A 94 bei Dorfen:Staat will Isental-Autobahn mieten

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Bevor die Bagger kommen, wird die Trasse archäologisch untersucht. (Foto: Renate Schmidt)

Für die restlichen 33 Kilometer der umstrittenen Isentaltrasse fehlt das Geld. Der Abschnitt soll nun von einem privaten Unternehmen fertiggestellt werden. Der Staat will Miete zahlen - und so Geld sparen. Doch nicht alle halten das für eine gute Idee.

Von Hans Kratzer, Stefan Mayr

Einen guten Kilometer südlich der Stadt Dorfen bohren sich riesige Baumaschinen durch die alte Kulturlandschaft und ebnen die Moränenhügel für die größte Straßenbaustelle Bayerns. In wenigen Jahren soll hier die umstrittene Isental-Autobahn A 94 vorbeiführen, die nicht nur die Landschaft verändern wird, sondern vermutlich auch die Gepflogenheiten beim Bau von Autobahnen.

Denn dieser Abschnitt soll von einem privaten Unternehmen fertiggestellt werden. Und erstmals überhaupt in Deutschland will der Staat dann diese Trasse mieten statt dem Betreiber, wie bisher in solchen Fällen üblich, die Lkw-Maut zu überlassen. "Auf diese Weise können alle besser kalkulieren", heißt es bei der Autobahndirektion Süd.

Die monumentale, fast 300 Meter lange Lappachtalbrücke, deren Bau seit ein paar Tagen im Gange ist, ist laut Autobahndirektion ein Schlüsselbauwerk, über das später Tausende Kubikmeter Erdaushub transportiert werden sollen. Die millionenschwere Finanzierung dieses Brückenbaus durch den Bund ist gesichert, für die Fertigstellung der restlichen 33 Kilometer der Isentaltrasse aber ist kein Geld vorhanden.

Bund kann 400 Millionen Euro teuren Bau nicht stemmen

Weil das Bundesverkehrsministerium den fast 400 Millionen Euro teuren Bau dieser Strecke nach derzeitiger Haushaltslage nicht stemmen kann, soll nun ein neuer Finanzierungsweg beschritten werden. Die A 94 wird ein sogenanntes ÖPP-Projekt. Das heißt, dass der Bund nur einen Teil der Kosten selbst aufbringen muss, während der Rest von einem privaten Unternehmen bezahlt werden soll.

Bekannt ist dieses Modell bereits vom Ausbau der A 8 zwischen München, Augsburg und Ulm. Im Isental soll nun aber erstmals der Neubau einer Autobahn mit dem Modell der öffentlich-privaten Partnerschaft realisiert werden. Der Bau der Isental-Autobahn als ÖPP-Projekt habe den Vorteil, "dass du wenigstens zum Bauen kommst - und ich will bauen", sagte Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) kürzlich bei einem Besuch der Baustelle in Dorfen.

Andernfalls würde der Weiterbau der A 94 wohl auf die lange Bank geschoben werden müssen, was die Verkehrspolitiker nach fast 40-jährigem Ringen um die Trasse unbedingt vermeiden wollen.

Es gibt noch einen Grund, warum jetzt schnell gebaut werden soll. Die Isental-Autobahn werde erst für den Verkehr freigegeben, wenn die 33 Kilometer zwischen den derzeitigen Enden bei Pastetten und Heldenstein durchgehend fertiggestellt sind, versprach Ramsauer. Andernfalls drohe im Raum Dorfen ein Verkehrschaos, da der Autobahnverkehr dann über enge Landsträßlein weitergeführt werden müsste.

Ob das ÖPP-Verfahren beim Neubau der A 94 funktioniert, wird von vielen mit Spannung verfolgt werden. Es geht in diesem Fall auch um eine Weichenstellung für den Verkehrswegebau der Zukunft angesichts von klammen öffentlichen Kassen. Das Bewerbungsverfahren wird laut Autobahndirektion Südbayern gut zwei Jahre in Anspruch nehmen. Dann soll ein geeigneter Partner gefunden sein, der den Abschnitt fertigstellen und für 30 Jahre gegen Miete betreiben soll.

Der Parlamentarische Staatssekretär Andreas Scheuer (CSU) sagte am Mittwoch auf der Baustelle, spätestens im September 2019 solle die Isentaltrasse befahrbar sein. Die riesigen Brückenbauten und das kritische Erdreich in dieser Gegend schrecken ihn nicht: "Ich habe keine Bedenken, das schaffen wir."

ÖPP-Autobahnmodelle bis zu 40 Prozent teurer

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestags, Toni Hofreiter (Grüne), hält den Bau der Isental-Autobahn dagegen für ein verkehrspolitisch unnützes Projekt. Die Finanzierung in öffentlich-privater Partnerschaft verteuere den Bau erst recht, sagte er kürzlich in Dorfen. Bei allen zwölf bisher realisierten ÖPP-Autobahnmodellen habe sich gezeigt, dass sie um bis zu 40 Prozent teurer wurden als geplant.

Das ÖPP-Pilotprojekt auf dem 52 Kilometer langen Stück der A 8 zwischen München und Augsburg läuft seit Mai 2007. Damals übernahm die Projektgesellschaft Autobahnplus, hinter dem ein Konsortium aus Baukonzernen steht, die Konzession und baute die Fahrbahn von vier auf sechs Spuren aus.

Ende 2010 wurde die Strecke fertiggestellt, seitdem ist Autobahnplus bis ins Jahr 2040 für Betrieb und Erhalt der Fahrbahn verantwortlich (Winterdienst, Reparaturen etc.). Als Gegenleistung erhält das Unternehmen eine Anschubfinanzierung sowie die anfallende Lkw-Maut. Nach einem ähnlichen Modell wird seit 2011 auch der A 8-Abschnitt zwischen Augsburg und Ulm ausgebaut. Die Fertigstellung ist für 2015 geplant.

© SZ vom 01.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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