Altötting:Mediziner ohne Maske: Gericht verurteilt AfD-Stadtrat zu Bußgeld

Altötting: Der angeklagte Arzt Hans-Ulrich Mayr und seine Anwältin Beate Bahner im Altöttinger Amtsgericht.

Der angeklagte Arzt Hans-Ulrich Mayr und seine Anwältin Beate Bahner im Altöttinger Amtsgericht.

(Foto: Matthias Köpf)

Hans-Ulrich Mayr muss 16 000 Euro Bußgeld zahlen, weil der Arzt wiederholt Patienten ohne Mundschutz behandelt hat. Zudem besuchte er - ebenfalls maskenlos - eine Patientin in einem Altenheim.

Von Matthias Köpf, Altötting

Die Praxis liegt nur einen Steinwurf vom Kapellplatz entfernt, aber Sprechzeit ist an diesem Nachmittag nicht hier, sondern wieder 300 Meter weiter. Dort steht der Altöttinger Internist Hans-Ulrich Mayr vor dem örtlichen Amtsgericht, weil er selbst und eine Assistentin bei drei verschiedenen Behandlungen von Sommer 2020 bis Februar 2021 in seiner Praxis keine Maske getragen haben und Mayr auch bei einem Patientenbesuch im Dezember 2020 in einem örtlichen Altenheim eine damals 92-jährige Bewohnerin ohne Mund-Nasen-Schutz untersucht hat. Zudem hat er Menschen mit Maske zeitweise per Aushang den Zutritt zu seiner Praxis untersagt und die Corona-Pandemie schon Ende 2020 in einer Videobotschaft für beendet erklärt.

Mayr, der auch der AfD-Fraktion im Altöttinger Stadtrat angehört, hat es mit all dem zu überregionaler Bekanntheit und - als negatives Beispiel - sogar in eine Regierungserklärung von Ministerpräsident Markus Söder gebracht. Wegen der maskenlosen Behandlung im Altenheim hat das Altöttinger Landratsamt ein Bußgeld von 250 Euro verhängt, für die drei Vorfälle in der Praxis setzte es dreimal 5000 Euro fest. Weil Mayr dagegen Einspruch erhoben hat, muss sich nun der Amtsrichter mit dem Fall befassen.

Der Sachverhalt selbst ist unumstritten, denn Mayr räumt alle maskenlosen Behandlungen von Anfang an ein. Seine Patienten müssen gar nicht erst aussagen, zwei von ihnen fehlen ohnehin wegen mutmaßlicher Corona-Infektionen. Auch was den Vorfall im Altenheim betrifft, bei dem Mayr am Ende vom Heimleiter des Hauses verwiesen wurde, gehen die Darstellungen kaum auseinander.

Bei ihm werde üblicherweise ohne Maske behandelt, sagt Mayr, denn er selbst leide unter Schwerhörigkeit, trage Hörgeräte und sei im Umgang mit Helferinnen und Patienten auf eine Kommunikation angewiesen, die nicht von Masken beeinträchtigt wird. Auch behindere ihn die Maske beim Atmen, das ihm wegen einer chronischen Bronchitis ohnehin schwer falle.

Mit Maske werde ihm "einfach nach kurzer Zeit schlecht und ich kann nicht mehr klar denken", sagt Mayr, dem der Richter das Maskentragen auch im Gerichtssaal erspart. Ansonsten überlässt er das Reden weitgehend seiner Anwältin. Die verfügt über ein Attest, dass sie wegen eines Asthmaleidens keine Maske tragen darf, und holt dann erwartungsgemäß sehr viel weiter aus als ihr Mandant.

Hausjuristin der Corona-Zweifler

Denn Mayr lässt sich von der Heidelberger Medizinjuristin Beate Bahner beistehen, die in den vergangenen beiden Jahren zu einer Art Hausjuristin der Corona-Zweifler, Pandemieleugner und Querdenker geworden und darüber selbst zu einschlägiger Bekanntheit gelangt ist. Schon in ihren Beweisanträgen will Bahner nicht nur RKI-Präsident Lothar Wieler als Zeugen laden lassen, sondern auch Landrat Erwin Schneider (CSU) und den Leiter des Altöttinger Gesundheitsamts sowie "auch sehr gern Professor Drosten" und allerlei echte oder vermeintliche Experten, die über die angebliche Mangelhaftigkeit von PCR-Tests, über die behauptete Wirkungslosigkeit und sogar Schädlichkeit von FFP2-Masken und ganz generell über die Ungefährlichkeit des Coronavirus Auskunft geben sollen.

Diese vom Richter ohne viel Aufhebens als unnötig abgelehnten Beweisanträge und Bahners ausgedehntes Plädoyer handeln von einer "inszenierten Pandemie", vom "Irrsinn der Medien", von einer "angeblichen Killerseuche", von der von Bahner selbst behaupteten und beim Verfassungsgericht vergeblich beklagten "Verfassungswidrigkeit der ganzen Corona-Maßnahmen" und davon, dass es gegen Mayr kein Bußgeld nach der Infektionsschutzverordnung geben könne, wo doch schon diese Verordnung nicht rechtmäßig sei. Denn die Voraussetzung einer epidemischen Lage bestehe überhaupt nicht.

Der Richter hört sich das alles geduldig an, obwohl er es wohl auch in Bahners neuem Buch über Corona-Impfungen hätte nachlesen können, das im Gegensatz zu ihren früheren medizinrechtlichen Publikationen in einem eher obskuren Verlag erschienen ist. Dann bestätigt er in seinem Urteil die drei Geldbußen zu je 5000 Euro und erhöht die vierte von 250 auf 1000 Euro. Er gehe aber davon aus, der der Prozess nicht in dieser Instanz zu Ende geht, was Bahner bestätigt.

Ein standesrechtliches Verfahren des Ärztlichen Bezirksverbands Oberbayern hat laut Mayr schon zuvor zu einer Rüge geführt, gegen die man derzeit vor der Landesärztekammer vorgehe. Auch auf dessen Ausgang wartet dann noch die Regierung von Oberbayern, die sich mit der Frage nach Mayrs Approbation als Arzt befassen muss.

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