25. Todestag:Roy Black - die Legende lebt

Roy Black

In den Sechzigerjahren wurde Gerhard Höllerich zu Roy Black. Er erlebte seinen Durchbruch als Schlagersänger - und später etliche Krisen und Flops.

(Foto: dpa)

Vor 25 Jahren ist der Schnulzensänger und Frauenschwarm gestorben. Eingefleischte Fans hat Roy Black aber noch immer, für ihr Idol kommen sie sogar bis aus Japan.

Von Stefan Mayr, Bobingen

Elisabeth Morhard öffnet eine graue Schachtel und sagt: "Das ist jetzt unser makaberstes Stück." Sie zieht eine braune Uralt-Papiertüte heraus mit roter Tengelmann-Werbeaufschrift. Sehr, sehr vorsichtig gewährt sie einen Blick in das "Tütle". Zu sehen ist: ein Büschel Haare. Schwarze Haare, in den Sechzigerjahren abgeschnitten vom Kopf eines Jünglings namens Gerhard Höllerich, der wenig später als Schlagersänger Roy Black in die Hitparaden und Herzen der Frauen stürmte.

Morhard leitet das Kulturamt der Stadt Bobingen bei Augsburg, sie hat aufregende Tage hinter und das stressigste Wochenende des Jahres vor sich: Am 9. Oktober ist Roy Blacks 25. Todestag. Und rund um "runde und halbrunde Todestage", wie sie es formuliert, geschehen in seiner Heimatstadt außergewöhnliche Dinge. Fans aus ganz Deutschland und dem Ausland werden erwartet. Sie kommen bis aus den Niederlanden und Belgien. Sogar ein Ehepaar aus Japan ist dabei. Und das nur, um ihrem Idol am Todestag zu huldigen.

Hinter Morhard an der Pinnwand hängt ein Schwarz-Weiß-Foto von Roy Black. Nein, betont die Verwaltungsangestellte, sie sei kein Fan. "Aber man kann sich diesem Lächeln kaum entziehen. Das ist ein attraktiver, sympathischer Mensch, mit seinem Lächeln gewinnt er einen." So wie ihr geht es vielen Frauen. Und Männern. Auch 25 Jahre nach dem Tod des Sängers.

Jedes Jahr veranstaltet das Kulturamt in der Singoldhalle eine Sonntags-Matinée zu Roy Blacks Ehren. Diesmal, zum 25. Todestag, soll es etwas Besonderes sein: ein Gala-Abend. Neben Roy Blacks langjähriger Band Cannons steht auch Solo-Künstler Kay Dörfel am Mikrofon. Der Mann aus Thüringen hat seinem Sohn den Namen Roy gegeben und tourt mit der Show "Die Legende Roy Black" durch die Republik. "Er hat den gewissen Schmelz in der Stimme", sagt Elisabeth Morhard. "Wir wollen Roy Black ein ehrendes und würdiges Andenken bewahren." Immerhin sei er der berühmteste Sohn der Stadt. Eine vierstellige Summe lässt sich die Stadt das Spektakel kosten.

Im Foyer wird Elisabeth Morhard wieder eine Ausstellung gestalten. Prunkstücke sind Trophäen wie der "Bravo-Otto", der Goldene Löwe und vor allem ein Original-Bembel aus der guten alten TV-Sause "Zum blauen Bock". Gastgeber Heinz Schenk hat ihn signiert. "Ob wir die Haare zeigen, überlegen wir noch", sagt Elisabeth Morhard. "Ich will ja auch die Hüterin des guten Geschmacks bleiben." Andererseits sei die Geschichte "so rührend".

Es war eine Jugendfreundin, die dem jungen Gerhard die Haare abschnitt. Damals wurde er wegen seiner schwarzen Haare nur "Blacky" genannt. Als er zu Roy Black wurde, riet ihm sein Management, keine festen Bindungen einzugehen. Er beendete die Beziehung per Abschiedsbrief. Elisabeth Morhard hat ihn gelesen. "Der war schon bewegend." Roy Black und Gerhard Höllerich, sie standen einander von Anfang an im Weg. Bis zum bitteren Ende.

Gerhard Höllerich wurde am 25. Januar 1943 in Straßberg bei Bobingen geboren. Er studierte zunächst in München BWL, bis ihm Mitte der Sechzigerjahre der Durchbruch als Künstler gelang. Seine Songs "Du bist nicht allein" und "Ganz in Weiß" sind bis heute Klassiker. In den Siebzigern und Achtzigern durchlebte er beruflich wie privat etliche Krisen. Musik-Flops, Scheidung, Herzoperation. Erst 1990 gelang ihm ein Comeback als Schauspieler in der TV-Serie "Ein Schloss am Wörthersee". Am 9. Oktober 1991 wurde er in seiner Fischerhütte im oberbayerischen Heldenstein tot aufgefunden. Das Herz. Ob Alkohol dabei eine Rolle spielte, ist bis heute ungeklärt. Seine Urne wurde im Familiengrab in Straßberg bestattet.

"Am Todestag habe ich im Büro mit anderen Frauen um ihn geheult"

Vor fünf Jahren, zu seinem 20. Todestag, war der Blumenberg auf dem Grab kniehoch. Ob es heuer wieder so viele sein werden? Mal sehen. "Uns sterben die Fans weg", sagt Cannons-Bandleader Günter Ortmann. 200 Karten für die Gala sind verkauft. 60 sind noch zu haben. Aber Roy Black zieht noch immer, das bewies am Mittwoch die Bild-Zeitung mit ihrer Titelstory: "Jetzt spricht die Tochter von Roy Black". Die Geschichte der Studentin ist wie gemacht für den Boulevard: Eine uneheliche Tochter, die der 48-Jährige mit seiner damals 25-jährigen Freundin zeugte. Als er starb, war das Baby gerade drei Wochen alt. Klingt wie im schlechten Film. Und ist Teil der Legende Roy Black.

"Am Todestag habe ich im Büro mit anderen Frauen um ihn geheult", erzählt Ursula Boldt, die Vorsitzende des "Freundeskreises Roy Black e.V.". Und wie wird es am Samstag sein, 25 Jahre später? "Wir werden nicht mehr tränenüberströmt dasitzen, das würde auch Roy nicht mögen", sagt die 66-Jährige, die nach eigenen Angaben seit 50 Jahren jeden Schnipsel über Roy Black sammelt.

Der deutsche Schlagersänger Roy Black sing vor seinem Großfoto in einer Fernsehshow Hamburg 1969 G

Roy Black bei einer Fernsehshow im Jahr 1969. Heute wäre er 73 Jahre alt.

(Foto: Imago)

Zum alljährlichen Roy-Rummel gehört auch: Seit Jahrzehnten gibt es zwei Fangruppen, die zwar den gleichen Mann anhimmeln, sich aber spinnefeind sind. "Es gibt gewisse Spannungen", sagt Kulturamtsleiterin Morhard. Ursula Boldt ist direkter: "Wir haben wegen Intrigen das Weite gesucht." Am Samstag werden die einen die Gala in Bobingen besuchen, während die anderen gleichzeitig sechs Kilometer entfernt in Königsbrunn um den goldenen Roy tanzen. "Ich finde diese Spaltung schade", sagt Cannons-Chef Ortmann, "das ist nicht im Sinne von Blacky."

Aber vielleicht müssen diese Parallelveranstaltungen sogar sein - schließlich führte auch Höllerich alias Black zwei Parallel-Leben. Hier der umjubelte Star mit dem sanften Lächeln und der Schmacht-Stimme. Dort der unglückliche Mensch, der all die Krisen angeblich nur mit Alkohol durchstand. Hier der perfekt aussehende, ewig junge Blacky, dort der schwer kranke, vom Herzfehler gezeichnete Patient. Ein anderer besonders treuer Fan, Susann Meyer, berichtete einst von einer Zufalls-Begegnung auf der Straße in Dortmund. Als sie ihn mit "Roy" ansprach, blaffte er: "Ich habe jetzt Feierabend." Dann sagte sie "Gerd" zu ihm. Und er war sofort freundlich und nahm sich Zeit. Der Kontakt hielt bis zu seinem Tod.

Zum Erinnerungs-Programm gehört am Sonntag ein Besuch des Gottesdienstes in der Straßberger Kirche. Es ist die einzige Veranstaltung, in der die Fanlager unter einem Dach sitzen werden. Nach der Kirche pilgern sie mehr oder weniger gemeinsam zum Gerhard-Höllerich-Ring im Neubaugebiet. Dort wird ein "Legenden-Schild" enthüllt. Eine erläuternde Ergänzung zum Straßenschild. "Damit auch die Nachwachsenden wissen, wer das war", sagt Elisabeth Morhard. Langsam stirbt der Unsterbliche seinen zweiten Tod.

Heute wäre Roy Black 73 Jahre alt. "Ich kann mir vorstellen, dass er als Chansonnier noch Erfolg haben könnte", sagt sein Ex-Keyboarder Ortmann. Es kam anders.

Den Grabstein ziert ein Bild. Zeigt es Gerhard Höllerich oder Roy Black? Bei der Trauerfeier vor 25 Jahren sagte Thomas Gottschalk, Roy Black sei sein Freund gewesen. Gerhard Höllerich dagegen habe er nie kennengelernt. Dann rief er den 4000 Trauergästen zu: "Mögen beide in der Ewigkeit zusammenfinden."

Die Legende lebt

Roy Black bewegt die Menschen bis heute. Und er begegnet ihnen - oder auch nicht.

Suite: Die Nacht in der Roy-Black-Suite des Schlosshotels Velden am Wörthersee kostet 1049 Euro, inklusive Erinnerungsstücke an Black, der das Haus mit der TV-Serie "Ein Schloss am Wörthersee" bekannt machte. Kalender: Der Heel-Verlag bringt alljährlich einen Roy-Black-Kalender mit Roy-Black-Fotos heraus. Die Ausgabe 2017 trägt den Untertitel "Herzenswärme" (14,99 Euro). 2000 Exemplare werden verkauft. In den 1990er-Jahren war die Auflage fünfstellig.

CD: Zum Todestag ist eine neue Doppel-CD erschienen mit einem bisher unveröffentlichten Konzertmitschnitt aus dem Jahr 1969. Der Titel lautet: "Live in Bielefeld".

Musical: In Augsburg wurde im Jahr 2000 ein Roy-Black-Musical aufgeführt. Bei der Premiere verließ Mode-Zar Rudolf Mooshammer die Halle mit seiner Hündin vorzeitig. Nach dem Grund gefragt, soll er gesagt haben: "Der Daisy hat's nicht gefallen."

Dokumentarfilm: Der Sender Servus TV zeigt am Sonntag, 20.15 Uhr, eine einstündige Dokumentation von Regisseur Otto Retzer. "Eine Legende. Unvergessen."

Büsten: Sowohl am Ufer des Wörthersees als auch im Augsburger Stadtteil Göggingen steht eine Roy-Black-Büste. In Straßberg gibt es den Gerhard-Höllerich-Ring, in Augsburg den Roy-Black-Weg.

Torte: Die Bäckerei Hornik in Bobingen verkauft immer am Todestag ein Dutzend Roy-Black-Torten. Mit Marzipan, Schokolade und weißen Rosen drauf. "Die Meinungen gehen schon auseinander", sagt Konditorin Andreas Hornik. "Manche sagen: Mir haben schon seine Lieder nicht gefallen, dann wird mir auch die Torte nicht schmecken."

Schnulzenerlass: 1968 erklärte ORF-Chef Gerd Bacher seinen neuen Popsender Ö3 zur Roy-Black-freien Zone. Der sogenannte Schnulzenerlass belastet die deutsch-österreichischen Beziehungen bis heute.

stma

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