Süddeutsche Zeitung

Allgäu:Servus Udo

Markus Söder hat den derzeit angesagtesten Ausgrabungsort Bayerns besucht. Der Fund der bislang unbekannten, aufrecht gehenden Menschenaffenart hatte in der Fachwelt großes Aufsehen erregt.

Von Florian Fuchs, Pforzen

So einen Besuch in einer Tongrube verträgt nicht jeder Schuh: Links steht ein Bagger, oben auf der Anhöhe noch ein Bagger, in der Mitte steht Markus Söder in festen Bergschuhen im Dreck. Der Ministerpräsident hat mitgedacht, die quietschgelben Gummistiefel, die Wissenschaftsminister Bernd Sibler kurz vorher gegen seine schwarzen Lederschuhe getauscht hat, machen sich halt nicht so gut im Fernsehen. Ortstermin in Pforzen, am Fundort der bislang unbekannten, aufrecht gehenden Menschenaffenart Danuvius guggenmosi, genannt: Udo.

Die Tübinger Paläontologin Madelaine Böhme, die das nicht vollständige Skelett entdeckt und untersucht hat, steht schon bereit. Etwa ein Meter groß sei der Menschenaffe gewesen, erläutert sie dem Ministerpräsidenten. "Etwas zart für einen Allgäuer", antwortet Söder und greift sich eine Schädelreplik.

Dabei ist das Schienbein viel interessanter, ein nachgemachtes Exemplar darf sich Söder auf seinen Schreibtisch stellen: Das obere Ende des Knochens, zeigt Böhme, ist bei Danuvius guggenmosi flach, wie beim Menschen. Bei Affen ist das Gelenk halbrund, weil sie nur halbwegs aufrecht stehen können. Böhme betont noch einmal, wie sehr der Fund in der Fachwelt Aufsehen erregt hat: Alle Wissenschaftler, die einen Namen haben auf diesem Forschungsgebiet, wollen zu ihr nach Tübingen kommen und sich die Knochen anschauen.

Rein rechtlich gesehen, berichtet aber Wissenschaftsminister Sibler, gehört der Fund zu je einer Hälfte der Finderin und der Bodeneigentümerin. Das Ding bleibt in Bayern, soll das heißen, es ist nur noch nicht klar, wie. Einen runden Tisch soll es geben, Landrätin Marita Zinnecker wirbt vehement um Unterstützung des Freistaats. Ein wie auch immer geartetes Besucherzentrum soll entstehen, das sagt Söder zu. Ob in Pforzen oder im Landratsamt, man wolle Danuvius guggenmosi erlebbar machen, sagt auch Sibler. Am besten mit Visualisierungen, 3-D-Technik - der genaue Plan bedarf noch der Abstimmung.

Um die wiederum bittet auch die Baufirma Geiger, die an der ehemaligen Ziegelei Hammerschmiede abbaut und dort nun keinen Hobby-Archäologen-Tourismus gebrauchen kann. Geiger will dort weiter abbauen, was Professorin Böhme gut findet, weil sie nur so in tiefere Schichten und damit an weitere Funde kommt.

Die Tongrube, sagt Böhme, sei die artenreichste Wirbeltierfundstelle der Welt: Sie hat hier auch schon einen Panda, den Eckzahn einer Seerobbe und die Beckenschaufel eines neugeborenen Elefanten ausgegraben. 1979, erzählt sie, hat Sigulf Guggenmoos in der Tongrube einen 11,4 Millionen Jahre alten Elefantenzahn gefunden. Der Hobbyarchäologe ist inzwischen gestorben, sein Name ist nun verewigt: Danuvius guggenmosi leitet sich vom römischen Flussgott und eben Guggenmoos ab.

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SZ vom 15.11.2019/amm
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