Grafenrheinfeld:AKW-Kühltürme gesprengt

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Der erste Kühlturm des stillgelegten Kernkraftwerks stürzt nach der Sprengung zusammen. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

143 Meter waren die beiden Kühltürme des früheren Atomkraftwerks in Bayern hoch. Am Freitagabend fielen sie binnen weniger Sekunden in sich zusammen – mit mehr als einer Stunde Verzögerung nach einer Protestaktion.

Gut 50 Jahre nach dem Baubeginn des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld sind die beiden Kühltürme der Anlage am Freitagabend wie geplant gesprengt werden. Die Sache dauerte keine dreißig Sekunden. Das Areal, das südlich von Schweinfurt liegt, war weiträumig abgesperrt worden. Dennoch verzögerte sich die Sprengung, weil ein Mann auf dem Gelände auf einen Strommast geklettert war. Insgesamt waren mehr als 200 Beamte im Einsatz.

Nach Angaben eines Polizeisprechers war eine unbefugte Person im Sperrbereich um die Kühltürme „in einer gewissen Höhe“, etwa zehn Meter, auf einem Strommast geklettert. Die Polizei holt den Mann offenbar herunter, er wurde in Gewahrsam genommen. Der Mann stamme aus der Szene der Atomkraft-Befürworter, sagte ein Polizeisprecher der Süddeutschen Zeitung. Es sei noch unklar, wie er in den gesperrten Bereich gekommen sei und warum die Aktion nicht vorher aufgefallen ist. „Das ist sicher nicht der Verlauf, den wir uns erhofft und erwartet haben“, sagte Schweinfurts Landrat Florian Töpper (SPD). Er sei erbost über die Aktion.

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Der Kernkraftbefürworter hat die Sprengung der Kühltürme des AKW Grafenrheinfeld verzögert. Auf dem Gelände des ehemaligen Kraftwerks beginnen derweil die Aufräumarbeiten.

Die Kühltürme waren 143 Meter hoch. Am Boden betrug der Durchmesser je rund 105 Meter, etwa 64 Meter waren es am oberen Ende. Mit nur wenigen Sekunden Abstand fielen die beiden Kolosse in sich zusammen.

Der zweite Kühlturm des stillgelegten Kernkraftwerks im Moment der Sprengung. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Damit überhaupt gesprengt werden konnte, mussten vier von fünf 380-Kilovolt-Hochspannungstrassen, die in Grafenrheinfeld zusammenkommen und für die Stromversorgung von Europa wichtig sind, abgeschaltet werden. Wie viel Sprengstoff für die insgesamt rund 34 000 Tonnen Stahlbeton, Metalle und Kunststoffe nötig waren, verrät die zuständige Thüringer Sprenggesellschaft nicht. Insgesamt kostet der Abbruch der Kühltürme gut drei Millionen Euro.

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Eigentlich sollten die Kühltürme des früheren Atomkraftwerks Grafenrheinfeld in Bayern am Freitag, Punkt 18.30 Uhr, in sich zusammenfallen. Es klappt erst 85 Minuten später. Eine Reportage über den emotionalen Abschied von den „Zwillingen“.

Von Max Weinhold

Baubeginn war vor 50 Jahren

Der Erste Bürgermeister von Grafenrheinfeld, Christian Keller (CSU), sagte im Vorfeld über die beiden Kolosse: „Das ist eine Landmarke, die wir seit vielen Jahrzehnten kennen.“ Viele Bürgerinnen und Bürger seiner Gemeinde hätten dort gearbeitet. „Wir haben es immer gesehen, wir haben es vor Augen gehabt“, so Keller. „Und wenn das dann fehlt, dann wird man mal sehen, was das mit uns macht.“ Für ihn werde die Sprengung ein emotionaler Moment.

Die ersten Schaulustigen warteten bereits am Freitagnachmittag auf die Sprengung. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

1974 begann der Bau der Anlage in Bayern. Die erste Kettenreaktion wurde Ende 1981 angestoßen, von Juni 1982 an floss Strom ins Netz. Bis 2015 war das Kraftwerk 33 Jahre im Dienst. Seit 2018 läuft dort der Rückbau. Es war bundesweit die zweite Sprengung von Kühltürmen eines stillgelegten Kernkraftwerks.

Im Mai 2020 waren in Deutschland erstmals zwei Kühltürme eines Atomkraftwerks gesprengt worden - im baden-württembergischen Philippsburg. Das fand damals aber coronabedingt ohne Öffentlichkeit statt.

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