Bildungsausschuss:Dieser AfD-Abgeordnete hat den Vorsitz über Bayerns Schulpolitik

Bildungsausschuss: Markus Bayerbach (AfD), selbst Lehrer, wurde nur mit knapper Mehrheit in sein neues Amt gewählt.

Markus Bayerbach (AfD), selbst Lehrer, wurde nur mit knapper Mehrheit in sein neues Amt gewählt.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Markus Bayerbach, neuer Vorsitzender des Bildungsausschusses im Landtag, ist bislang nicht durch radikale Äußerungen aufgefallen. Dennoch wird er argwöhnisch beäugt. Wofür steht dieser Mann?

Von Anna Günther und Johann Osel

Manchmal wirkt es, als müsse sich Markus Bayerbach vergewissern, dass er in seiner Partei richtig aufgehoben ist. Seit Ende November ist der 55-Jährige Vorsitzender im Bildungsausschuss des Landtags. Der Förderlehrer definiert sich als "liberal", und spricht man mit ihm über Schulpolitik, bietet er eine sprachlich gedimmte Version des AfD-Wahlprogramms.

Die Positionen sind dieselben, doch Bayerbach erläutert sie ohne Schaum vorm Mund. Dass man bei den "linksgrün-versifften" Lehrern "ausmisten" müsse - zu derlei Volten, in der AfD üblich, würde er sich nicht hinreißen lassen. Doch immer wieder gibt es Exkurse, mit denen er sich scheinbar verorten will. Dann geht es plötzlich um das Wort "Neger" oder das "Zigeunerschnitzel", das man nicht mehr so nennen dürfe.

Bayerbach war außerhalb Augsburgs, wo er seit 2014 im Stadtrat sitzt, wenig bekannt. Aber kaum war klar, dass die AfD im Landtag den Bildungsausschuss beansprucht, kam Empörung auf in der Bildungsszene. Knapp fiel die Wahl aus: Acht Kollegen stimmten für ihn, sieben lehnten ihn ab, drei enthielten sich. Die Wahl "war eine Selbstverständlichkeit", teilte dagegen AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner mit. "Der Respekt gegenüber unseren Wählern" gebiete es, dass die AfD "ihre Arbeitsfähigkeit im Parlament vollumfänglich ausüben kann".

Der Umgang mit den Neuen ist tatsächlich ein Zwiespalt für viele Abgeordnete. Die AfD ist demokratisch gewählt, einerseits. Andererseits haben etliche Vertreter im Wahlkampf gezeigt, was sie für das Hohe Haus empfinden, für das sie kandidierten: Verachtung. Bei der Wahl zum Landtagspräsidium fielen Uli Henkel und Raimund Swoboda durch. Henkel gehört zu jenen drei Abgeordneten, die vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet werden, Swoboda geißelte Politiker anderer Parteien pauschal als "Schurken". Bayerbach indes dürfte für das Amt auch deswegen eine Mehrheit gefunden haben, weil keine Belege über Entgleisungen vorlagen. Im Wahlkampf, als schwäbischer Listenführer der AfD, ist er nicht als Polterer aufgefallen. Wofür also steht dieser Mann, unter dessen Leitung künftig im Landtag Schulpolitik gemacht wird?

"Ich werde mich bemühen, die anderen sieben auch noch zu überzeugen", sagte er im Ausschuss an die Adresse derer, die ihm die Zustimmung verweigerten. Zuvor hatte er betont, dass er ja "nicht durch böse Dinge aufgefallen" sei. Vielleicht ahnten einige Kollegen auch, wer im Falle des Scheiterns nominiert worden wäre: Anne Cyron. Sie wähnt - in den Schulen beginnend - eine Verschwörung hin zum "geschlechtslosen Menschen", und diese wolle "die traditionelle Familie um jeden Preis zerstören". "Unmännlichkeit" werde zum Ideal erhoben und durch die Homo-Ehe begebe man sich "auf die Stufe des Animal". Bei Bayerbach klingt das so: Wenn ein Kind mit zwei Mamas in der Klasse sitze oder wenn eine Diskriminierung stattfinde, könne ein Lehrer mit Schülern darüber sprechen. Alle Kinder per Lehrplan etwa über Regenbogenfamilien zu informieren - das brauche man nicht, "das geht mir zu weit".

Vor allem bei Lehrerverbänden hatte die Personalie Proteste ausgelöst: Eine Partei, die Lehrer mit "Denunziationsportalen" bespitzeln lasse, sei klar abzulehnen, hieß es. Hintergrund ist der Aufruf, dass Schüler Pädagogen melden sollen, die im Unterricht angeblich Stimmung gegen die AfD machen. Allein Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, blieb diplomatisch. Bayerbach ist BLLV-Mitglied und zieht seine Mitgliedschaft gerne als Beweis dafür heran, dass Ängste ob seiner Person unberechtigt seien. Fleischmann wiederum verweist auf das "Grundrecht, sich in einem Berufsverband zu engagieren". Sollte sich allerdings jemand menschenverachtend äußern, so könne der Verband ihn ausschließen.

Dass er inhaltlich in fast allen Punkten weit vom BLLV entfernt ist, wiegelt Bayerbach ab. Er sei ein "kommunikativer Mensch, mit mir kann man reden", sagt der zweifache Vater im Gespräch mit der SZ. Er kümmerte sich früher als Lehrer an Grund- und Mittelschulen um Schüler, die besondere Unterstützung brauchten - aus Überzeugung habe er sich für diesen Beruf entschieden, schon seine Mutter sei Förderlehrerin gewesen. Die Kritik der Verbände habe er "nicht persönlich genommen, viele haben sich gar nicht mit mir und uns beschäftigt. Es ist einfach, gegen uns zu sein".

Was Bayerbach zur AfD gebracht hat

Die anderen Parteien im Ausschuss beeilten sich freilich mit ihrer Abgrenzung. Die CSU stellte klar, welche Macht ein Ausschusschef habe: keine. Dabei gibt es sogar inhaltliche Überschneidungen: Bayerbach will Unterrichtsausfall verringern, ist für das Leistungsprinzip, will an Gymnasien "niveaumäßig die Zügel anziehen"; er ist für Dialekt, möchte die Förderlehrerausbildung ausbauen. Unterschiede aber überwiegen: Islamunterricht, wie ihn die Regierung in einem Pilotversuch aufgelegt hat, sehe er "extrem kritisch", sagt er und argumentiert mit Unterricht auf Türkisch sowie von Islamverband Ditib und der Regierung in Ankara gesteuerten Lehrern. Dass bereits seit vielen Jahren staatlich ausgebildete Lehrer auf Deutsch mit staatlichem Lehrplan diesen Unterricht halten, scheint an ihm vorbeigegangen zu sein.

Im AfD-Programm steht: Islamunterricht soll ebenso abgeschafft werden wie "ideologisch motivierte Inklusion" und "Indoktrinierung durch Theaterbesuche". So drastisch formuliert Bayerbach das nicht. Es gebe eben Lehrer, die wollten eine "eigene Agenda" durchziehen. Und Inklusion sei "ein schöner Traum, aber nicht darstellbar". Wenn ein Lehrer mit einem Inklusionskind überfordert ist und den Schülern nicht gerecht wird, sei Inklusion "unmenschlich". In den Förderschulen könnten Kinder mit besonderen Bedürfnissen dagegen gezielt unterstützt werden.

AfD-Mitgründer Bernd Lucke und dessen "bürgerlich-konservative Haltung" hätten ihn damals in die Partei gebracht, sagt Bayerbach - "Dinge, die man sagen müssen darf". Die "Nazi-Keule" nerve ihn, das sei "100 000 Kilometer weit weg von der AfD". Er weiß aber offenbar um die Radikalität in Teilen der Partei, einen Auftritt des thüringischen AfD-Chefs Björn Höcke in Augsburg hat er nach eigener Aussage mal abgelehnt. Einen Rechtsrutsch will er jedoch nicht erkennen. Es gebe "eine Form von demokratischem Kampf, den jede Partei ausficht".

Die erste Sitzung als Ausschusschef lief indes unspektakulär. Bayerbach rief Redner auf, eröffnete und schloss die Sitzung. Unaufgeregt. Bis er sich selbst das Wort erteilte. Er lobte beim Thema G 8/G 9 die "Überholspur", es sei "Sinn der Übung, dass man selektieren kann, wer schneller und wer langsamer lernt". Selektieren? Gerhard Waschler (CSU) echauffierte sich. Hat Bayerbach provoziert? In seiner Miene war da nichts zu lesen. Womöglich war es eher Unbeholfenheit.

"Er weiß, dass er unter Beobachtung steht", sagt Eva Gottstein (Freie Wähler), Bayerbachs Stellvertreterin im Ausschuss und selbst Lehrerin. Ihre Aufgabe sei es, "darüber zu wachen, dass alles seine Ordnung hat". Die Sitzung sei korrekt gelaufen, er trete "bescheiden" auf. Von Positionen der AfD distanziert sich Gottstein, die allgemeine Aufregung könne sie aber nur in Teilen verstehen: "Der Ausschussvorsitz ist kein Minister und kein Staatssekretär, das hat eher formale Bedeutung."

Zur SZ-Startseite
henkel steiner cyron

Landtagswahl in Bayern
:Das sind die neuen AfD-Abgeordneten

Aus dem Stand schaffte die Partei bei der Landtagswahl mehr als zehn Prozent. Nun schickt sie 22 Politik-Novizen ins Maximilianeum. Ein Überblick.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: