Von Stefan Mayr
Parallel zum politischen Nachspiel der Labor-Affäre schreitet auch deren juristische Aufarbeitung voran. Dabei hat der Freistaat Bayern eine bemerkenswerte Stellungnahme über den klagenden LKA-Beamten Robert Mahler abgegeben: "Der Kläger steht sich offensichtlich selbst im Weg", schreibt Rechtsanwalt Gero Himmelsbach im Auftrag des Freistaats. Und weiter: "Der Kläger ist nicht in der Lage, Dinge ,abzuschließen', da er offensichtlich übersteigertes ,Unrechtsbewusstsein' hat." Dies manifestiere sich "im dienstlichen wie im außerdienstlichen Verhalten", so Himmelsbach. Als Beleg führt er Mahlers "Mitwirkung bei einer Buchveröffentlichung" an, in der sein Fall dargestellt werde.
Diese Anmerkungen finden sich in einer Stellungnahme der Münchner Anwaltskanzlei Romatka & Collegen, die in diesem Fall den Freistaat vertritt, an das Landgericht München I. Der Freistaat wirft also einem Polizisten, der einen möglichen Skandal aufdecken will, indem er an die Öffentlichkeit geht, "übersteigertes Unrechtsbewusstsein" vor? Ob diese Argumentation die Vorwürfe des Kriminalhauptkommissars entkräften kann, muss nun das Landgericht München I entscheiden. Robert Mahler jedenfalls kann die Argumentation der Gegenseite nicht nachvollziehen: "Ich bin entsetzt, wie die Verantwortlichen ihre Verachtung vor dem Recht und der Moral offen zur Schau stellen."
"Übersteigertes Unrechtsbewusstsein"
Mahler wirft den Behörden vor, ihn "exzessiv und unvertretbar" mit strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und auch einem Disziplinarverfahren überzogen zu haben. Die Staatsanwaltschaft München I hatte gegen Mahler wegen des Verdachts auf Verfolgung Unschuldiger und Verleitens zum Verrat ermittelt. Die Verfahren zogen sich mehr als zwei Jahre hin, dann wurden sie eingestellt. Weil im Laufe dieser Zeit Mahlers Beförderung verzögert und seine Gesundheit beeinträchtigt wurde, fordert er per Amtshaftungsklage Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 18 000 Euro. Die Kanzlei & Collegen hat ihrerseits die Abweisung der Klage beantragt. Robert Mahler hat nun vier Wochen Zeit, um auf diesen Antrag zu antworten.
Mahlers LKA-Kollege Stephan Sattler, gegen den ebenfalls zwei Jahre lang ermittelt wurde, hat Anzeige wegen des Verrats persönlicher Geheimnisse erstattet. Der Süddeutschen Zeitung liegt ein Brief des Polizeipräsidiums vor, in dem dieses bestätigt, dass die Staatsanwaltschaft München I ein Computer-Laufwerk und E-Mail-Accounts des Polizisten ohne Durchsuchungs- oder Beschlagnahmebeschluss ausgelesen hat. Die Frage, ob dieses Vorgehen mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Online-Durchsuchungen vereinbar ist, ließ die Staatsanwaltschaft auf SZ-Anfrage am Donnerstag unbeantwortet.