Oh je, das wird was werden, wenn die Freien Wähler irgendwann doch noch in den Bundestag einziehen sollten. Die Sorge betrifft weniger die Angelegenheiten der Politik als vielmehr jene der Sprache. Hubert Aiwanger bei seiner Jungfernrede im Bundestag. Man mag sich gar nicht ausmalen, was passieren wird, wenn sich die Hauptstadtpresse anschickt, Aiwangers gerechten, aber in Berlin fremdsprachlich klingenden Originalton im Wortlaut zu zitieren.
Einen Vorgeschmack lieferte soeben die Webseite t-online, auf der eine Reportage über den Politiker Aiwanger zu lesen ist. Ein Reporter hatte den Chef der Freien Wähler zuletzt auf dessen Ausflügen zu den Festzelten, Wasserstoff-Tankstellen und Mobilfunkmasten des Bayernlandes begleitet und fleißig niedergeschrieben, was er dabei alles erlebt und gehört hat. Da Aiwanger deftige Redensarten und Kraftworte nur selten vermeidet, thematisiert die Reportage auch solche Gewohnheiten. Lobenswert ist, dass der Reporter darauf verzichtete, Aiwangers legendäre Vokal-Akzentuierung hervorzuheben. Es kommt ja kaum ein Bericht ohne Verweis auf den "Opflsoft" aus. Viele Autoren halten das immer noch für originell, obwohl - bildlich gesprochen - dieser Gaul schon längst totgeritten ist.
Edle Blätter aus dem Norden neigen gar dazu, in Aiwangers Diktion ein Indiz für die Inferiorität des Südens zu erkennen. Der in Berlin tätige Reporter von t-online hat sich diese Sichtweise freundlicherweise nicht zu eigen gemacht, aber in seinem redlichen Bemühen tappte er dann doch in jene Falle, in die fast jeder Schreiberling gerät, der die hochziselierte Intonation des Bairischen nicht von Kindheit an geübt hat.
Also zitierte der Reporter am Ende Aiwangers kurze Rede vor einer Wasserstoff-Tankstelle im wortwörtlichen Stil. Aiwanger war erpicht darauf, dass der hohe Preis des Sprits auf der Anzeigetafel nicht zu sehen war. Laut t-online soll er gesagt haben: "Do stellt sich oiner dvoa, dann sieht ma de Prois ned."
Dieser Satz, so viel Lob muss sein, ist ein rhetorisches Kunstwerk. Allerdings würde Aiwanger nicht einmal dann so sprechen, wenn er in der Früh Rasierklingen gegurgelt hätte. Der Versuch, das Idiom Aiwangers originalgetreu wiederzugeben, scheiterte leider an jener Kalamität, die der Autor Hans Kumpfmüller einmal so beschrieben hatte: "Wer a Buchstabensuppn isst, der scheißt no lang koa Gedicht."