Aktion gegen Gaffer auf der A 3:Der Feuerwehrmann gehört nicht auf die Anklagebank

Ein Held ist er aber auch nicht, weil er Gaffer mit Wasser bespritzt hat. Der Mann hat etwas getan, was unbedingt sympathisch, aber nicht unbedingt sachdienlich war.

Kommentar von Olaf Przybilla

Die Leser einer in Bayern erscheinenden Tageszeitung sind am Montag über Folgendes informiert worden: "Spritzaktion auf der A 3 hat ein rechtliches Nachspiel." Unterzeile: "Gegen den Feuerwehrmann, der einige Gaffer vom Filmen abhalten wollte, wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet." Im Text dann: Die Ermittler seien "verpflichtet", ein Verfahren einzuleiten. Warum das? Weil es sich offenbar um einen "gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr" handele, so das Blatt.

Die Sache zeigt vor allem eines: Wenn es um Gaffer geht, scheint selbst bei üblicherweise dezidiert vernünftigen Leuten der Draht sehr schnell und sehr heiß zu glühen. Und das sogar dann, wenn sie nicht im Auto sitzen. Besagte Zeitung gilt als hochseriös, nicht die knalligste Meldung ist die beste, sondern eine, die auch richtig ist. Die am Montag aber war vollumfänglich falsch. Nein, die zuständige Staatsanwaltschaft hat von Amts wegen kein Verfahren eingeleitet. Der Feuerwehrmann an der A 3 habe nämlich seinen Wasserstrahl "auf die Seitenscheibe nur sehr langsam fahrender" Fahrzeuge gerichtet. Und das dürfte "nicht für eine Gefährdung geeignet sein", sagt der zuständige Staatsanwalt.

So wenig hilfreich ist wie immer Selbstjustiz

Weil niemand Anzeige erstattet hat, wird also auch nicht ermittelt. Das ist gut so. Und trotzdem hat sich der Feuerwehrmann einen Rüffel eingehandelt. Was ebenfalls gut so ist. So arg man sich nämlich über Widerlinge ereifern mag, die beim Abtransport von Leichen nichts anderes zu tun haben, als ihr Handy zu zücken; und so sehr der Ich-war-dabei-Poster auf Facebook zu den abscheulichsten Zeitgenossen unserer Zeit zählen mag - so wenig hilfreich ist wie immer Selbstjustiz.

Diesem Mann ist nach fünf Stunden Einsatz an einer furchtbaren Einsatzstelle einfach der Kragen geplatzt. Das ist verständlich. Er hat deshalb etwas getan, was unbedingt sympathisch, aber nicht unbedingt sachdienlich war: Er hat Gaffer daran gehindert, sich mit Leichenbildern auf perverse Art brüsten zu können. Ein Held ist er deshalb nicht. Einer, der auf die Anklagebank gehört, aber ebenfalls nicht.

Die Polizei erklärt, das "Anspritzen von Gaffern" sei "kein adäquates Vorgehen für Einsatzkräfte". Sie kümmert sich nun aber um diverse Verfahren gegen die gaffenden Lasterfahrer. Gut so.

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