Als bei Roxana Seibert (Namen aller Betroffenen geändert) am Nachmittag zu Hause das Telefon klingelte, hatte sie noch die Hoffnung, es könnte ihr Mann Herbert sein. Sie dachte, er würde ihr kurz mitteilen, dass bei der OP - mittlerweile ein Routineeingriff - alles gut gelaufen ist. Der Anruf kam tatsächlich aus dem Krankenhaus, aber die Botschaft war eine ganz andere: Sie solle sofort kommen, es sei "etwas Schlimmes" passiert.
Offenbar war bei der Bluttransfusion, nötig geworden durch Komplikationen während der Gallen-OP, ein folgenschwerer Fehler passiert. Der diensthabende Anästhesist hatte die Blutgruppe verwechselt. Die Folgen: Herz- und Atemstillstand, Reanimation, Koma. "Schlamperei - ich habe es überlebt!!!!!", schrieb Herbert Seibert kürzlich an Hermann Imhof (CSU), den Patienten- und Pflegebeauftragten der Bayerischen Staatsregierung.
Härtefallfonds für Patienten gefordert
Imhof treiben solche Schicksale um. Am Dienstag hat er gemeinsam mit elf Parteifreunden - darunter Bernhard Seidenath, Thomas Goppel und Kerstin Schreyer-Stäblein - im Landtag einen Antrag eingebracht. Darin fordern sie einen Entschädigungs- und Härtefallfonds für Patienten. Nach geltender Rechtslage können Patienten, die Opfer von Behandlungsfehlern wurden, zwar im Rahmen der Arzthaftung auf eine Entschädigung hoffen. Doch ein Blick auf bundesdeutsche Zahlen belegt, dass ihnen dabei oftmals ein beschwerlicher, wenn nicht gar unüberwindbarer Weg bevorsteht. Im Jahre 2013, so zitiert Imhof aus Medienberichten, hätten die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung in 14 600 Fällen als Gutachter geprüft, ob ärztliche oder pflegerische Fehler nachweisbar sind. "Und nur in rund 2400 Fällen wurde dabei festgestellt, dass ein konkreter Behandlungsfehler vorlag und der Patient eindeutig dadurch einen Schaden davontrug", sagt Imhof.
Die Zahlen, die der Patientenbeauftragte und seine Mitstreiter sodann zitieren, machen klar, um was es ihnen geht: In weiteren 1300 Fällen habe zwar nachgewiesen werden können, dass Behandlungsfehler vorliegen - nicht aber, dass diese die nun beklagten Beschwerden verursacht haben. "Es muss aber auch jenen Patienten geholfen werden, deren Beschwerden überwiegend wahrscheinlich durch die Behandlung verursacht wurden", sagt Imhof - mit Beträgen von 10 000 bis maximal 200 000 Euro im Einzelfall. "Wir haben eine Gerechtigkeitslücke zu schließen", sagt Imhof. Dazu aber müsse nun die Staatsregierung den Entschädigungsfonds in Berlin auf den Tisch bringen.