Tierquälerei am Endres-Hof:"Ganz offenkundig ein krimineller Einzelfall"

Tierquälerei am Endres-Hof: Die Aufnahme zeigt eine sterbende Kuh auf einem Bauernhof im Unterallgäu. Dem Betrieb werden schwere Verstöße gegen die Tierschutzvorschriften vorgeworfen.

Die Aufnahme zeigt eine sterbende Kuh auf einem Bauernhof im Unterallgäu. Dem Betrieb werden schwere Verstöße gegen die Tierschutzvorschriften vorgeworfen.

(Foto: Soko Tierschutz)

Die Verbraucherschützerin Sabine Hülsmann spricht nach den Vorfällen bei einem Großbetrieb im Allgäu über Tierquälerei und die Chancen der Kunden, gute Milchviehhaltung zu erkennen.

Interview von Christian Sebald

SZ: Der Tierschutz-Skandal auf dem Endres-Hof entsetzt viele Verbraucher. Sie fragen: Wie können wir sicher sein, dass die Milch, die wir im Supermarkt kaufen, nicht auch unter tierquälerischen Verhältnissen produziert worden ist?

Sabine Hülsmann: Dazu kann man nur sagen, dass die Machenschaften auf dem Endres-Hof ganz offenkundig ein krimineller Einzelfall sind. Die Verhältnisse dort sind verboten, kein Milchbauer darf seine Kühe so behandeln, wie das dort dokumentiert worden ist. Der Landwirt ist ganz ein schwarzes Schaf unter den Bauern. Gegen solche schwarzen Schafe helfen nur sehr viel strengere und lückenlose Kontrollen und natürlich entsprechend harte Sanktionen. Die Verbraucher selbst sind - wie auch in anderen Lebensbereichen - solchen kriminellen Machenschaften ausgeliefert, am Kühlregal im Supermarkt können sie nichts dagegen tun.

Viele sagen, solche Tierquälereien haben etwas damit zu tun, dass die Bauernhöfe immer größer werden, immer mehr Tiere halten. Der Endres-Hof ist ein Großbetrieb mit 1800 Kühen.

Tierquälerei ist individuell, sie kann auf kleinen Bauernhöfen genauso vorkommen wie auf großen, auf Biohöfen ebenso wie in konventionellen Betrieben. Dagegen helfen, wie gesagt, einzig regelmäßige Kontrollen und scharfe Sanktionen und selbst diese haben auf dem Endres-Hof offenbar versagt.

Aber oft wird gesagt, dass die Haltungsbedingungen auf Biohöfen besser sind als in konventionellen Betrieben.

Da ist schon was dran, auch wenn Biosiegel natürlich kein hundertprozentiger Schutz vor kriminellen Machenschaften sind. Aber auf Biohöfen müssen die Rinder das ganze Jahr über Zugang ins Freie haben, im Sommer müssen sie raus auf die Weide. Auf vielen konventionellen Höfen sind sie das ganze Jahr über im Stall. Auf Biohöfen haben die Kühe mehr Platz im Stall, gentechnisch manipuliertes Futter ist verboten, sie bekommen nicht so viel Kraftfutter, das tut ihnen gut.

Wie stehen Sie zu konventionellen Tierwohl-Labeln?

Da ist zunächst einmal das Label "Für-mehr-Tierschutz" des Tierschutzbundes. Es verbietet die Anbindehaltung, also dass die Kühe im Stall in engen Boxen angebunden werden. Jede Kuh muss eine komfortable Liegebox und einen eigenen Fressplatz haben. Das Schlachten trächtiger Kühe ist verboten. In der Premiumstufe müssen die Kühe Zugang zu einem Laufhof und einer Weide haben. Das sind alles wichtige Punkte für das Tierwohl in der konventionellen Landwirtschaft. Deshalb unterstützen wir Verbraucherzentralen das Tierschutz-Label.

Tierquälerei am Endres-Hof: Sabine Hülsmann von der Verbraucherzentrale Bayern.

Sabine Hülsmann von der Verbraucherzentrale Bayern.

(Foto: VZB)

Was ist mit dem Label "Pro-Weideland", das es seit 2017 gibt?

Das unterstützen wir ebenfalls. Das Pro-Weideland-Label ist entstanden, weil viele Molkereien ihre Milch als Milch aus Weidehaltung ausgeben, obwohl es bisher keinerlei Kriterien oder Standards dafür gab. Oberstes Kriterium des Weideland-Labels ist, dass die Kühe an mindestens 120 Tagen des Jahres jeweils sechs Stunden auf der Weide sind. Auch für die Weiden gibt es Vorgaben. Sie müssen ausreichend groß sein, eine gute Futterqualität bieten und anderes mehr. Im Winterhalbjahr müssen die Kühe mindestens alle zwei Tage Zugang zu einem Auslauf haben. Leider wird das Siegel zu selten kontrolliert. Auch die Initiative der bayerischen Agrarministerin Michaela Kaniber für eine Kombihaltung von Milchkühen ist ein Fortschritt für das Tierwohl. Dabei müssen die Rinder ebenfalls an mindestens 120 Tagen im Jahr Zugang zu freier Bewegung haben - auf einer Weide, in einem Laufhof oder in einer Laufbucht.

Und wie ist das mit der Milch aus den Milchautomaten an den Bauernhöfen, die ja eine Zeit lang wie Pilze aus dem Boden geschossen sind?

Da muss man zuallererst sagen, dass in den Automaten Rohmilch ist, direkt von den Kühen. Die sollte man vor dem Verzehr unbedingt abkochen, damit sie möglichst wenig Keime enthält und man sich keine Infektionskrankheit zuzieht - gleich ob es Bio- oder konventionelle Milch ist. Aber sonst ist das eine gute Sache. Verbraucher und Bauern kommen in direkten Kontakt. Am besten ist es natürlich, wenn man sich mal selber im Stall überzeugen kann, wie die Kühe leben. Außerdem geht das Geld für die Automaten-Milch zu hundert Prozent an den jeweiligen Bauern. Für die ist das ein schöner Nebenverdienst.

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