Süddeutsche Zeitung

Affäre um Joachim Wolbergs:"Rechtschaffen bis in die Haarspitzen"

  • Gegen den Regensburger Oberbürgermeister wird wegen des Verdachts auf Vorteilsannahme im Zusammenhang mit Parteispenden ermittelt.
  • Es geht um Spenden von drei Bauunternehmern für die SPD in Höhe von insgesamt einer halben Million Euro.
  • Die SPD in ganz Bayern ist aufgeschreckt von den Nachrichten aus Regensburg - und stärkt Joachim Wolbergs den Rücken.

Noch ist völlig offen, ob sich der Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) rechtlich etwas zuschulden hat kommen lassen. Ob er einer der drei Baufirmen, die ihm eine halbe Million Euro gespendet haben sollen, wirklich einen Vorteil verschafft hat, wie es die Staatsanwaltschaft derzeit prüft. Er bitte daher um Verständnis, dass er zur Sache keine Angaben machen könne, sagt SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher. Er warne vor einer Vorverurteilung, es gebe schließlich eine Unschuldsvermutung. Eines sagt Rinderspacher aber mit großer Überzeugung: Dass er an der persönlichen Integrität Wolbergs "nicht den leisesten Zweifel" habe.

Die SPD in ganz Bayern ist aufgeschreckt von den Nachrichten aus Regensburg. Wolbergs gilt als einer ihrer wenigen Hoffnungsträger, seit er 2014 mit 70 Prozent das Rathaus erobert hatte. Rinderspacher will an seiner Solidarität daher erst gar keinen Zweifel aufkommen lassen. Nein, ein Schaden für die bayerische SPD sei bislang nicht entstanden. "Ein Joachim Wolbergs ist nicht käuflich", versichert Rinderspacher, sondern "rechtschaffen bis in die Haarspitzen". Wenn alles erst aufgeklärt sei, werde Wolbergs "seiner unglaublich wertvollen Arbeit für Regensburg weiter kraftvoll nachgehen".

Der Vorsitzende der Nürnberger SPD, Thorsten Brehm, ist über die in Rede stehenden Summen überrascht. In seiner Amtszeit, sagt Brehm, könne er sich überhaupt nur an zwei Spenden von Unternehmen an die Nürnberger SPD erinnern. Und zwar auf Unterbezirksebene, also einer Ebene über den Ortsvereinen. Für die Nürnberger SPD spenden Privatpersonen und Amtsträger der Partei, "Unternehmen nur im Ausnahmefall". Und da sei er mit Summen wie der nun in Regensburg in Rede stehenden - insgesamt eine halbe Million Euro - nicht mal im Ansatz befasst.

"Da geht es um deutlich geringere Beträge", sagt Brehm. Er könne das aus der Ferne nicht einschätzen, "vielleicht ist das ein örtliches Spezifikum in Regensburg", sollten die betreffenden Unternehmen womöglich auch an andere Parteien gespendet haben. Brehm kennt Wolbergs als "zuverlässigen und integren Mann", er empfehle ihm nun "größtmögliche Transparenz, um die Vorwürfe aus dem Weg zu räumen".

Natascha Kohnen, die Generalsekretärin der Bayern-SPD, schließt sich dem an, was Wolbergs selbst fordert: Es müsse nun um eine zügige Aufklärung gehen. Das sei sowohl im Interesse des Oberbürgermeisters als auch der Öffentlichkeit.

Dem SPD-Oberbürgermeister von Fürth, Thomas Jung, fällt kaum ein vergleichbarer Fall ein. Eine pauschale Richtschnur könne es in so einer Situation nicht geben für einen Oberbürgermeister: "Das muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er sein Amt in so einem Fall weiter wirksam ausüben kann", sagt Jung. Einen Automatismus, dass ein OB zurücktreten muss im Fall von Ermittlungen, dürfe es jedenfalls nicht geben. "Sonst könnte man jeden OB mit einer Anzeige wegschießen", sagt Jung. Er erinnere sich an einen Fall, in dem gegen einen Fürther Amtsleiter ein Jahr lang ermittelt wurde, die Vorwürfe waren massiv. Man habe sich entschieden, ihn nicht aus dem Amt zu entfernen. Am Ende folgte ein Freispruch erster Klasse.

Wie Jung sieht das auch der SPD-Landtagsabgeordnete Georg Rosenthal, ehemaliger Oberbürgermeister von Würzburg. "Nur der Regensburger OB weiß im Moment Genaueres, nur er kann für sich entscheiden, wie er in so einer Situation weiterarbeiten kann", sagt Rosenthal. Klar sei aber, dass Wolbergs weiterhin das Vertrauen seiner Partei genieße.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3034825
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 16.06.2016 /prz/wiw/infu
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.