Politik in BayernWenn Heidi Reichinnek zum AfD-Mitglied wird

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Besucher einer Wahlkampfveranstaltung der AfD im „Hippodrom“ im mittelfränkischen Greding. Dort findet am kommenden Wochenende ein Landesparteitag statt.
Besucher einer Wahlkampfveranstaltung der AfD im „Hippodrom“ im mittelfränkischen Greding. Dort findet am kommenden Wochenende ein Landesparteitag statt. (Foto: Daniel Vogl/picture alliance/dpa)

Die parteiinterne Revolte ist vorerst abgesagt. Ein Abwahlantrag gegen den AfD-Landesvorstand schaffte es aus formalen Gründen nicht ins Antragsbuch. Unter anderem, weil bei den Unterstützern Scherzbolde mit dem Namen der Linken-Politikerin oder dem des französischen Fußballers Paul Pogba unterzeichnet hatten.

Kolumne von Johann Osel

Wenn die Linke-Politikerin Heidi Reichinnek gegen den Kapitalismus wettert, dann wird ihr oft Revolutionsromantik unterstellt. Jetzt hat der Name Reichinnek womöglich eine Revolution verhindert, und zwar in der bayerischen AfD. Klingt komisch – und das ist es auch.

Was ist passiert? Der AfD droht ein Machtkampf beim anstehenden Mitgliederparteitag. Online wurden schon Hunderte Unterstützer für einen Abwahlantrag gegen einen Großteil des Landesvorstands registriert. Jetzt hat die AfD offiziell das Antragsbuch für das Treffen am Samstag in Greding veröffentlicht. Besagter Antrag ist aus formalen Gründen nicht zugelassen. „Bei der verwendeten Umfrageplattform war es möglich, beliebig oft und mit falschen Namen abzustimmen“, heißt es. „Sogar eindeutige Nicht-Mitglieder wie Heidi Reichinnek“ fänden sich auf der Liste.

Mit dem Antrag wurde die Abberufung von neun Funktionären im Vorstand gefordert, samt anschließender Neuwahl. Hintergrund ist einerseits ein Streit über den regulären Amtszeit-Turnus der Führung. Andererseits war von Unzufriedenheit über Teile des Vorstands die Rede, von Untätigkeit bei der Vorbereitung auf die wichtigen Kommunalwahlen und von unlauteren Maßnahmen gegen parteiinterne Gegner. Fast alle AfD-Bezirksverbände, darunter der größte in Oberbayern und der niederbayerische unter Führung der Landtagsfraktionschefin Katrin Ebner-Steiner, unterstützten die Unterschriftensammlung und den Antrag.

Nun aber läuft dieser im Antragsbuch unter der Kategorie „nicht formgerecht eingereicht“. Zwar könnte er doch noch auf die Tagesordnung wandern, durch Beschlüsse direkt beim Parteitag. Aber zunächst ist das Ansinnen ausgebremst. Die nötigen drei Prozent der bayerischen AfD-Mitglieder – also gut 300  – lägen nicht verlässlich schriftlich oder mit elektronischer Signatur vor, heißt es.

Es gibt auf dem Parteitag genug Potenzial für weitere Konflikte

Die bisherige Prüfung habe zudem ergeben, „dass eine dreistellige Anzahl von eingetragenen Unterzeichnern überhaupt nicht existiert“. Scherzbolde oder Saboteure haben nicht nur Heidi Reichinnek eingetragen, sondern etwa auch den französischen Fußballer Paul Pogba. „Bei weiteren Unterzeichnern stimmen Namen und Mitgliedsnummern nicht überein.“ Die rechtliche Bewertung des Ganzen sei von der AfD-Bundesgeschäftsstelle bestätigt worden.

Sollte die Revolte in Greding ausfallen, gibt es aber genug Stoff für weitere Konflikte. Schon länger herrscht in Ebner-Steiners Niederbayern-AfD Unmut darüber, dass Landtagsabgeordnete und von ihnen angestellte Personen zusammen im Bezirksvorstand sitzen sollen. Diese Verquickung von politischen und wirtschaftlichen Interessen verbietet die bayerische AfD-Satzung.

Der Passauer Abgeordnete Ralf Stadler reichte für Greding eine Resolution ein, für ein „Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit und Ordnung in der AfD“. Die Satzungsbrüche müssten „konsequent ermittelt, verfolgt und geahndet“ werden. Es liegt aber auch ein anderer Antrag vor, die Satzung zu ändern und damit derlei Verhältnisse innerhalb von AfD-Führungsgremien zu legitimieren.

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