Schloss für die Junge Alternative:AfD-Mann Schmid plant „patriotisches Zentrum“ im Allgäu

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Schloss Mattsies im Allgäu steht zum Verkauf. Allerdings muss es kräftig saniert werden. (Foto: Immobilien Freistaat Bayern)

Der Freistaat bietet Schloss Mattsies in Tussenhausen derzeit zum Verkauf an – der AfD-Landtagsabgeordnete Franz Schmid hat darauf geboten. Er will ein Zentrum für die „Junge Alternative“ aufbauen. Im Ort wächst die Besorgnis.

Von Benedikt Heider, Tussenhausen

Der AfD-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der Jungen Alternative Bayerns Franz Schmid plant, ein „patriotisches Zentrum“ im Allgäu aufzubauen. Das bestätigte er der SZ, zuvor hatte der BR berichtet. Eine Immobilie hat der 23-Jährige schon gefunden, der wegen seiner Nähe zur Identitären Bewegung vom Verfassungsschutz beobachtet wird: das Schloss Mattsies in Tussenhausen (Landkreis Unterallgäu). Dieses Anwesen bietet der Freistaat gerade über seinen Immobilien-Staatsbetrieb „Immobilien Freistaat Bayern“ – kurz Imby – an. Im Ort löst das Interesse des AfD-Mannes Besorgnis aus.

Wie im Märchenfilm führt eine grüne Allee zum fünfgeschossigen Schlossturm von 1527, der sich über einem langen Hof erhebt, gesäumt von Stallungen und weiteren Nebengebäuden. Insgesamt umfasst das Areal 7556 Quadratmeter Nutzfläche. Einziger Wermutstropfen: Die Anlage befindet sich laut Exposé „in einem sehr stark sanierungsbedürftigen Zustand“. 

Wen das nicht schreckt, konnte bis Freitagabend sein Gebot in einem verschlossenen Kuvert an Imby schicken. Eine Sprecherin sagte der SZ, dass die Gebote am Montag geöffnet und geprüft würden. Die Entscheidung über den Verkauf erfolge anschließend unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Mit der Entscheidung sei Mitte der Woche zu rechnen. Bei dem Immobilienangebot wird online explizit darauf verwiesen, dass der Freistaat Bayern nicht verpflichtet sei, „dem höchsten oder irgendeinem Gebot eine Zusage zu erteilen“.

Mehrmals gab es schon Versuche, das Schloss zu verkaufen – doch bisher hat sich kein Käufer gefunden. Das macht Schmid Hoffnung. Die Konkurrenz sei aufgrund der widrigen Verhältnisse gering, sagt er am Freitag am Telefon. Geboten habe er für das baufällige Anwesen daher „nicht mehr als 100 000 Euro“. Sein genaues Gebot möchte er nicht nennen. Das Geld für Kauf und Sanierung solle aus Spendengeldern und Mieteinnahmen von dort geplanten Wohnungen kommen. 

Für die Sanierung des weder ans örtliche Strom- noch Wassernetz angeschlossenen Anwesens veranschlagt Schmid zwei bis drei Millionen Euro und viel Manpower aus den Reihen der AfD. Er wolle Schloss und Gelände nur nutzbar machen und nicht komplett sanieren, sagt er. Weil er Erfahrung mit der Sanierung denkmalgeschützter Objekte habe, traue er sich das zu.

Aus in den Verkauf involvierten Kreisen erfuhr die SZ, dass die Sanierungskosten durch einen Gutachter deutlich höher, nämlich auf mindestens 40 Millionen Euro geschätzt werden. Eine genauere Prognose gibt es nicht, denn das Gebäude ist aktuell nicht betretbar. Die Schätzung basiert auf Unterlagen und Fotos aus den 2010er-Jahren. 

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Nach der Sanierung möchte Schmid die Anlage der Öffentlichkeit zugänglich machen. Er wolle mit einem offenen Haus zeigen, „dass AfDler ganz normale Leute sind“. Auch parteiinterne Bildungs- und Diskussionsveranstaltungen schweben dem Politiker vor. 

Was Schmid erzählt, erinnert an das Konzept eines Verbindungs- oder Burschenschaftshauses. Daran seien seine Pläne aber nicht angelehnt, sagt er. Aber es gehe vielleicht in die Richtung, räumt er ein. Als Vorbild für sein patriotisches Zentrum bezeichnet er das österreichische „Castell Aurora“ bei Linz. Es versteht sich der Internetseite zufolge als „ein sicherer Hafen für patriotisch gesinnte Menschen aus Nah und Fern, die für ihre Heimat einstehen möchten“. Die Einrichtung in Linz wird von Experten als Treffpunkt der rechtsextremistischen Szene bezeichnet.

Schmids Pläne für ein „patriotisches Zentrum“ machen Johannes Ruf Sorgen. Er ist Bürgermeister von Tussenhausen und sagt: „Da gehen alle Alarmglocken an.“ Er sei sich nicht sicher, was die Absicht der Jungen Alternativen sei. Aber wenn er das österreichische Vorbild sehe und im Dorf von Fackelwanderungen und Lagerfeuerabenden höre, werde es ihm bang. 

Ruf selbst hat einige Ideen, was man stattdessen mit dem Schloss machen könnte. Er denkt dabei an ein Museum, einen Veranstaltungsort für das Dorf oder eine Heimat für den Eisprinzen von Matties – so lautet der Spitzname einer dort gefundenen Kinderleiche aus dem 7. Jahrhundert, die aus konservatorischen Gründen eingefroren wurde.

Doch dass die Gemeinde selbst ein Gebot abgibt, kam nicht infrage: „Der Freistaat möchte das Gebäude nicht und wir können mit dem Haushalt einer kleinen Marktgemeinde ein solches Projekt nicht finanzieren“, sagt Ruf. Als das Schloss zum Verkauf angeboten wurde, hätten sich jedoch einige Interessenten bei ihm gemeldet und Informationen über den Zustand und die örtliche Infrastruktur eingeholt. Bis Freitag sollen überraschend viele Kuverts mit Angeboten abgegeben worden sein. 

Sollte Schmid am Ende der Höchstbietende sein, könnte es zum Problem werden, dass er vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Denn die bayerische Haushaltsordnung, die die Regeln des Bieterverfahrens festlegt, beinhaltet eine Klausel, die in besonderen Fällen eine Zustimmung für Verkäufe durch den Haushaltsausschuss des Landtags vorsieht. Beobachtung durch den Verfassungsschutz und der Verdacht auf Rechtsextremismus seien solche Fälle, heißt es. 

Schmid gibt sich am Freitagmittag zuversichtlich, den Zuschlag für das Gebäude zu erhalten. Werde das nicht der Fall sein, werde er sich an die Öffentlichkeit wenden.

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