Süddeutsche Zeitung

Nach Skandal 2019:Allgäuer Milchviehbetriebe verstießen weiter gegen Tierschutz

Kein Wasser für Kälber, zu wenig Futter, zu enge Ställe: Nach dem Tierschutzskandal 2019 gab es intensive Kontrollen auf den Höfen. Trotzdem hielten die Missstände an.

Von Christian Sebald

Trotz intensiver Kontrollen der Veterinärbehörden haben die Missstände in den Milchviehbetrieben in Bad Grönenbach und Dietmannsried, die in den Allgäuer Tierschutzskandal von 2019 verwickelt sind, teils bis Juni 2020 angehalten. Das geht aus der Antwort von Umweltminister Thorsten Glauber (FW), der für das Veterinärwesen zuständig ist, auf eine Anfrage der Landtags-SPD hervor. Danach wurde bei den Kontrollen immer wieder festgestellt, dass die Betriebe Kälber ohne Trinkwasser hielten. Außerdem bekamen Kälber und Rinder zu wenig Futter und waren in verdreckten, überfüllten Ställen untergebracht.

Der SPD-Abgeordnete Florian von Brunn fordert schärfere gesetzliche Vorgaben für die Haltung von Rindern. Die Staatsregierung müsse sich auf Bundesebene für den Erlass einer entsprechenden Verordnung einsetzen.

Der Allgäuer Tierschutzskandal betrifft fünf große Rinderbetriebe. Drei liegen in Bad Grönenbach im Landkreis Unterallgäu, zwei in Dietmannsried (Landkreis Oberallgäu). Die mutmaßlichen Tierwohlverstöße wurden erstmals im Juli 2019 publik, als Tierrechtsaktivisten Aufnahmen aus einem Stall eines Milchviehhalters in Bad Grönenbach veröffentlichten. Auf ihnen war unter anderem zu sehen, wie Kühe wie leblose Gegenstände von einem Ort zum nächsten geschleift wurden oder in einem Krankenstall verendeten.

Das Entsetzen war groß. Umweltminister Glauber versprach Aufklärung, Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) forderte für den Fall, dass den Landwirten Straftaten nachgewiesen werden, eine harte Bestrafung. Gegen den Leiter eines Betriebs und dessen Sohn hat die Staatsanwaltschaft Memmingen inzwischen Anklage erhoben.

Nach Aufdeckung des Skandals hatte Glauber das Kontrollwesen für Rinderhalter neu organisiert. Für Großbetriebe mit mehr als 600 Tieren ist seither die Sonderkontrollbehörde des Freistaats für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen zuständig. Die zwei größten Betriebe, die in den Skandal verwickelt sind, hielten 2800 beziehungsweise 1800 Rinder. Inzwischen mussten sie ihre Bestände um bis zu 25 Prozent verringern. Dennoch gab es weiter Missstände.

Der SPD-Mann Brunn zeigt sich schockiert von Glaubers Bericht: "Es darf nicht sein, dass Kontrolleure über lange Zeit massives Tierleid feststellen und es aber nicht abstellen können." Ein Ministeriumssprecher erklärte, dass es in den Betrieben zu Verbesserungen für die Tiere gekommen sei. Die Behörden hätten dazu notwendige Anordnungen und Maßnahmen durchgeführt.

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Quelle:
SZ vom 24.09.2020/aner
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