Abschied von Wildbad Kreuth:Raus aus dem Weihwasserkessel der CSU

Dass die CSU nun Wildbad Kreuth als Tagungsort aufgibt, ist eine Zeitenwende. Doch auch wenn der Auszug finanziell nötig ist - eine Dummheit ist er trotzdem.

Kommentar von Sebastian Beck

Was waren das für herrliche Zeiten. Immer, wenn der Rest Deutschlands durch den Regen stapfte, sendete die CSU Propagandabilder von Kreuth in die Welt hinaus. Blauer Himmel, Eiszapfen - und mittendrin der jeweilige Parteichef mit stets derselben Botschaft: Mag es woanders drunter und drüber gehen, die CSU und Bayern bilden ein immerwährendes Hochdruckgebiet.

Doch nun hat die Hanns-Seidel-Stiftung geradezu Unerhörtes beschlossen: Sie beendet den Mietvertrag und zieht nächstes Jahr aus Kreuth aus. Das ist insofern eine Zeitenwende, weil die Bilder aus dem verschneiten Tal seit 40 Jahren zum festen Inventar der bundesdeutschen Politik gehören. Hier gab es ein paar echte Revolutionen und noch mehr Scheinaufstände. Die CSU-Landesgruppe kündigte 1976 in Kreuth unter Franz Josef Strauß der CDU für ein paar Wochen die Fraktionsgemeinschaft auf. Hier war es auch, wo sich 2007 das Unglücksduo Erwin Huber und Günther Beckstein gegen Parteichef Edmund Stoiber verschwor.

Kreuth ist mit der CSU-Geschichte so untrennbar verbunden wie der Weihwasserkessel mit der Kirche. Im Heiligenbuch der CSU steht der Name Kreuth gleich neben dem von Strauß. Der Auszug mag finanziell geboten sein, eine Dummheit ist er allemal. Parteichef Seehofer in einer Hoteleinfahrt in Mittelfranken, das will niemand sehen. Die CSU sollte noch einmal nachdenken - und bleiben.

© SZ vom 14.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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