Anklage im Augsburger Polizistenmord:Blutspritzer sollen Brüderpaar überführen

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Brutale Raubüberfälle, illegaler Waffenbesitz und womöglich auch ein Mord: Im Fall des Augsburger Polizistenmordes hat die Staatsanwaltschaft jetzt die Anklage gegen zwei Brüder vorgelegt. Die beiden Verdächtigen schweigen bislang zur Tat, aber die Beweise sprechen gegen sie.

Andreas Ross

Es war eine Tat, die eine ganze Stadt unter Schock setzte. In der Nacht zum 29. Oktober 2011 wurde der Augsburger Polizist Mathias Vieth bei einer wilden Verfolgungsjagd nach zwei mit einem Motorrad flüchtigen Männern im Augsburger Stadtwald erschossen. Vieths Kollegin wurde bei der nächtlichen Schießerei verletzt und schwer traumatisiert. Nach langwierigen und intensiven Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Augsburg jetzt bei der 8. Kammer des Augsburger Landgerichts Anklage gegen das tatverdächtige Brüderpaar Rudi R. und Raimund M. erhoben. Die beiden Männer sitzen bereits seit Dezember vergangenen Jahres in Untersuchungshaft.

Ein Gedenkstein im Augsburger Siebentischwald erinnert an den erschossenen Polizisten Mathias Vieth. (Foto: dpa)

Werner Ruisinger, Verteidiger von Raimund M. erklärte, die Anwälte hätten jetzt ihrerseits drei Wochen Zeit, um gegenüber dem Gericht zu der Anklageschrift und den darin enthaltenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Bislang haben die beiden Beschuldigten bei den Vernehmungen eisern geschwiegen.

Während Raimund M. bislang nicht aktenkundig war, ist sein Bruder Rudi R. bereits im Juni 1976 wegen Mordes an einem Augsburger Polizisten verurteilt worden. 19 Jahre danach war er vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen worden, weil ihm das zuständige Gericht eine gute Sozialprognose ausgestellt und den Rest der lebenslangen Strafe zur Bewährung ausgesetzt hatte.

Diese Einschätzung könnte sich vor dem Augsburger Schwurgericht schon bald als krasse Fehleinschätzung herausstellen, denn die Staatsanwaltschaft Augsburg ist auch ohne Geständnis überzeugt, dass das Brüderpaar den Mord an Mathias Vieth in der Nacht zum 29. Oktober gemeinsam begangen hat. Die Ankläger stützen sich dabei auf DNA-Spuren und diverse Gutachten.

Rudi R. und Raimund M. werden sich aber nicht nur wegen des Mordvorwurfs an dem Polizisten verantworten müssen. Die Ankläger werfen ihnen auch vor, in den Jahren zwischen 2002 und 2011 vier Raubüberfälle verübt zu haben. Nach Erkenntnis der Ermittler sind die beiden Beschuldigten bei Überfällen auf Werttransportunternehmen in Ingolstadt und Augsburg sowie bei einem Raubüberfall auf einen Augsburger Lebensmittelmarkt mit großer Brutalität vorgegangen. Opfer der Überfälle wurden dabei geschlagen und verletzt.

Tagelang suchten Polizisten am Tatort nach Spuren. Auch in der Öffentlichkeit wurde mit großem Aufwand gefahndet. (Foto: dpa)

Und nicht zuletzt werden den beiden Brüdern schwere Verstöße gegen das Waffenrecht vorgeworfen. Im Januar dieses Jahres hatte die "Sonderkommission Spickel", die nach dem Mord an Mathias Vieth eingerichtet wurde, bei der Tochter von Raimund M. ein ganzes Waffenlager und diverse Munition gefunden. Zu den sichergestellten Waffen gehörten drei Schnellfeuergewehre des Typs Kalaschnikow, acht Handgranaten, eine Maschinenpistole und mehrere Kurzwaffen. Darunter auch ein Revolver, der bei einem der Überfälle auf die Werttransportunternehmen einem Wachmann abgenommen worden war.

Die Tochter wurde im Juni vom Augsburger Amtsgericht zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Gleich zu Beginn des Prozesses hatte sie ein Geständnis abgelegt und zugegeben, von den Waffen im Keller gewusst zu haben. Sie beteuerte aber auch, sie habe nichts von den mutmaßlichen regelmäßigen Raubüberfällen ihres Vaters gewusst. Das Gericht hatte ihr geglaubt, nichts von der mutmaßlich kriminellen Karriere des Vaters gewusst zu haben. Da sie aber den Inhalt der Kisten kannte, wurde sie unter anderem wegen Verstößen gegen das Waffen- und Kriegswaffengesetz verurteilt.

Vom Platzwart zum Verbrecher

Nach dem Mord an dem Polizisten Mathias Vieth war Rudi R., der mit seiner Mutter in einem Augsburger Stadtteil wohnte, schon bald ins Visier der Ermittler geraten. Bei den Überwachungs- und Abhörmaßnahmen stieß die Soko auch auf dessen Bruder Raimund M., der in Augsburgs Nachbarstadt Friedberg ein bürgerliches Leben führte und im örtlichen Tennisverein als Platzwart fungierte. Ende Dezember 2011 erfolgte dann die Festnahme beider Männer.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sie in der Nacht zum 29. Oktober 2011 einen weiteren Raubüberfall geplant hatten. Mit einem gestohlenen Motorrad flüchteten sie damals vor der Polizeistreife auf einem schmalen Steg über den Lech in den Stadtwald. Dort kam es dann zur Schießerei, bei der Mathias Vieth sein Leben verlor.

Die Staatsanwaltschaft stützt ihren Mordvorwurf unter anderem auf eine DNA-Spur von Raimund M., die am Tatort gefunden wurde. Und auch auf Blutspritzer des getöteten Polizisten, die auf einer Tasche in einem der Waffenlager der Brüder gefunden wurden.

© SZ vom 20.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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