AfD Bayern:Plötzlich rechts? Einfach nur lächerlich

AfD-Fraktion im bayerischen Landtag

AfD-Fähnchen liegen auf einem Tisch bereit, doch die Mitglieder schwinden.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Die AfD fällt im Landtag nur mit internen Streitereien auf, Politik macht sie allenfalls mit Ressentiments. Der neuerliche Austritt zweier Mitglieder erzeugt kaum noch Aufregung. Aber erneut schadet die Fraktion der Würde des Hohen Hauses.

Kommentar von Johann Osel

Eine Meldung mit Paukenschlag-Potenzial: "AfD-Fraktionschef verlässt Partei". Das war im Frühjahr 2019, als der damalige Vorsitzende Markus Plenk sich in einer Horde Rechtsradikaler wähnte und die Flucht ergriff. Heute verlässt Christian Klingen die AfD, er spricht von "gewissen Tendenzen", die er nicht mehr mittrage. Die genauen Hintergründe bleiben unklar. Und doch ist bei der Meldung jetzt alles anders als bei Plenk. Der Paukenschlag ist nicht mehr so laut, wenn man zwei Maßstäbe anlegt: Gewöhnung und Glaubwürdigkeit.

Zunächst zum Effekt, der einen beinahe abstumpfen lässt. Klingen und der jetzt ebenfalls ausgetretene Markus Bayerbach sind schon Nummer fünf und sechs, die Reißaus nehmen. Die Katzentisch-Truppe der Fraktionslosen, zu der all die Aussteiger sowie der wegen seiner Maskendeals geschasste CSU-Mann Alfred Sauter gehören, wächst im Plenarsaal stetig auf.

Die AfD, ihre Richtungskämpfe, Klausurtreffen, bei denen man sich nicht mal auf eine Tagesordnung einigt, der Hass untereinander, der den gegen den politischen Gegner noch übertrifft, ständige Animositäten und Neurosen - all das wirkt wie ein Bühnenstück, das fortgeschrieben wird, mal als Bauernschwank, mal als Drama. Das alles zum Schaden des Hohen Hauses, der Würde des Parlaments. Business as usual.

Mehr noch die Glaubwürdigkeit. Bei Plenk konnte es sein, dass da einer naiv war und dann erkannte, wo er hineingeraten ist. Inzwischen urteilt der Verfassungsschutz klar über die AfD. Dem Landtag beschert sie Eklats, etwa als viele bei einer Rede der Holocaust-Überlebenden Charlotte Knobloch demonstrativ den Saal verließen.

Anträge und Anfragen der AfD strotzen vor Ressentiments, egal ob es um Regenbogenfahnen an Rathäusern oder Wlan in Flüchtlingsheimen geht, es regieren Kleingeistigkeit und Vorurteil. In Chatgruppen wird Umsturz herbeifantasiert, beim politischen Aschermittwoch auf offener Bühne gegen die "roten Ratten" gebrüllt.

Es mag Gemäßigte in der AfD geben, als konservatives Gegengewicht ein Stückerl rechts neben der CSU geht sie längst nicht mehr durch. Generell ist jede ehrliche Einsicht samt Konsequenz löblich. Wer aber 2022 urplötzlich "gewisse Tendenzen" in der AfD erkennt, macht sich nur lächerlich.

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