Allgäu:Investoren verzichten auf Walderlebnisbahn

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Familie Hagenauer geht auf Kritiker im Allgäu zu und streicht das umstrittenste Projekt am Grünten

Von Florian Fuchs, Augsburg

Bald soll der Winterbetrieb starten, am Samstag in einer Woche. Das erste Mal seit 2017 werden die Lifte am Grünten wieder in Betrieb sein, das erste Mal werden wieder Skifahrer auf präparierten Pisten unterwegs sein. Für die Unternehmerfamilie Hagenauer ist es ein Meilenstein auf dem Weg zu ihrer "Grünten Bergwelt", dem seit Monaten meist diskutierten und umstrittenen Tourismus-Projekt im Allgäu: Die Lifte sollen modernisiert, der Berg soll künftig auch verstärkt für einen Sommerbetrieb genutzt werden. Wegen der anhaltenden Kritik an den Plänen haben die Hagenauers nun aber reagiert: Die sogenannte Walderlebnisbahn - zwei Stahlrohre, an denen Besucher hängen und teils durch den Wald den Berg hinunterrutschen - wird aus den Plänen gestrichen. Die Anlage war bislang der zentrale Streitpunkt in der aufgeheizten Diskussion. "Wir wollen damit vor allem einer weiter fortschreitenden Polarisierung innerhalb der Bevölkerung entgegentreten", teilt die Familie mit.

30 Millionen Euro, hieß es bislang, wolle die Unternehmerfamilie in ihre Bergwelt stecken: Sieben dieselbetriebene Lifte sollen durch drei elektrische ersetzt werden, die Trampelpfade sollen entfernt und das Wanderwegenetz geordnet und auch die Grüntenhütte modernisiert werden. Um die Anlagen ökonomisch zu betreiben, so argumentierten die Hagenauers immer wieder, müssten sie auch eine Sommerattraktion bauen - eben jene Walderlebnisbahn, die die Projektgegner als Rollglider bezeichnen.

Nun sagt Anja Hagenauer, dass das Aus für die Bahn den Investitionsaufwand von 30 Millionen Euro auf einen noch nicht bezifferten Betrag senkt und so auch die Betriebskosten verringert würden. Dadurch ließe sich die Bergwelt - trotz geringerer Besucherzahlen als mit Bahn - wirtschaftlich betreiben. Auch in Diskussionen mit Befürwortern des Projekts und Grundeigentümern am Berg, mit denen die Hagenauers zusammenarbeiten müssen, seien immer wieder Bedenken gegen die Anlage geäußert worden. Dem wolle man mit der Entscheidung Rechnung tragen.

Projektgegner Max Stark von der Initiative "Rettet den Grünten" sieht die Ankündigung der Unternehmer zunächst einmal positiv und bezeichnet sie "als ein Entgegenkommen auf unsere Kritik". Es sei aber keinesfalls so, dass sich die Bürgerinitiative nun "mit einem großen Abschiedsfest" auflöse. Es gebe durchaus noch weitere Kritikpunkte. Ob denn ein Skibetrieb mit größerem Schneiteich in Zeiten des Klimawandels nötig sei? Ob so etwas durch Steuergelder aus dem Seilbahnförderprogramm subventioniert werden müsse? Stark und seine Mitstreiter fragen sich auch, was der Verzicht auf den Rollglider für die übrigen Pläne bedeute: Wird dann der geplante Ausbau des Parkplatzes kleiner? Was wird aus der nach Ansicht der Gegner hohen Kapazität der Gondelbahn? Und ganz allgemein fragen sich die Projektgegner, wie verlässlich die Ankündigung ist, auf einen Rollglider zu verzichten. "Wer gibt uns denn die Garantie, dass das keine Salamitaktik ist und so eine Anlage dann in zwei oder drei Jahren kommt?", fragt Stark.

"Die Garantie gebe ich", sagt dazu Anja Hagenauer. "Es wird keine Walderlebnisbahn und künftig auch keine andere Sommerattraktion geben." Die Maximalforderung einiger Kritiker, das Projekt komplett aufzugeben, lehnt die Familie allerdings kategorisch ab. Auch an den Plänen für die Modernisierung und Ausweitung des Parkplatzes am Fuß des Berges und der Gondelbahn ändere sich nach aktuellem Stand nichts. Die Zehner-Gondelbahn, sagt Anja Hagenauer, sei für den Winterbetrieb ausgelegt, im Sommer würden einige Kabinen ausgehängt, womit die Kapazität insgesamt verkleinert und auf weniger Besucher angepasst würde. Hagenauer betont aber, dass die Pläne wie bislang nicht festgezurrt seien und sie im Gespräch mit Befürwortern und Kritikern bleiben wolle, gerade was den künftigen Sommerbetrieb am Berg anbelangt. Der Grünten habe schon jetzt ein hohes Potenzial, sie freue sich über jede Anregung, wie er in den Sommermonaten sinnvoll genutzt werden könne. Eine Idee sei, etwa die Grüntenhütte zu einer Art Erlebnisgastronomie auszubauen. Die Gastwirtschaft ist marode. Die Hagenauers wollen nicht die Fläche der Hütte erweitern, aber die Kapazität: 150 Sitzplätze im Innern und 450 Sitzplätze auf einer Sonnenterrasse sollen entstehen. "Wir sind aber auch offen für andere Vorschläge", sagt Hagenauer.

© SZ vom 12.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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