Ärzte-Betrugsverfahren:Mit welchen Schwierigkeiten hatte die "Soko Labor" zu kämpfen?

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Im November 2006 wurde am Landeskriminalamt die Sonderkommission Labor eingerichtet. 18 Ermittler sollten Licht in all die verdächtigen Abrechnungsarten bringen. Sie fanden offenbar Belege, dennoch wurde die Soko 2007 auf fünf Mitarbeiter reduziert. In einer Dienstbesprechung im Oktober 2007 war zweimal die Rede von einem Verbot durch die Generalstaatsanwaltschaft, weitere Durchsuchungsbeschlüsse zu erwirken. Bereits vorhandene Durchsuchungsbeschlüsse wurden nicht ausgeführt. Und dann wurde das Verfahren im Jahr 2008 fast komplett von einem engagierten Münchner Staatsanwalt abgezogen und an die Staatsanwaltschaft Augsburg übergeben, die sich in die komplexe Materie einarbeiten musste.

Wer wusste was?

Regierungschef Horst Seehofer wusste spätestens seit 2010 von den Vorgängen. Damals hatte einer der Ermittler über seinen Anwalt, den Linken-Politiker Gregor Gysi, Kontakt zum Ministerpräsidenten aufgenommen. Seehofer sagte, er habe den Brief ernst genommen und um Prüfung durch das Innen- und das Justizressort gebeten. "Ich habe draufgeschrieben: wichtig." Geantwortet habe dann in seinem Auftrag das Justizressort unter Beate Merk. Wenn Fachleute zu dem Ergebnis kämen, das sei "in Ordnung", dann könne er keine eigenen Ermittlungen anstellen. Jetzt wird ganz fieberhaft innerhalb der Staatsregierung recherchiert, ob an den Vorwürfen nicht doch etwas dran ist.

Für wen könnte es eng werden?

Justizminister Winfried Bausback steht bei den Abgeordneten im Wort, "lückenlos" aufzuklären. Das wird nicht einfach für den Regierungsneuling. Er führt erst seit Oktober das Justizressort. Die eigentliche Verantwortung trägt seine Vorgängerin, Beate Merk. Sie verweigert bislang jede Auskunft mit dem Hinweis, sie sei nicht zuständig. Ihr Haus war in die zentralen Verfahrensschritte eingebunden. "Die zuständige Fachabteilung hier im Haus hat die Einstellung der Verfahren durch die Staatsanwaltschaft Augsburg für rechtlich vertretbar erachtet", teilte das Ministerium unlängst mit. Bei der Sitzung des Rechtsausschusses am Donnerstag wird auch Reinhard Nemetz da sein, der Leiter der Augsburger Staatsanwaltschaft. Nemetz ist auf dem Sprung, er ist als Präsident des Amtsgerichts München im Gespräch. Auch er wird viel zu erklären haben. Das betrifft auch die Ermittler, die Jagd auf die Kriminalbeamten gemacht haben. Im Ermittlungsverfahren gegen einen LKA-Mann wegen falscher uneidlicher Aussage war bereits 2010 klar, dass kein Zeuge den Vorwurf bestätigt. Dennoch wurde das Verfahren erst 2012 eingestellt.

Wer ist Bernd Schottdorf?

Er ist Multimillionär mit besten Kontakten in die Politik. Sein medizinisches Großlabor war nach eigenen Angaben das wohl größte und modernste seiner Art in Europa, es residiert in einer ehemaligen Schuhfabrik in Augsburg. Allerdings hat sich der 74-Jährige aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Als Geschäftsführerin firmiert seine Ehefrau Gabriele. Derzeit ist vor dem Landgericht Augsburg ein Prozess wegen gewerbsmäßigen Betrugs gegen ihn und seine Frau anhängig. Er bestreitet die Vorwürfe, doch das Verfahren gegen ihn steht bereits in der Kritik, bevor es angefangen hat: Es dauerte zwei Jahre, bis die Anklage zugelassen wurde. Und es soll nach Angaben des Gerichts ein weiteres Jahr dauern, bis der Prozess startet. Begründung: Überlastung der Kammer.

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