In der Diskussion um die Zukunft des „Anker-Zentrums“ in Bamberg und die künftige Unterbringung Geflüchteter in der Stadt ist am Mittwoch die Frist für Vereine, Organisationen und Bürger abgelaufen, um Stellung zu beziehen und Vorschläge einzubringen. Zugleich hatte die Stadt bis zum Mittwoch in einer Art Ultimatum Klarheit vom Freistaat zu dessen Plänen mit der Erstaufnahmeeinrichtung gefordert. Ein Brief von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ging am Nachmittag bei der Stadt ein, wie sein Ministerium mitteilte. Zu dessen Inhalt wurde bis zum frühen Abend zunächst nichts bekannt.
Stadt und Freistaat hatten 2015 vereinbart, das „Anker-Zentrum“ zum 31. Dezember 2025 „unwiderruflich“ zu schließen. In den vergangenen Monaten war das Ministerium allerdings ein Bekenntnis zu seiner damaligen Zusage schuldig geblieben und hatte stattdessen unter anderem auf hohe Kosten für den Neubau eines „Anker-Zentrums“ verwiesen, der im Falle der Schließung nötig würde. Die Stadt hatte deshalb in einem Brief an Minister Herrmann Klarheit bis zum 8. Januar gefordert, um ihre Planungen in die eine oder andere Richtung konkretisieren zu können.
Die vom Regierungsbezirk Oberfranken betriebene Erstaufnahmeeinrichtung im Osten Bambergs dient als Schnittstelle aller involvierten Ämter und Institutionen zur schnelleren Bearbeitung von Asylverfahren. Die Stadt will auf dem ehemaligen US-Kasernengelände Platz für Wohnraum, Sozial- und Bildungseinrichtungen schaffen. Im Falle einer Schließung würden Bamberg wie allen anderen Gemeinden Geflüchtete nach dem Königsteiner Schlüssel zugewiesen, von dem die Stadt wegen der Belastung durch das „Anker-Zentrum“ ausgenommen ist.

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Aktuell leben dort 1422 Menschen (Stand 8. Januar) und damit deutlich weniger als in der Vergangenheit, dem Verteilungsmechanismus zufolge müsste die Stadt künftig etwa 1000 Geflüchtete beherbergen. Das wären zwar weniger als bisher, dafür müsste sie sich aber etwa um die Beschulung von Kindern kümmern, die bisher im „Anker-Zentrum“ unterrichtet werden, bis sie die Einrichtung verlassen.
Die Stadtspitze um Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) erarbeitete für den Fall der Schließung in den vergangenen Wochen ein Konzept zur dezentralen Unterbringung der Geflüchteten in Containern, ausgewählt wurden dafür 26 potenzielle Standorte in fast allen Bereichen der Stadt. Es handelt sich dabei um Flächen im städtischen und Stifts-Eigentum, auf denen bis zu zwölf Unterkünfte mit einer Kapazität von jeweils 50 bis 100 Plätzen entstehen würden. Insbesondere die Bamberger CSU äußerte Kritik an den Container-Plänen, zuletzt nannte der Kreisverband diese auf Facebook ein „rot-grünes Schreckgespenst“.
Während die CSU eine Generalkritik formulierte, störten sich Vertreter anderer Parteien und der zahlreichen Bürgervereine vor allem an der Auswahl bestimmter Standorte, darunter ein Schulsportplatz. Die Vereine sowie andere Organisationen hatten ebenfalls die Möglichkeit, bis zum 8. Januar Stellung zur künftigen Unterbringung Geflüchteter zu beziehen. Dabei wurde die Bandbreite von Meinungen in der Stadt sichtbar. Der Bürgerverein Bamberg-Ost etwa setze weiterhin auf die Schließung des „Anker-Zentrums“, teilte er mit. Der Osten der Stadt sei in den vergangenen fast zehn Jahren „überproportional belastet“ gewesen.
Bamberger SPD rückt von Plänen für Unterbringung in Containern ab
Wie unterschiedlich die Ansichten selbst innerhalb einzelner Vereine sind, lässt sich an den Abstimmungsergebnissen einer Mitgliederversammlung des Bürgervereins Bamberg Mitte ablesen: 52 Prozent der Mitglieder votierten gegen die vorgeschlagenen Standorte in ihrer Umgebung, 54 Prozent sprachen sich – teils unter Bedingungen – für den Weiterbetrieb des „Anker-Zentrums“ aus. Als Kompromissvorschlag sei immer wieder eine Verkleinerung zur Sprache gekommen, heißt es in einer Stellungnahme an die Stadt. Und: „Die Unterbringung in Containern wurde sehr kritisch gesehen.“
Jedenfalls dies ist eine verbreitete Auffassung in Bamberg. Zu Jahresbeginn rückten selbst der Bamberger SPD-Kreisverband, dem OB Starke zugehört, und die Stadtratsfraktion der Sozialdemokraten von dessen Container-Plänen ab. In einer gemeinsamen Stellungnahme forderten SPD-Kreisverband und -Fraktion ein „angepasstes Konzept der dezentralen Unterbringung“. Diese solle in städtischen und privaten Häusern stattfinden – „weg von Containern in den Stadtteilen“. Starke hatte die Container-Pläne selbst als „Notlösung“, aber mangels Bekenntnisses des Innenministeriums als einzig aktuelle Möglichkeit bezeichnet. Ohne eine klare Aussage könne die Stadt nicht mit privaten Eigentümern in Verhandlungen treten.