Süddeutsche Zeitung

Allgäu:Skilifte am Grünten sollen wieder anlaufen

  • Wegen finanzieller Probleme der bisherigen Betreiber standen die Grüntenlifte auf dem Gemeindegebiet von Rettenberg zum Verkauf.
  • Die Familie Prinzing hatte die Lifte am Grüntenberg 50 Jahre lang betrieben.
  • Nun hat sich ein neuer Investor gefunden - unklar ist noch, wann der Skibetrieb wieder anlaufen kann.

Von Christian Rost, Rettenberg

Die Skilifte am Grünten im Oberallgäu sollen wieder in Betrieb gehen. Ob das schon in diesem Winter gelingen wird, ist noch offen. Doch immerhin gibt es eine Perspektive für die Anlage, die wegen finanzieller Probleme der Betreibergesellschaft im vergangenen Jahr geschlossen werden musste. Insolvenzverwalter Florian Zistler aus Kempten hat nun einen Investor für die Doppelsesselbahn, sechs Schlepplifte, den Übungslift und das Förderband für Anfänger gefunden.

Eine Unternehmerfamilie aus Immenstadt bekam den Zuschlag für das Skigebiet, das mit seinen insgesamt 20 Pistenkilometern eines der größten im Allgäu ist. Allerdings wird es noch dauern, bis die Bauunternehmer-Familie Hagenauer loslegen kann, die mit der "Alpsee Bergwelt " in der Region schon einen anderen Liftbetrieb erfolgreich führt. Zuvor müssen noch komplizierte Erbangelegenheiten in der Familie der bisherigen Betreiber der Grüntenlifte geklärt werden. Zudem muss die Anlage technisch überholt werden.

Im vergangenen Winter standen die Lifte auf dem "Wächter des Allgäus" still, wie der Berg wegen seiner exponierten Lage auch genannt wird. Nicht nur zum Bedauern der vielen Wintersportler, die seit den Sechzigerjahren am Grünten das Skifahren gelernt haben. Die Wirte und Bewirtschafter der neun Hütten und Almen am Berg fürchteten schon um ihre Existenz, weil der Skibetrieb ausfiel. Überraschenderweise entwickelte sich das Geschäft aber doch nicht so schlecht wie gedacht. Skitouren- und Schneeschuhgeher, Rodler und Winterwanderer entdeckten die unpräparierten Pisten für sich und füllten die Gastbetriebe, während die klassischen Alpinsportler ausblieben.

Manch ein Wirt wie Norbert Zeberle von der Grüntenhütte trauerte dem regulären Skibetrieb nicht nach. Im Gegenteil: Die neuen Gäste waren deutlich entspannter als die Skifahrer, die bei ihm um die Mittagszeit einfielen und nach einer halben Stunde "Rushhour" wieder schnell auf die Pisten wollten. Die Tourengeher brachten zwar weniger Umsatz, aber mehr Zeit mit, weswegen sich Zeberle über die Insolvenz der Liftanlage auch nicht beklagte. Er begrüßte den sanften Tourismus.

In absehbarer Zeit kehrt der Stoßbetrieb aber wieder in die Hütten zurück. Insolvenzverwalter Zistler teilte nach monatelanger Suche nach einem Investor für die Grüntenlifte mit, dass Martin und Sabine Hagenauer den Zuschlag erhalten hätten. Sie setzten sich gegen drei weitere potenzielle Investoren durch. Auf Nachfrage wollte sich das Ehepaar nicht zu seinen Plänen äußern. Auch zur Höhe des Kaufpreises war nur zu erfahren, dass die Verhandlungsbasis für die Anlage bei 2,95 Millionen Euro lag. Um sie wieder in Schwung zu bringen, dürften aber einige weitere Investitionen nötig sein. Offenbar ist die TÜV-Abnahme für die Lifte seit dem vergangenen Jahr überfällig. Doch im Vergleich zu den Schwierigkeiten, die es bei der wirtschaftlichen Rettung des Skigebiets am 1738 Meter hohen Grünten gab, sind die technischen Fragen kaum von Bedeutung.

Neue Investoren können wohl bald loslegen

Die Familie von Gerhard Prinzing hatte den Skibetrieb jahrzehntelang am Laufen gehalten. Als magere Winter das Geschäft einbrechen ließen und das Vermögen der Betreiber-GmbH aufzehrten, sprang zunächst die Gemeinde Rettenberg am Fuß des Grünten ein, damit das Tourismus-Geschäft mit 160 000 Übernachtungen im Jahr in dem 4500-Einwohner-Ort nicht einbrach. Sie kaufte Prinzing den Parkplatz an der Talstation ab, um dem Liftbetreiber finanziell Luft zu verschaffen. Die Pleite ließ sich aber nicht mehr abwenden. Hoffnung schöpften die Touristiker in der Region, als ein dubioser Investor aus der Schweiz auf den Plan trat und vollmundig versprach, das Skigebiet zu übernehmen und 80 Millionen Euro zu investieren. Zwei moderne Seilbahnen wollte Gregor Wallimann installieren, wie er bei einem öffentlichen Auftritt in Begleitung eines Bankers ankündigte, den er eigens mitgebracht hatte. Danach hörte man von den beiden nichts mehr.

Nun könnten die neuen Investoren aus Immenstadt loslegen, wenn in der bisherigen Betreiberfamilie Prinzing nicht komplizierte Erbangelegenheiten gelöst werden müssten. Familienoberhaupt Gerhard Prinzing ist im Oktober gestorben. Dessen Erben besäßen "wichtige Dienstbarkeiten wie zum Beispiel das Recht, einen Skibetrieb am Grünten zu führen", so Insolvenzverwalter Zistler. Und dennoch ist er zuversichtlich, dass der Kaufvertrag mit der Familie Hagenauer letztlich zustande kommt. Die bisherigen Eigner hätten ihre Unterstützung zugesagt, um eine langfristige Zukunft für den Tourismus am Grünten zu ermöglichen. "Ob der Liftbetrieb bereits in diesem Winter aufgenommen werden kann", sei aber "noch nicht absehbar", so der Rechtsanwalt weiter.

Der Verkaufsprozess sei angesichts der unterschiedlichen Besitzverhältnisse sehr komplex gewesen. Die Grundstücke am Berg gehören neben der Familie Prinzing zum Teil auch Alpgenossenschaften und einzelnen Privatleuten, die ihre Flächen in Grunddienstbarkeiten bisher für den Skibetrieb zur Verfügung gestellt haben. Am Ende der Verhandlungen mit allen Beteiligten zeichnet sich dennoch offenbar eine Lösung ab: "Wir haben nun einen umfangreichen Kaufvertrag mit dem Investor verhandelt. Somit wird es eine Zukunft für das bekannte Skigebiet im Allgäu geben", gibt sich Zistler optimistisch.

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Quelle:
SZ vom 12.11.2018/vewo
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