Süddeutsche Zeitung

Autobahn:Wie breit soll die A8 werden?

In Berlin verhandeln die Ampel-Partner über Verkehrspolitik. Im Chiemgau weckt das bei manchen die Hoffnung und bei anderen die Befürchtung, dass der Bund doch noch auf den geplanten Ausbau der A8 verzichten könnte.

Von Matthias Köpf, Bernau

Bald sind wieder Ferien in Bayern, und auch wenn die im Herbst nur eine Woche dauern, so dürften sich am Freitagabend oder spätestens am Wochenende etliche Menschen auf den Weg in einen Kurzurlaub machen. Speziell an solchen Tagen wird es eng auf der Salzburger Autobahn, die vom Chiemsee bis zur Landesgrenze nur aus zwei Fahrspuren pro Richtung besteht. Ausbaupläne gibt es schon lang, vor zwei Jahren hat sie die große Koalition aus Union und SPD im Bund trotz ausdrücklicher Bedenken des Rechnungshofs wegen des schlechten Nutzen-Kosten-Verhältnisses noch einmal bestätigt. Doch inzwischen verhandeln in Berlin Rot, Gelb und Grün über eine Ampelregierung, seit Mittwoch tagen die Arbeitsgruppen. Bei vielen Naturschützern und anderen Gegnern eines groß angelegten A-8-Ausbaus wächst die Hoffnung, dass das Vorhaben - auf absehbare Zeit wohl ohnehin eins der letzten großen Autobahnprojekte in Bayern - wieder in der Schublade verschwindet.

Die Grünen in der Region haben im Sommer zu einer Fahrrad-Sternfahrt gegen den A-8-Ausbau geladen, an der sich mehrere Dutzend Radler beteiligten, darunter der damalige Bundestagskandidat Karl Bär. Jetzt verhandelt der Sauerlacher Toni Hofreiter für die Partei federführend in der Ampel-Arbeitsgruppe Mobilität, und eine konkrete Streichliste wird nach Bärs Erwartung noch nicht Ergebnis dieser Verhandlungen sein. Dennoch ist es das, was aus der Sicht des neuen Grünen-Parlamentariers aus Miesbach nötig wäre: sich den Bundesverkehrswegeplan vorzunehmen und alle unsinnigen Projekt wie den großen A-8-Ausbau zu streichen, um so genug Geld und Planungskapazitäten etwa für die Digitalisierung der Bahn aufzutreiben. Dazu werde man aber erst mit SPD und FDP Kriterien entwickeln müssen, was sinnvoll ist und was nicht. So wie die CSU werde man es jedenfalls nicht machen können und einfach eine Autobahn ausbauen lassen, weil Ex-Verkehrsminister Peter Ramsauer in Traunstein wohne und das gut finde.

Man dürfe in 20 Jahren nicht wieder von vorne anfangen

Ramsauer ist immer noch CSU-Abgeordneter, genau wie seine Parteifreundin Daniela Ludwig, die sich nicht nur in ihrer Zeit als verkehrspolitische Sprecherin der Union ebenfalls für den Ausbau stark gemacht hat. Ludwig weiß sich einig mit vielen Landräten Wirtschaftsvertretern und Pendlern aus der Region und ist weiterhin der Meinung, dass auch vom Chiemsee bis zur Grenze viel mehr gemacht werden muss, als nur links und rechts einen Seitenstreifen anzufügen, der dann womöglich fallweise als Fahrspur freigegeben werden kann. Im Sommer habe man entlang der A 8 nahezu täglich im Verkehrschaos gelebt, und das oft auch an den Ausweichrouten. Nötig sei "ein Ausbau, der auch nachhaltig ist", um nicht in 20 Jahren wieder von vorne anzufangen.

Ob das in 20 Jahren überhaupt schon möglich wäre, ist ohnehin fraglich. Allein der nach einigen Protesten und Bürgerdialogen stellenweise etwas umgeplante sechsstreifige Ausbau vom Raum Rosenheim bis zum Chiemsee dürfte nach Auskunft der neuen Autobahngesellschaft des Bundes noch mindestens zehn Jahre dauern, selbst wenn die fertige Planung bald genehmigt wird. Aus Sicht der Planer führt auch weiter östlich kaum ein Weg am vollen Ausbau auf sechs Fahrstreifen plus Seitenstreifen vorbei. Denn wenn man die ganze Autobahn nicht über viele Jahre hinweg komplett sperren oder bestenfalls alle Fahrzeuge auf eine Spur zwingen wolle, so werde man praktisch die volle Breite brauchen, um überhaupt sinnvoll bauen zu können. Und gebaut werde müsse dringend, denn die A 8 stamme im Kern noch aus der Vorkriegszeit und sei in allen Belangen von Grund auf sanierungsbedürftig. Zudem gebe es den vielfach geforderten besseren Lärmschutz nach derzeitiger Gesetzeslage nur bei einem größeren Ausbau, sagt der Sprecher der Autobahngesellschaft für Südbayern, Josef Seebacher.

Das Lärm-Argument, das auch von etlichen CSU-Leuten in der Region vorgebracht wird, will der Grüne Karl Bär allerdings nicht gelten lassen. Dann müsse man eben auch diese Gesetzeslage verändern.

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