Gesundheit:Hilfe für Allergiker

Ein bundesweit einmaliges Forschungsprojekt in Bad Hindelang soll die Prävention und Behandlung von Allergien verbessern.

Von Florian Fuchs, Bad Hindelang

Die Luft in Bad Hindelang ist etwas Besonderes, das ist international anerkannt. Die Weltgesundheitsorganisation bezeichnet die Luft im Allgäuer Kurort auf Grundlage regelmäßiger Messungen "als eine der besten weltweit". Bad Hindelang wirbt deshalb schon lange mit diesem Standortvorteil, besonders Allergiker sollen in der gesunden und pollenarmen Umgebung gut durchschnaufen können. So ist es nur logisch, dass Bad Hindelang nun ein Reallabor der Universität Augsburg wird, in dem mithilfe einer zu entwickelnden App das Verständnis von Allergien und auch die individuelle Prävention gefördert werden sollen. Ein Team um Claudia Traidl-Hoffmann, Inhaberin des Augsburger Lehrstuhls für Umweltmedizin, will ein für den Ort maßgeschneidertes Angebot mit regionalen Umweltdaten schaffen - und so Rückschlüsse auf die allgemeine Behandlung und Prävention von Allergien ziehen.

"Allergien kommen wie ein Tsunami auf uns zu", sagt Traidl-Hoffmann. 40 Prozent aller Europäer leiden darunter, in Deutschland sind 24 bis 36 Millionen Menschen betroffen, darunter jedes elfte Kind. Die Situation hat sich verschärft über die vergangenen Jahrzehnte, weil es unter anderem durch den Klimawandel mehr Pollen, aggressivere Pollen und neuartige Pollen gibt - und die pollenfreie Saison immer kürzer wird. Die Forscher verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz und wollen wissen, welche Umweltfaktoren dabei auf den Menschen einwirken, welche Auswirkungen etwa Nahrung oder saubere Luft auf Allergien haben. So ist inzwischen bewiesen, dass an viel befahrenen Straßen lebende Kinder häufiger an Neurodermitis leiden, die eine Entwicklung von Allergien begünstigt. Im hochalpinen Klima in Bad Hindelang gibt es im Vergleich zu Orten auf Höhe des Meeresspiegels und urbanen Räumen weniger Allergene, weniger Pollen und weniger Schimmelsporen. "Wir müssen Orte, die gesund halten, weiter verstehen", sagt Traidl-Hoffmann.

"Einmalig und erstmalig" in Deutschland

So sollen im Forschungsprojekt "Umwelt und Allergie: Ein digitaler Umwelt-, Gesundheits- und Informationsdienst in Bad Hindelang" 200 Probanden, Touristen wie Einheimische, ein Symptomtagebuch ausfüllen. Die Gesundheitsdaten werden dann mit ähnlichen Daten aus Augsburg verglichen. Was Daten anbelangt, sagt Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), gebe es ohnehin Nachholbedarf. Sie müssten schnell zugänglich gemacht werden, um schnell Schlüsse daraus zu ziehen. "Auch das ist eine Folgerung aus der Pandemie." Der Freistaat unterstützt das Projekt deshalb mit 200 000 Euro. "Das ist gut investiertes Geld", sagt Holetschek, auch weil das Projekt das Selbstmanagement von Allergikern fördern soll.

Um sich für den Pollenflug rüsten zu können, müssen Allergiker wissen, welche Art von Pollen fliegen, welche Symptome auftreten, welches Verhalten sich positiv auf die Symptome auswirkt und welche Medikamente helfen. Da die App individuell auf den Ort und damit auf die Nutzer zugeschnitten ist, soll sie Allergikern besonders wertvolle Informationen bereitstellen, hin zu einem persönlichen Allergie-Management. "Das ist einmalig und erstmalig in Deutschland", sagt Traidl-Hoffmann. Ziel sei es, ein solches Angebot künftig auch in anderen Städten anzubieten.

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