Bayerischer Landtag:AfD-Abgeordnete verlieren wegen Internet-Aufnahmen Immunität

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Die Immunität des früheren AfD-Fraktionschefs in Bayern, Ingo Hahn, wurde aufgehoben. Einer weiteren Landtagskollegin wurde der juristische Schutz ebenfalls entzogen. (Foto: Stephan Rumpf)

Erneut hebt der Landtag die Immunität von AfD-Politikern auf. Es geht um Fraktionsvize Ingo Hahn und seine Kollegin Ramona Storm. Was bislang bekannt ist.

Von Johann Osel

Der Bayerische Landtag hat die Immunität von zwei Abgeordneten der AfD-Fraktion aufgehoben. Wie zunächst die Deutsche Presse-Agentur berichtete, handelt es sich dabei um den ehemaligen Fraktionsvorsitzenden Ingo Hahn aus Oberbayern und die erst im vergangenen Jahr ins Parlament eingezogene Ramona Storm aus Unterfranken. Dies bestätigten Landtagskreise der SZ. Eine behördliche Bestätigung gab es hierfür nicht.

Bei der für Immunitätsfragen erforderlichen Abstimmung am Mittwoch im Plenum des Landtags wurden die konkreten Namen nicht genannt – das ist das übliche Prozedere. Der Abstimmung war eine entsprechende Empfehlung des Rechtsausschusses vor zwei Wochen vorausgegangen. Mit der Maßnahme wird im Regelfall Ermittlungen von Staatsanwaltschaften der Weg geebnet.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung stehen in beiden Fällen im Netz veröffentlichte Videos im Zentrum der Ermittlungen – indes in zwei unterschiedlich gelagerten Angelegenheiten: ein Verstoß gegen das Urheberrechtsgesetz im einen, das Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen im anderen Fall. Über die Hintergründe zur Immunitätsaufhebung war am Mittwoch im Maximilianeum sowie am Donnerstagvormittag nichts bekannt geworden.

Bereits Ende 2022 hatten die Münchner Polizei und Staatsanwaltschaft Büros der AfD im Landtag durchsucht, speziell nach Unterlagen und Speichermedien. Hintergrund war ein Strafantrag des Landtagsamts gegen unbekannt wegen eines verfälschten Videos zu einer Plenardebatte, das die AfD-Fraktion veröffentlicht hatte. In dem Video sollen Aussagen aus dem Kontext gerissen und neu verwendet worden sein. Dabei soll es um ein Video zum Thema Impfung gehen, das die AfD schon 2021 online gestellt hatte. Darin war der damalige AfD-Fraktionschef Hahn zu sehen, zudem eine Abgeordnete der Freien Wähler – die aber gar nicht mit ihm im Dialog zum Impfen stand, wie in dem Video offenbar fälschlicherweise dargestellt.

Den Nutzungsbedingungen des Landtags zufolge sind jegliche Manipulationen an Bildern und Tönen aus dem Plenum unzulässig. Die Münchner Staatsanwaltschaft bestätigte am Donnerstag auf SZ-Anfrage, dass bei der Aufhebung von Hahns Immunität ein Zusammenhang zu der Razzia von damals besteht. Weitere Angaben gab es nicht. Die AfD-Fraktion selbst sprach damals von einer „Einschüchterung unliebsamer Kritiker“, bis heute wird die mutmaßliche Urheberrechtsverletzung intern als politisch vorgeschobene Lappalie bezeichnet.

In einer Aufnahme soll ein Hitlergruß gezeigt worden sein

Im Fall von Ramona Storm geht es nach SZ-Informationen um ein Video oder Foto, das diese offenbar ins Netz gestellt hatte und das eine dritte Person bei einer verbotenen Geste zeigt; dem Vernehmen nach ein Hitlergruß, der aber nicht von einem AfD-Vertreter getätigt worden sein soll. Die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg bestätigte auf Nachfrage den Anfangsverdacht gegen Storm, ohne auf Details einzugehen. Ingo Hahn und Ramona Storm ließen Anfragen der SZ am Donnerstag unbeantwortet.

Abgeordnete genießen einen besonderen Schutz vor Ermittlungen der Justiz. Sofern Staatsanwaltschaften aber ausreichend Hinweise vorliegen, die Ermittlungen rechtfertigen, kann ein Antrag auf Aufhebung der Immunität beim Landtag gestellt werden. Im Plenum am Mittwoch stimmten die Regierungsfraktionen CSU und FW sowie SPD und Grüne für die Aufhebungen, die AfD dagegen. Details oder gar eine Aussprache gibt es in solchen Fällen nicht, das vorherige Votum des Rechtsausschusses liegt vor. Dort haben die Abgeordneten meist genauere Kenntnis der Sachverhalte, sind allerdings zu Stillschweigen verpflichtet. Hahn und Storm sind nicht die einzigen AfD-Abgeordneten, deren Immunität nun aufgehoben ist, zuletzt war dies bei Daniel Halemba aufgrund von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen der Fall.

Hahn ist seit dem ersten Einzug der AfD 2018 Mitglied des Landtags, von 2019 bis 2021 war er auch einer der Fraktionschefs an der Seite von Katrin Ebner-Steiner, die heute die Parlamentarier allein anführt. Heute ist er Fraktionsvize. In der AfD ist Hahn seit 2014 Mitglied. Der promovierte Landschaftsökologe ist Professor an der Hochschule für angewandte Wissenschaften München. Storm ist erst seit 2023 Parlamentarierin. Die Krankenschwester aus Unterfranken erregte schon vor der Wahl mit skurrilen Aussagen zur Erde als Scheibe Aufsehen: Im Main-Echo erklärte sie, sie könne nicht abschließend beurteilen, ob die Erde flach sei. In der Fraktion ist sie laut AfD „Sprecherin für die Aufarbeitung des Corona-Diktats“.

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