Der Rosenheimer Querdenker-Aktivist, frühere AfD-Kreisfunktionär und Stadtratskandidat Stefan Bauer ist endgültig aus der Partei ausgeschlossen worden. Wie aus AfD-Kreisen am Mittwoch zu erfahren war, haben mittlerweile alle zuständigen Gremien der Partei den Rauswurf bestätigt. Bereits im Frühjahr hatte der AfD-Landesvorstand den Ausschluss angeleiert und Bauer dann auch schon im Eilverfahren die Mitgliedsrechte entzogen.
Zuvor hatte der vor allem auf Youtube aktive Anti-Corona-Propagandist mit einem Video an der KZ-Gedenkstätte im österreichischen Mauthausen einen Skandal ausgelöst. Darin hatte er die Covid-Impfung mit dem Einsatz des Giftgases Zyklon B verglichen sowie Parallelen zwischen Holocaust und Corona-Maßnahmen gezogen. Die Aktion hatte damals auch das Interesse des Verfassungsschutzes in Wien erregt, sie sei "an Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten", wurde Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) zitiert.
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Stefan Bauer selbst ließ eine Anfrage der SZ am Mittwoch unbeantwortet. Nach lokalen Medienberichten liebäugelt er mit dem Eintritt in eine andere Partei und fühlt sich von seiner nun ehemaligen politischen Heimat anscheinend verraten. "Ich scheide mit Groll von der AfD", sagte er dem "Oberbayerischen Volksblatt". Ein Ausschluss benötigt meist Monate oder gar Jahre, bis am Ende in der Hauptsache entschieden ist, es gibt etwa auch Optionen wie Revision. Unklar war am Mittwoch, ob die volle Rechtskraft des Ausschlusses schon gegeben ist.
Bauer könnte in den Stadtrat nachrücken
Mit Aktionen gegen die Corona-Politik war Bauer bereits im ersten Pandemiejahr aufgefallen. Er begleitete - vorgeblich als neutraler Berichterstatter - Termine von Querdenkern; dabei trat er selbst als eine Art Akteur auf. Bei einer Kundgebung in Berlin mit dem Verschwörungsideologen und Kochbuchautor Attila Hildmann versuchte er anwesende Beobachter zu Interviews zu drängen. Vertreter des Vereins Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) fühlten sich "traktiert" und "Bedrohungen, Einschüchterungen und massiven Bedrängungen ausgesetzt".
Früher war Bauer Schriftführer im Rosenheimer AfD-Kreisverband und damit Mitglied des Vorstands. Nach Angaben aus der örtlichen Führung soll er aber schon vor der Pandemie wenig bei Sitzungen anwesend gewesen sein. Bauers Engagement im Netz sei außerdem kein Teil der politischen Arbeit der AfD, "er hat dazu weder von uns einen Auftrag bekommen, noch wurde in irgendeiner Weise Unterstützung dafür geleistet", beeilte man sich 2020 rasch zu erklären: "Bedrohungen und vulgäre Beleidigungen sind grundsätzlich absolut inakzeptabel."
Der stellvertretende AfD-Landeschef Gerd Mannes sagte der SZ am Mittwoch: "Bei der Aufnahme von Mitgliedern kann keine Partei in den Kopf eines Menschen schauen." Die AfD habe "schnell und konsequent" gehandelt, man distanziere sich "von jeglichen Vergleichen und missbräuchlicher Verwendung von Begriffen oder Begebenheiten aus der Zeit des Nationalsozialismus".
Trotz des Abschieds aus der AfD ist es weiterhin nicht ausgeschlossen, dass Bauer noch in den Rosenheimer Stadtrat nachrückt. Bei der Wahl 2020 kam die AfD auf drei Sitze, Bauer erreichte das fünftbeste Ergebnis aller AfD-Kandidaten. Weil der viertplatzierte Kandidat inzwischen weggezogen ist, wäre nun Bauer der erste Nachrücker - und zwar laut Stadtverwaltung unabhängig von seiner Parteimitgliedschaft.