Tierquälerei-Skandal:Staatsregierung kündigt mehr Kontrollen in Großställen an

Lesezeit: 3 Min.

  • Der Freistaat zieht Konsequenzen aus dem Skandal um Tierquälerei in einem großen Milchbetrieb im Allgäu.
  • Die Kontrollen von großen Ställen sollen von den Landratsämtern abgezogen und der zentralen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) übertragen werden.
  • Die KBLV ist bisher für die Überwachung von 600 Lebensmittel-Großbetrieben in ganz Bayern zuständig.

Von Christian Sebald

Als Konsequenz aus dem Tierquälerei-Skandal in einem großen Milchviehhof im Allgäu reformiert die Staatsregierung abermals die Überwachung großer Lebensmittelbetriebe. Das hat Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) am Donnerstag im Landtag angekündigt. Danach sollen die Kontrollen von großen Rinderställen und Schweinemastanlagen von den Landratsämtern abgezogen und der zentralen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) übertragen werden.

Glauber, der auch für den Tierschutz zuständig ist, nannte die Vorkommnisse auf dem Milchviehhof "bedrückend" und "nicht hinnehmbar". Deshalb brauche man die "neue Kontrollstruktur". Die KBLV, die erst 2018 als Konsequenz aus dem Bayern-Ei-Skandal eingerichtet worden ist, sei dafür die richtige Behörde. Die Fraktionen im Landtag begrüßten Glaubers Ankündigung, SPD und Grüne machten im Umweltausschusses aber klar, dass die Reform nicht weit genug gehe.

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Tierschützer prangerten in Bad Grönenbach die angeblichen "Foltermethoden" in einem der größten bayerischen Milchviehbetriebe an. Videos zeigen, wie Kühe dort misshandelt wurden.

Die KBLV mit Sitz in Kulmbach und Erding ist bisher für die Überwachung von 600 Lebensmittel-Großbetrieben in ganz Bayern zuständig. Dazu zählen zum Beispiel Schlachthöfe, Molkereien, Fleischwarenhersteller und Großbäckereien, vor allem aber Eier-Lieferanten und Geflügelbetriebe mit 40 000 und mehr Mastplätzen. 125 der 600 Betriebe in der Zuständigkeit der KBLV sind solche Geflügel-Großbetriebe. Für Großställe mit mehr als 600 Rindern waren bisher die Landratsämter verantwortlich, ebenso für Schweinemastanlagen mit 1500 und mehr Tieren. Und zwar, obwohl Experten seit langem sagen, dass sie ebenso schwierig zu überwachen seien wie industrielle Geflügelhaltungen. Nach Glaubers Willen soll deshalb die KBLV nun auch für zwölf Rinder-Großbetriebe und 73 große Schweinemastanlagen in Bayern zuständig werden.

Dazu soll die Behörde deutlich verstärkt werden. Glauber will 25 neue Planstellen schaffen und vier zusätzliche Kontrollteams einrichten. Vorgesehen sind auch je eine neue Außenstelle in Schwaben und in Franken. Damit reagiert der Minister auf die Kritik, dass die KBLV-Teams wegen der großen Entfernungen in Bayern bislang mehr auf der Straße als in den Betrieben anzutreffen seien, die sie überwachen sollen.

Für die Veterinärämter an den Landratsämtern kündigte Glauber ebenfalls Verstärkung an. Bis Ende 2020 sollen sie 20 zusätzliche Planstellen für Amtsveterinäre erhalten. Außerdem plant der Minister eine zentrale "Notalarm-Datei". Darin sollen die Zahl der Notschlachtungen, die Sterblichkeit und andere Parameter in den Nutzviehbetrieben zusammengefasst werden, die Hinweise auf das Tierwohl geben. "Wenn eine bestimmte Schwelle überschritten wird, dann wird gleichsam Notalarm ausgelöst", sagte Glauber.

Vorfälle wie auf dem Milchviehhof im Allgäu seien "nicht hinnehmbar", sagt Umweltminister Glauber. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Minister gab auch neue Details zum Tierschutzskandal in Bad Grönenbach bekannt. Die Tierrechtsorganisation "Soko Tierschutz" hat in dem Betrieb schwere Misshandlungen von Rindern dokumentiert. Den Aufnahmen zufolge wurden dort Milchkühe wie leblose Gegenstände herumgeschleift. Andere verendeten qualvoll in einem Krankenstall. Außerdem sieht man, wie eine lebende Kuh mit zusammengebundenen Beinen an einer Baggerschaufel über ein Gatter gezerrt wird. Bisher hatte es stets geheißen, der Betrieb sei mit 1800 Milchkühen einer der größten in Bayern.

Glauber korrigierte dies nach oben: Danach ist der Betrieb der größte seiner Art in ganz Bayern. Verteilt auf fünf Stallungen im Freistaat und zwei in Baden-Württemberg, hält er 2800 Milchkühe. Wegen des überaus schlechten Zustands vieler Rinder habe man den Betriebsleiter suspendiert und einen neuen eingesetzt. Der Belegschaft habe man Nottötungen und Notschlachtungen untersagt. Diese dürften nur noch von einem externen Tierarzt oder Metzger vorgenommen werden.

Wie Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU), die auch an der Sitzung des Umweltausschusses teilnahm, betonte Glauber, dass es stets die Landwirte seien, welche die Verantwortung für das Wohl der Tiere auf ihren Höfen tragen. Selbst die besten Kontrollen könnten kriminelle Taten nicht verhindern. Zugleich bekräftigten die beiden Minister, dass man die Verhältnisse in dem Großbetrieb in Bad Grönenbach auf keinen Fall auf die Landwirtschaft in Bayern insgesamt übertragen könne.

Grüne und SPD nannten die Ankündigungen einen richtigen Schritt. Die Vorsitzende des Umweltausschusses, Rosi Steinberger (Grüne) kritisierte aber, dass der Freistaat nach wie vor regelmäßige Tierschutz-Kontrollen ablehne, wie sie auch die Veterinäre forderten. Der Grund sei, dass die Staatsregierung den Personalaufwand scheue. Zudem bezweifelte sie, dass die Verlagerung der Kontrollen für Großbetriebe ausreichend Entlastung für die Veterinäre an den Landratsämtern bringe. Der SPD-Abgeordnete Florian von Brunn argumentierte ähnlich. Unterlagen des Landratsamts Unterallgäu, das für den Großbetrieb in Bad Grönenbach zuständig ist, belegten, dass das Veterinäramt dort seit mehr als zehn Jahren unterbesetzt sei und sich deshalb immer wieder im Umweltministerium beschwert habe. Das Ministerium habe dies ignoriert.

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