Nach Haderthauers Rücktritt:Der geschrumpfte Herr Seehofer

Der Fall Haderthauer

Horst Seehofer hat wenige Frauen in seiner CSU, die überhaupt für Spitzenpositionen in Betracht kommen.

(Foto: dpa)

Ein Jahr nach dem Triumph bei der Landtagswahl will Horst Seehofers CSU nichts mehr wirklich gelingen. Der Rücktritt von Christine Haderthauer trifft den Ministerpräsidenten hart. Denn er ist nur ein Teil seiner gescheiterten Politik.

Kommentar von Mike Szymanski

Mittlerweile ist die CSU selbst eine Miniatur ihrer selbst: Sogar ihre Probleme wirken auf den ersten Blick niedlich. Staatskanzlei-Chefin Christine Haderthauer stolpert über eine Affäre mit Modellautos. Aber das ist für Ministerpräsident Horst Seehofer alles andere als nur eine Kleinigkeit. Seit Wochen schleppt die CSU wieder das Image mit sich, sie könne sich alles erlauben. Sogar dies: Spitzenpolitiker bereichern sich an Geschäften mit psychisch kranken Straftätern. Denn die Haderthauers, Christine und ihr Mann, der Landgerichtsarzt Hubert, ließen die Miniautos von einem Mehrfachmörder in der Forensik produzieren.

Es gehört schon besonders viel Dreistigkeit dazu, eine solche Geschäftstätigkeit auch noch als ein von "Idealismus getragenes Engagement finanzieller Art" zu bezeichnen, wie Haderthauer das getan hat. Sie verkörpert neben Markus Söder wie kaum ein anderer CSU-Politiker unter Seehofer die "Uns ko koaner"-Mentalität. Die setzen die Bayern zwar voraus, wenn sie ihrer CSU die Stimme geben, mitunter werden sie ihrer aber auch überdrüssig, so wie 2008. Damals trieb es die CSU zu bunt.

Der Rücktritt Haderthauers trifft den CSU-Chef schwer

Seehofer hat eine Schwäche für Haderthauer. Deshalb zauderte er zu lange, sich von der Ingolstädterin zu trennen. Er hat wenige Frauen in seiner CSU, die überhaupt für Spitzenpositionen in Betracht kommen. Haderthauer hatte ihre Chancen - gleich mehrere. Er ließ die Frau nicht fallen, als sie als Generalsekretärin den Wahlkampf 2008 vermasselte und die CSU in eine Koalitionsregierung zwang. Er verteidigte sie als Sozialministerin, obwohl sie nur Ministerin, aber nicht sozial sein wollte. Jetzt musste er erkennen, dass Haderthauer doch nicht das große Talent ist, für das er sie gehalten hat.

Seehofer trifft ihr Rücktritt schwer. Ein Jahr nach dem Triumph bei der Landtagswahl will seiner CSU nichts mehr wirklich gelingen. In Berlin regiert Kanzlerin Merkel an Seehofer vorbei. Wenn die kurdischen Kämpfer im Irak Waffen aus Deutschland bekommen sollen, erfährt die CSU das zum Schluss und darf nur noch in großen Worten ihre Unterstützung signalisieren.

Die Pkw-Maut für Ausländer, mit der Seehofer und Alexander Dobrindt im Wahlkampf vor einem Jahr die Bierzelte auf Temperatur gebracht haben, macht in Berlin nur noch als schlechter Witz die Runde, den jeder in der CDU mal um einen Gag anreichern darf. Und in Bayern stapeln sich die Probleme. Energiewende: ungelöst. Reform der Gymnasien: konzeptlos. Obwohl Seehofer den Freistaat als Vorstufe zum Paradies bezeichnet, müssen Flüchtlinge in ihren Unterkünften stundenlang fürs Essen anstehen und in Festzelten übernachten, in denen die Bayern sonst die Krüge hoch halten. An Zynismus ist das kaum noch zu überbieten.

Die Zeit von Horst Seehofer läuft ab, das war klar. 2018 will er aufhören. Aber dass er so schnell ins Abseits gerät, war nun auch wieder nicht zu erwarten. Seehofer braucht jetzt nicht nur dringend einen neuen Mann, eine neue Frau in der Regierungszentrale. Er braucht einen Neuanfang.

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