Eklat im Bayerischen Landtag:AfD verlässt Plenum während Holocaust-Gedenkrede

Charlotte Knobloch beim Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus im bayerischen Landtag

"Heute und hier ist eine Partei vertreten, die Verbrechen der Nationalsozialisten verharmlost": Charlotte Knobloch im Bayerischen Landtag.

(Foto: dpa)
  • Bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus im Landtag spricht die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, Charlotte Knobloch.
  • In ihrer Rede greift Knobloch die AfD scharf an, die seit Herbst 2018 im Landtag sitzt. Unter anderem wirft sie der Partei vor, Verbrechen der Nazis zu verharmlosen.
  • Daraufhin verlässt ein Großteil der AfD-Abgeordneten den Plenarsaal, unter ihnen die Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner.

Von Isabel Bernstein

Eklat im Bayerischen Landtag: Ein Großteil der AfD-Fraktion, darunter auch die Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner, hat am Mittwoch bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus das Plenum demonstrativ für zehn Minuten verlassen. Sie reagierten damit auf eine Rede der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch. Nur vier AfD-Abgeordnete blieben im Saal.

Knobloch hatte in ihrer Rede die AfD direkt attackiert und die Gesellschaft und alle demokratischen Parteien zum Schutz der Demokratie aufgerufen: "Heute und hier ist eine Partei vertreten, die diese Werte verächtlich macht, die die Verbrechen der Nationalsozialisten verharmlost und enge Verbindungen ins rechtsextreme Milieu unterhält", sagte die Schoah-Überlebende. "Diese sogenannte Alternative für Deutschland gründet ihre Politik auf Hass und Ausgrenzung und steht - nicht nur für mich - nicht auf dem Boden unserer demokratischen Verfassung." Als die AfD-Abgeordneten daraufhin aufstanden und gingen, rief sie ihnen zu: "Kehren Sie zurück zu dem Eid, den Sie auf unser Land geschworen hatten, auf eine freiheitliche Demokratie, und lassen Sie uns dem Hass entgegentreten."

Die Abgeordneten der anderen Fraktionen gaben Knobloch für ihre Rede stehend Applaus, als die AfD den Plenarsaal verließ. "Es ist unsere Verantwortung, dass sich das Unvorstellbare nicht wiederholt. 'Nie wieder' ist Fundament der Bundesrepublik", sagte Knobloch. Wie groß diese Aufgabe sei, sehe man heute mit Blick auf den Einzug der AfD in die Landtage und in den Bundestag.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte das Verhalten der AfD-Abgeordneten "respektlos": "Es entlarvt und zeigt den wahren Charakter. Echte Demokraten hätten sich anders verhalten." Auch Landtagspräsidentin Ilse Aigner hatte in ihrer Rede gemahnt, den Holocaust nicht zu relativieren oder zu leugnen. Sie kritisierte dabei auch Äußerungen des AfD-Politikers Björn Höcke aus Thüringen: "Wer heute unsere Erinnerungskultur in den Schmutz zieht, etwa indem er vom 'Denkmal der Schande' spricht, der ist blind - nicht nur gegenüber der Vergangenheit. Er ist auch blind für die Zukunft." Es sei auch weiterhin wichtig, an das Leid zu erinnern und Trauer zu zeigen. "Überlassen wir den Tätern von damals nicht den späten Triumph", so Aigner.

Der SPD-Landtagsabgeordnete Florian Ritter kommentierte den Auszug auf Twitter mit den Worten: "Dass die AfD den Saal bei der Rede der Schoah-Überlebenden Charlotte Knobloch verlassen hat, zeigt einmal mehr, welch Geistes Kind diese Partei ist." Ruth Müller (SPD) schrieb:

Katharina Schulze, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, twitterte im Anschluss an die Gedenkveranstaltung:

Nach ihrer Rede kamen die AfD-Abgeordneten wieder ins Plenum zurück. Als weitere Redner neben Knobloch waren der jüdische Holocaust-Überlebende Abba Naor geladen sowie Else Höllenreiner, deren Mann Herrmann einen Aufenthalt im Konzentrationslager Auschwitz überlebt hat. "Ich wünsche allen Kindern, dass sie niemals so einen Hunger spüren müssen, wie wir ihn erlebt haben. Und ich wünsche uns allen, dass niemand so viele Tote sehen muss, wie wir sie gesehen haben", sagte Else Höllenreiner.

Der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Karl Freller, warnte vor zunehmendem Extremismus und Fremdenfeindlichkeit. "Mit Hass kommt man nicht weiter", so Freller. "Der Hass ist das Gen für Rassismus, Vernichtungslager, Selektion, Vergasung, Vernichtung durch Arbeit, medizinische Experimente und Völkermord. Passen wir auf, dass sich dieses Gen in der Gegenwart nicht wiederfindet."

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