Abschiebehaft:Anzeige gegen Vollzugsbeamte

Anwälte beklagen, dass Kontakt zu Flüchtlingen bewusst erschwert wird

Unter den Anwälten, die im Freistaat Asylbewerber vertreten, wächst der Unmut über die bayerische Justiz. Verstärkt werde seit einiger Zeit die Kontaktaufnahme zu den Flüchtlingen erschwert, wo es nur geht. Der Erlanger Rechtsanwalt Rainer Frisch hat nun gegen Vollzugsbeamte der Abschiebehaftanstalt Eichstätt nicht nur eine Dienstaufsichtsbeschwerde, sondern gleich auch Strafanzeige gestellt - wegen Freiheitsberaubung. Frisch war eigens aus Erlangen nach Eichstätt gefahren, um einen Mandanten abzuholen. Der Haftbeschluss gegen den Afghanen war nicht rechtens: Das Abschiebungsdatum fehlte.

Nun aber geschah etwas, was Frisch bislang nicht für möglich gehalten hatte. Statt den Mann unverzüglich freizulassen, wurde er circa weitere zwei Stunden festgehalten. Der Grund erschloss sich Frisch erst später: Diesen Zeitraum nutzte womöglich die Regierung von Oberfranken, um einen neuen Haftbeschluss nachzureichen - mit Abschiebungsdatum. Kaum aus dem Gefängnis heraus, wurde der Asylbewerber vor den Augen des Anwalts erneut festgenommen. "Mittlerweile muss man in Bayern befürchten, dass der Rechtsstaat ausgehebelt wird", sagt Frisch. Er wisse nicht, "was das noch mit Gewaltenteilung zu tun hat, wenn die Justiz in dieser Weise mit der Verwaltung der Regierung von Oberfranken zusammenarbeitet". Mit zwei Sätzen hat das Justizministerium die Dienstaufsichtsbeschwerde zurückgewiesen - "kein Anlass" zu Konsequenzen, heißt es da.

Indes geht auch der Bayerische Flüchtlingsrat davon aus, dass Bayerns Justiz mithelfe, "Zeit zu schinden". Wohl auch, "um zu erreichen, dass ein Flüchtling keine anwaltschaftliche Vertretung mehr bekommt, der die Abschiebung verhindern könnte", sagt Sprecher Stephan Dünnwald. Seit vergangenem Herbst würden Faxe von Anwälten in Eichstätt nicht mehr weitergeleitet. Auf eine Landtagsanfrage der Grünen erklärte das Justizministerium, eine erschwerte Kontaktaufnahme in und aus den Abschiebeanstalten liege "nicht vor". Die Gefangenen dürften telefonieren, auch unbeschränkt Briefe empfangen und absenden. Nur, so betont der Flüchtlingsrat: "Wenn die Post ankommt, ist es für Abschiebehäftlinge oft zu spät."

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