Süddeutsche Zeitung

Freie Wähler:Hold über seine Kandidatur: Wahl zum Bundespräsidenten hat ihre eigenen Gesetze

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Der Fernsehrichter rechnet sich Chancen aus - auch wenn die Freien Wähler nur zehn Stimmen haben.

Interview von Wolfgang Wittl, München

An diesem Mittwoch startet die Landtagsfraktion der Freien Wähler in Kempten in ihre dreitägige Herbstklausur. Es ist der große Auftritt für Alexander Hold, 54. Der Jurist und Fernsehrichter aus dem Allgäu stellt sich als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten vor.

SZ: Wie fühlen Sie sich so als fleischgewordener PR-Gag, Herr Hold?

Alexander Hold: Ich mache seit langer Zeit ernsthaft Politik, ich habe ja auch Politikwissenschaft studiert neben der Juristerei. Ich bin seit 2008 Stadtrat in Kempten, bin dort Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler. Und ich gehöre dem Bezirkstag in Schwaben an. Ich fühle mich ganz und gar nicht als PR-Gag.

Mit Verlaub: Bei der Wahl zum Bundespräsidenten verfügen die Freien Wähler über zehn von 1262 Stimmen.

Mit Verlaub: Das ist, wie wenn Sie einem Drittligafußballer vorhalten, warum er zum Pokalspiel gegen den FC Bayern überhaupt antritt, weil er doch eh keine Chance hat. Wir wissen aber alle: Der Pokal hat seine eigenen Gesetze. Warum soll das bei der Bundespräsidentenwahl anders sein?

Sie glauben also ernsthaft an eine Außenseiterchance?

Man sieht ja an der langwierigen Diskussion, dass sich die großen Parteien gar nicht so leicht tun, Kandidaten mit breiter Anerkennung zu finden. Vielleicht ergeben sich da Konstellationen, an die im Moment noch niemand denkt. Ich bin auch selbstbewusst genug zu sagen: Wenn das Volk den Bundespräsidenten direkt wählen könnte, wie es die Freien Wähler lange fordern, wäre die Sache sicherlich sehr spannend. Nach allem, was ich an Rückmeldungen bekomme, sehnen sich die Bürger nach einem Präsidenten, der mit beiden Beinen im Leben steht und der vielleicht gerade nicht aus diesem Berliner Betrieb kommt.

Ist Joachim Gauck nicht bodenständig?

Ich bin mit dem Präsidenten durchaus zufrieden. Wir Freien Wähler haben ihn ja bereits unterstützt, als dann doch Herr Wulff gewählt wurde. Aber ich bezweifle, ob er den Durchschnittsbürger immer erreicht mit dem, was er sagt und wie er es sagt.

In der Einladung zur Klausur steht, Sie wollen Ihre Pläne für ein bürgernahes und zukunftsträchtiges Deutschland vorstellen, die Menschen sollen wieder Vertrauen in die Politik fassen. Das sagt so ziemlich jeder Politiker.

Wir erleben gerade alle, dass sich viele Bürger von der Parteienpolitik nicht mehr verstanden fühlen und deshalb zu vermeintlich einfachen populistischen Parolen flüchten. Politiker müssen mehr zuhören, mehr erklären und mehr dort präsent sein, wo sich die Bürger mit ihren Sorgen vergessen fühlen. Ich denke, dass ich die Menschen mit meiner Art sehr gut erreiche.

Wie genau?

Als Richter habe ich Urteile nie für die nächste Instanz formuliert, sondern für die Rechtsuchenden. Im Fernsehen gelingt es mir offenbar, auch schwierige Wertediskussionen so zu erklären, dass es den Normalbürger erreicht. Das will ich auf die Politik transferieren.

Die Freien Wähler stehen für Kommunalpolitik, weniger für große Politik.

Die kommunale Verwurzelung ist unser Rückgrat. Der Vertrauensverlust beim Bürger rührt ja oft aus dem Gefühl: "Die da oben in München oder Berlin, die wissen doch gar nicht, was an der Basis los ist und wo unsere Probleme liegen." Das ist die große Stärke der Freien Wähler, die sie auch in der Landespolitik sehr stark einbringen.

Entfernen sich die Freien Wähler nicht selbst ein Stück von der Basis? Ihr Chef Hubert Aiwanger sitzt im Landtag in München und will die Freien Wähler auch noch nach Berlin führen - nun sogar mit Ihnen als Bundespräsidentenkandidat.

Hubert Aiwanger ist sehr nah dran an der Basis. Aber es ist nun mal Fakt: Wenn man heute auf kommunaler Ebene etwas erreichen will, muss man auch auf Landesebene aktiv sein. Und wenn man im Land etwas erreichen will, ist es sinnvoll, sich auf Bundesebene Gehör zu verschaffen.

Aiwanger macht das völlig hemmungslos. Zuletzt hat er die Kanzlerin in Stasi-Nähe gerückt. Ist das auch Ihr Stil?

Ich denke, die Freien Wähler sind auf mich zugekommen, weil ich verschiedene Ansichten zusammenführen kann. Ich tu' mich leichter, gehört zu werden, weil die Menschen mich als jemanden kennengelernt haben, der wohldosiert abwägt - aber auch klar seine Meinung vertritt.

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Quelle:
SZ vom 14.09.2016
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