Unter Bayern:Vom richtigen Auftreten

Wie man sich gibt, so muss man nicht unbedingt sein. Das lässt sich von Chefs, von Andrea Tandler und von Hubert Aiwanger lernen

Von Franz Kotteder

Der richtige Auftritt ist das A und O des Erfolgs, das predigen Motivationstrainer seit jeher. Ist ja auch wahr: Früher gaben die Chefs im Kontor in zackigem Tonfall Tagesbefehle an ihre Untergebenen aus, heute fläzen sie bei der New Work im Club Office mit dem Tablet auf dem knallbunten Designersofa herum und dirigieren von dort ihre Mitarbeitenden im Home-Office. Oder die paar noch real vorhandenen, die sich an der Tischtennisplatte versammeln, weil sie beim Desksharing nicht schnell genug waren. Jedenfalls stellen die Chefs sich das so vor.

Eher unglücklich geriet aber der Auftritt von Andrea Tandler mit FFP2-Maske, Sonnenbrille und Käppi vor dem Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags zur Maskenaffäre. Obwohl: Das war wahrscheinlich die erste Demonstration in Bayern, die eindeutig gegen das Vermummungsverbot verstieß und trotzdem strafrechtlich folgenlos blieb. Ungewöhnlich aber: Wer 48 Millionen für so gut wie keine Leistung einstreicht, der lässt sich das groß heraushängen und gibt damit an wie Elon Musk. Schamlos erworbener Reichtum ist doch kein Grund, sich zu schämen. Hauptsache, man bleibt seinen Prinzipien treu. Die FDP ist hier das beste Beispiel: Steuererleichterungen für Top-Verdiener, ein striktes Nein zur Unfreiheit in Gestalt eines Tempolimits - das ist nur konsequentes Beharren auf Grundsätzen, das sich auch durch Zeitenwenden nicht beirren lässt. So sieht Politik eben aus, wenn eine Partei von 51 Prozent der Wähler gewählt wird. Das war doch das Ergebnis der FDP bei der Bundestagswahl, oder? Egal. Zumindest tritt sie so auf.

An Selbstbewusstsein mangelt es auch dem bayerischen Wirtschaftsminister nicht. Der wird weithin unterschätzt, dabei folgt er nur den Ratschlägen des niederbayerischen Strategen und Gstanzlsängers Roider Jackl, der über seine Landsleute einmal sagte, ihre vornehmste Taktik sei: "Immer a bissl dümmer stellen, als man ist!" Weil man dann am Ende wieder glänzen kann. Wobei man Hubert Aiwanger gelegentlich zurufen möchte: ",A bissl', hat der Jackl gesagt. A bissl, das langt leicht!" Aber manchmal will man halt noch mehr glänzen, und dann schreibt man als Aiwanger auf Twitter irgendeinen Unfug über "arbeitsfähige Arbeitsunwillige" und das Bürgergeld, sodass man sich beim Lesen denkt: So wenig gescheit, wie der sich hier dumm stellt, kann eigentlich auch ein bayerischer Minister nicht sein.

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