Süddeutsche Zeitung

Abhöraffäre vor Rechtsausschuss:"Ein höchst ungutes Gefühl"

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Von Wolfgang Wittl, München

Manfred Nötzel sieht aus wie aus dem Ei gepellt: Er trägt einen dunkelblauen Anzug, rote Krawatte, ein schickes Einstecktuch. Inhaltlich gibt der leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft München I ein weniger gutes Bild ab. Das sehen jedenfalls einige Abgeordnete so. Wieder und wieder bohren sie im Rechtsausschuss des Landtags nach, weil ihnen Nötzels Antworten nicht ausreichen. Am Ende wird der Ausschussvorsitzende Franz Schindler (SPD) sagen, dass "ein höchst ungutes Gefühl" zurückbleibe.

Der Fall, der manches Gemüt bewegt, ist skurril: Zwei hohe Beamte des Landeskriminalamts sollen einer Zeitschrift für 30 000 Euro Bestechungsgeld geheime Ermittlungsakten zur Hypo Alpe Adria versprochen haben - jener Bank, deren Übernahme durch die BayernLB den Freistaat bis heute mit Milliardenbeträgen beschäftigt. Mittelsmann solle der bestens vernetzte BR-Polizeiexperte Oliver Bendixen sein. So wurde es der Münchner Staatsanwaltschaft von einem Informanten zugetragen. Der allerdings hatte die Informationen selbst nur vom Hörensagen. Zwei Jahre lang standen die LKA-Leute und Bendixen im Fokus der Ermittler. Telefonüberwachungen und Observierungen wurden angeordnet, vor allem gegen die Beamten. Sogar das Telefon einer Münchnerin wurde angezapft, bis sich herausstellte, dass es sich um einen Irrtum handelte. Sie weiß bis jetzt nicht, dass ihre Gespräche mitgehört wurden. Nachgewiesen werden konnte keinem der Beteiligten etwas, die Verfahren wurden mittlerweile eingestellt.

Im Ausschuss herrschen Zweifel an der Seriosität des Informanten

Fragen bleiben bis heute: Das Bundeskriminalamt etwa verweigerte das Ersuchen der Staatsanwaltschaft, die Überwachung des Journalisten Bendixen zu vollziehen. Man werde mit dem Informanten nicht zusammenarbeiten, hieß es. Wusste das BKA mehr über dessen Zuverlässigkeit? Im Ausschuss herrschen Zweifel an der Seriosität des Informanten. "Er hat sich aufgeblasen und wichtig gemacht", sagt Schindler. Nötzel bekommt offenbar öfter Informationen von dem Mann, den Namen will er aus Gründen der Vertraulichkeit nicht preisgeben. Auch die Frage zu privaten Treffen beantwortet er nicht. Nur so viel: Um Tipps zu bekommen, arbeite man "nicht immer mit hochdekorierten Ehrenleuten zusammen".

Wie man sich dann auf solche Aussagen verlassen könne, zumal aus zweiter Hand, wird Nötzel gefragt. Und warum nun nicht gegen den Informanten und dessen Quelle wegen falscher Beschuldigung ermittelt werde? Rahmendaten hätten ja gestimmt, sagt Nötzel. Etwa dass sich Bendixen mit LKA-Leuten traf - was zu dessen Job gehört. Nur inhaltlich ergab sich nichts. Er könne bis heute aber auch nichts ausschließen, sagt Nötzel. Die Beschuldigten wurden im ersten von zwei Ermittlungsverfahren nicht gehört: "Keiner hatte die Gelegenheit, die irrwitzigen Vorwürfe zu entkräften", sagt Bendixen.

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SZ vom 24.04.2015 / wiw
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