.

Die Nibelungentreue von Bartsch und Co. verwundert umso mehr, weil im Management der Bezirkskliniken immer mehr im Argen liegt. Der Neubau einer forensischen Klinik in Erlangen etwa liegt nicht nur weit hinter dem Zeitplan zurück, sondern soll allein im ersten Abschnitt mehrere Millionen Euro teurer werden als geplant. Die Pläne für eine in Fürth geplante Klinik liegen auf unbestimmte Zeit auf Eis, weil es massive Probleme mit dem Baugrund gibt, der offenkundig nicht genau genug untersucht worden war. Auch bei diesem Projekt gibt es bereits Mehrkosten in siebenstelliger Höhe.

PK der Bezirkskliniken Mittelfranken in Ansbach 07.07.2017

Bezirkstagspräsident Richard Bartsch (links) steht fest zu Klinikvorstand Helmut Nawratil.

(Foto: Peter Roggenthin)

Internen Unterlagen zufolge droht ein geplantes Klinikprojekt in Roth um 25 Prozent teurer zu werden, und dass ein geplantes Hospital in Treuchtlingen nicht mehr als 30 Millionen Euro kosten wird, glauben nicht einmal mehr Optimisten. Auf viele solcher Unwägbarkeiten hatte der letzte reguläre Bau- und Projektmanagement-Chef frühzeitig hingewiesen, ehe Nawratil ihn rausgeworfen hat.

Auch ein anderer Vorgang wirft Fragen auf. In anonymen Briefen hatten Mitarbeiter bauliche Defizite beim Brandschutz in Klinikgebäuden angemahnt, was, wie alle Vorwürfe in den Briefen, als falsch zurückgewiesen wurde. Nun allerdings werden plötzlich für 2018 Brandschutz-Investitionen von 6,7 Millionen Euro geplant.

Einher damit geht die Frage, ob Nawratil die Politiker im elfköpfigen Klinik-Verwaltungsrat immer korrekt informiert hat. Die Grünen bezweifeln das. Ihr Bezirksrat Klaus Hiemeyer hat zur Sitzung des Bezirksausschusses an diesem Donnerstag auf (inklusive Anlagen) 23 Seiten akribisch aufgelistet, wann und wie Nawratil das Kontrollgremium nicht vollständig und wahrheitsgemäß informiert habe. So hätten die Chefärzte der Bezirkskliniken massive Bedenken gegen eine neue Medizinstrategie geäußert. Nawratil habe jedoch im Verwaltungsrat behauptet, die Mediziner hätten ihr "ohne Bedenken zugestimmt". Einen Brief, in dem die Ärzte vor "gravierenden Auswirkungen" warnten, habe er nicht nur verschwiegen, sondern auf Nachfrage sogar behauptet, er existiere nicht. Nun zitiert Hiemeyer daraus.

Auch den fristlosen Rauswurf eines Chefarztes habe Nawratil mit falschen Darstellungen bis hin zum angeblichen Abrechnungsbetrug begründet und dabei E-Mails verschwiegen, die den Mediziner entlasten. Einher damit wirft Hiemeyer Bartsch und der Mehrheit im Verwaltungsrat vor, "über Jahre kein Interesse gezeigt zu haben, Ungereimtheiten und Vorwürfe wirklich aufzuklären". Sein Fraktionskollege Daniel Arnold spricht von einer "fatalen Vogel-Strauß-Taktik". Die Grünen sind nicht die einzigen, die nicht daran glauben, dass Bartsch und der Bezirk die Vorgänge seriös aufklären und dass Ruhe einkehrt. Ein externer Sonderprüfer soll ran und auch das Innenministerium als Rechtsaufsichtsbehörde fordert detailliert Auskunft.

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