Die SPD im Landtag fordert Instrumente, damit staatliche Immobilien „nicht in die Hände von Verfassungsfeinden“ fallen. Der Anlass ist, dass der AfD-Landtagsabgeordnete Franz Schmid Schloss Mattsies im Unterallgäu kaufen möchte, um dort ein „patriotisches Zentrum“ einzurichten. Schmid ist auch Chef des Parteinachwuchses Junge Alternative (JA), er wird als einziger Parlamentarier vom bayerischen Verfassungsschutz als Einzelperson beobachtet; auch die JA steht stark im Fokus des Landesamtes. Hintergrund der Beobachtung ist die immer intensivere Vernetzung mit einschlägigen Rechtsextremen, etwa der sogenannten Identitären Bewegung. Mehrere Bieter, darunter eben Schmid, haben inzwischen ihre Offerten für das Schloss abgegeben, die Prüfung durch den Staatsbetrieb „Immobilien Freistaat Bayern“ (Imby) läuft. Ob der AfD-Politiker den Zuschlag erhält, dürfte in den nächsten Tagen bekannt werden.
„Weder Schloss Mattsies im Allgäu noch irgendeine andere Immobilie darf die Staatsregierung an die AfD verkaufen. CSU und Freie Wähler müssen jetzt beweisen, dass die Brandmauer gegen Rechts steht“, fordert SPD-Fraktionsvize Anna Rasehorn. Der Plan für das Zentrum für „vermeintliche Bildungsarbeit“ zeige „eine neue Dimension“ bei der Vernetzung von Rechtsextremen rund um die AfD. Die SPD hat eine schriftliche Anfrage an die Staatsregierung gestellt. Diese solle Aufschluss darüber bringen, ob in Bayern ähnliche Kaufangebote an anderen Standorten bestehen und wie man diese „abwehren“ könne. Horst Arnold, rechtspolitischer Sprecher der SPD, teilte mit, zum Schutz der Verfassung müsse das Prinzip „einschränken, wo möglich“ gelten. Dafür müsse womöglich eine feste Zusammenarbeit der Imby mit Polizei und Verfassungsschutz etabliert werden.
Die Grünen im Landtag fordern ebenfalls, dass künftig Verkäufe von Immobilien, auch durch Kommunen, strenger daraufhin geprüft werden, ob sie später gegebenenfalls als Treffs für die rechtsextreme Szene dienen könnten. Hier sei auch „die aufmerksame Öffentlichkeit“ wichtig. In bayerischen Kommunen, etwa in einem viel beachteten Fall im Landkreis Hof, gibt es immer wieder Unmut über die Präsenz von Rechtsextremisten in örtlichen Gebäuden. Es geht in derlei Fällen wohlgemerkt nicht um Wohnraum, sondern in der Regel um Heimstätten für extremistische Aktivitäten und Propaganda.
AfD-Mann Schmid, 23, hatte vergangene Woche angekündigt, für das sehr stark renovierungsbedürftige Objekt in Tussenhausen geboten zu haben. Ihm schwebe ein Haus für Bildungsarbeit vor, aber auch mit Zugang für die Öffentlichkeit. Als Vorbild für das „patriotische Zentrum“ bezeichnete er das österreichische „Castell Aurora“ bei Linz – welches Experten auch im Umfeld der Identitären Bewegung ansiedeln. Deren führender Kopf Martin Sellner ist dort gern gesehener Gast. Sein genaues Gebot wollte Schmid auf Nachfrage der SZ nicht nennen, es überschreite aber 100 000 Euro nicht. Das Geld für Kauf und Sanierung solle aus Spenden und Mieteinnahmen von dort geplanten Wohnungen kommen, sagte Schmid, bei den anfallenden Arbeiten würde es Manpower aus den Reihen der AfD geben.
Am Freitagabend war die Bieterfrist abgelaufen. Seit Wochenbeginn sichtet und prüft der Staatsbetrieb Imby die Angebote. Die üblichen Kriterien dafür: Wirtschaftlichkeit und Denkmalschutz-Konformität. Dazu arbeite die Behörde eng mit dem Landesamt für Denkmalpflege zusammen, sagte eine Sprecherin der SZ. In der Überprüfung werde geklärt, ob Interessenten die Denkmalschutz-Auflagen erfüllen können und ob es diesbezüglich Vorkommnisse in der Vergangenheit gab. Ob auch andere Behörden wie Polizei oder Verfassungsschutz – wie von der SPD gefordert – konsultiert werden, war auf Nachfrage nicht zu erfahren. Da zumindest einer der Bieter, nämlich Schmid, vom Verfassungsschutz beobachtet wird, ist dies aber nicht völlig unwahrscheinlich.
Mit dem Verweis auf die Wirtschaftlichkeit erklärte die Sprecherin, dass grundsätzlich das höchste Gebot den Zuschlag bekommt. Doch die bayerische Haushaltsordnung beinhaltet eine Klausel, die in besonderen Fällen eine Zustimmung durch den Haushaltsausschuss des Landtags vorsieht. Besondere Fälle sind demnach, wenn der Verkaufspreis zwei Millionen Euro übersteigt oder das Gebäude einen erheblichen historischen oder etwa künstlerischen Wert hat. Ersteres kann aufgrund der Baufälligkeit von Schloss Mattsies ausgeschlossen werden, Letzteres aufgrund der Veräußerung durch den Freistaat. Die Haushaltsordnung sieht jedoch einen weiteren Fall vor, in dem der Landtag befasst werden müsste – wenn der Verkauf „öffentliche Belange“ berührt.
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Ein solcher Fall könnte der geplante Aufbau eines „patriotischen Zentrums“ womöglich sein. Der stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses und schwäbische Abgeordnete Bernhard Pohl (Freie Wähler) sagte der Augsburger Allgemeinen Zeitung, dass ihm an einer Überweisung des Verkaufs an den Haushaltsausschuss gelegen sei. Er stehe dem Vorhaben der AfD „klar negativ“ gegenüber. „Wenn ich es verhindern kann, werde ich alles daran setzen, das zu tun.“
Bislang ist unklar, ob Schmid überhaupt das höchste Angebot abgegeben hat. In das Verfahren involvierte Personen zeigen sich nach Informationen der SZ überrascht von der großen Zahl der tatsächlich abgegebenen Gebote. Die Wahrscheinlichkeit sei damit hoch, hieß es, dass es höhere Angebote als das von Schmid geben könne – die AfD-Jugend also schon bei der rein wirtschaftlichen Entscheidung das Nachsehen hätte. In AfD-Kreisen ist allerdings bekannt, dass Schmid schon länger nach tauglichen Objekten für ein „patriotisches Zentrum“ sucht. Und dass er diese Suche im Falle eines negativen Votums fortsetzen dürfte.