Nationalpark-Debatte:Lieblingswald

Buchenbestand Kleinengelein im Steigerwald, 2014

Im Naturreservat "Kleinengelein" dürfen tote Bäume liegen bleiben und schaffen neue Lebensräume.

(Foto: Johannes Simon)

Der Bund Naturschutz präsentiert eine neue Umfrage, wonach viele Nachbarn einen Nationalpark Steigerwald gutheißen. Es wird wohl trotzdem nichts werden

Von Christian Sebald

Der Bund Naturschutz (BN) ist bekannt für seine Unbeugsamkeit. So auch in der Debatte um einen dritten Nationalpark im Freistaat. Da hält Bayerns älteste und mit 220 000 Mitgliedern mächtigste Umweltorganisation eisern daran fest, dass dafür zuallererst der fränkische Steigerwald mit seinen uralten Buchenwäldern in Frage kommt. Vom Spessart oder der Rhön, über die jetzt alle Welt spricht, wollte der BN bisher nichts wissen. Dabei hat Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) den Steigerwald strikt ausgeschlossen, als er im Sommer verkündete, dass es einen dritten Nationalpark in Bayern geben wird. Sein Argument: Im Steigerwald stünden sich Nationalpark-Gegner und -Befürworter unversöhnlich gegenüber. Einen Nationalpark gebe es aber nur dort, wo die Bevölkerung so ein großes Schutzgebiet auch wirklich will.

In diesem Punkt ist der BN jetzt nach vorne geprescht. "Die Hälfte der Bevölkerung im Steigerwald ist für einen Nationalpark dort", erklärt BN-Chef Hubert Weiger. "Bezieht man die Großräume Bamberg und Schweinfurt mit ein, dann sind es sogar zwei Drittel." Das ist eine starke Aussage. Denn bisher überwiegt die Einschätzung, nach den bald zehnjährigen wüsten Streitereien sind die Nationalpark-Gegner im Steigerwald deutlich in der Überzahl. Doch Weiger hat einen starken Trumpf in Händen. Sein BN, der Vogelschutzbund LBV und der WWF haben nach zwei Jahren erneut das Umfrageinstitut TNS Emnid beauftragt, die Einstellung der Steigerwälder zu einem Nationalpark zu ermitteln. Und siehe da: Die Zustimmung ist stark gestiegen - in den ländlichen Regionen um statte zwölf Prozentpunkte auf 50 Prozent, in Bamberg und Schweinfurt auf stolze 78 und 81 Prozent. Aber nicht nur das: Die Zustimmung geht durch alle Altersgruppen. Und eine deutliche Mehrheit hält es für falsch, dass Seehofer einen Nationalpark im Steigerwald ausschließt.

Natürlich fordern BN, LBV und WWF jetzt, dass Seehofer von seinem kategorischen Nein abrückt. "Man muss zumindest untersuchen, welche Möglichkeiten es für einen Nationalpark gäbe", sagt Weiger. "Denn das zeigt unsere Umfrage ganz klar: Die Stimmung hat sich längst gedreht." Mit Weiger hoffen Lokalpolitiker wie der Ebracher Bürgermeister Max-Dieter Schneider und Martin Mösslein vom Verein Nationalpark Steigerwald auf ein Einlenken des Ministerpräsidenten. Schneider hat dafür sogar die Allianz "Faire Chance für den Steigerwald" geschmiedet und ist in ihrem Namen bei Seehofer vorstellig geworden.

Die Chancen, dass der Steigerwald doch noch zum Zug kommt oder zumindest in den Wettbewerb möglicher Nationalpark-Regionen aufgenommen wird, dürften indes äußerst gering sein. Auch wenn die Fronten in der Bevölkerung womöglich wirklich nicht mehr so verhärtet sind wie in der Vergangenheit. Aber zum einen ist da nach wie vor ein harter Kern Nationalpark-Gegner rund um den Verein "Unser Steigerwald" und dessen mächtigen Vorsitzenden, den Innenstaatssekretär Gerhard Eck (CSU). Insider halten es für völlig ausgeschlossen, dass Eck und Co. auch nur ein Quäntchen von ihrer Ablehnung abrücken. Im Gegenteil: Auf Initiative des Vereins verabschiedeten unlängst 20 Steigerwald-Gemeinden eine Resolution gegen einen Nationalpark.

Zum anderen - und das dürfte der entscheidendere Punkt sein - haben sich ja auch die Staatsregierung insgesamt und die BN-Spitze über den Naturschutz im Steigerwald komplett überworfen. Derzeit bekriegen sie sich sogar vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. So lange dieser Streit auf höchster Ebene aber nicht entschieden ist, wird es im Steigerwald keine Annäherung zwischen Freistaat und BN geben.

Deshalb gibt es im BN etliche, die einem Nationalpark Steigerwald keine Chance mehr einräumen, und zwar bis hinauf in den Führungszirkel. Offen einräumen wird das aber niemand. Auch wenn die ersten Absetzbewegungen bereits stattgefunden haben. So erklärte BN-Chef Weiger erst unlängst, dass es in Bayern viele Regionen gebe, die für einen Nationalpark in Frage kämen, der Spessart etwa, die Rhön und das Ammergebirge. Der Steigerwald freilich, das stellte der BN-Chef aber sofort klar, bleibe das "anerkanntermaßen für einen weiteren Nationalpark am besten geeignete Gebiet Bayerns".

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