Millionendefizit:Bayerischer Rundfunk fühlt sich unfair behandelt

Bayerischer Rundfunk

Der Bayerische Rundfunk - hier das Hauptgebäude nahe dem Münchner Hauptbahnhof - ist finanziell in Schieflage geraten. Das gibt der Sender offen zu.

(Foto: Felix Hörhager/dpa)
  • Der Bayerische Rundfunk hat 101 Millionen Euro Defizit angehäuft.
  • Vor allem die Personalkosten sind beim öffentlich-rechtlichen Sender sehr hoch, sie betragen mittlerweile 30 Prozent der Ausgaben
  • Der BR sieht seine Bemühungen, Geld einzusparen, vom Bayerischen Obersten Rechnungshof nicht ausreichend gewürdigt.

Von Daniela Kuhr

Diesen Freitagmorgen wird man beim Bayerischen Rundfunk (BR) nicht so schnell vergessen. Kaum aufgestanden, durften die Führungskräfte schon am Frühstückstisch in Presse und Internet lesen, dass ihre Rundfunkanstalt "tief in die roten Zahlen" gerutscht sei, dass sich ein Finanzloch in dreistelliger Millionenhöhe aufgetan habe und dass damit - wäre der BR eine Privatfirma - letztlich die Insolvenz drohe.

Da kann einem als Betroffenem schon mal die Semmel im Hals stecken bleiben. Erst recht, wenn man die Meldung als unfair empfindet. "Und das ist sie nun mal", sagt Albrecht Frenzel, Verwaltungsdirektor beim BR.

Da sei vieles durcheinander und verkürzt dargestellt worden, meint auch BR-Finanzchef Jürgen Wieland. Doch am besten der Reihe nach: Anlass für die ganze Aufregung ist ein Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs (ORH), der am Dienstag dem Landtag und dem Kultusministerium vorgelegt wird. Darin geht es um die finanzielle Situation des BR.

"Da hat man einen kleinen, aber wichtigen Zusatz vergessen"

Dass es um die nicht gut bestellt ist - daran gibt es keinen Zweifel. Auch vom BR kommt da kein Widerspruch. Dass sie allerdings so verheerend ist, dass einem Privatunternehmen die Insolvenz drohen würde, davon wollen Frenzel und Wieland nichts wissen.

Richtig ist: Seit 2010 hat der BR ein Defizit von 101 Millionen Euro angehäuft. "Das muss man aber keinem geheimen Rechnungshofbericht entnehmen, sondern das steht in unserer Gewinn- und Verlustrechnung, die wir jährlich absolut transparent kommuniziert haben", sagt Frenzel. Richtig sei auch, dass dafür in beachtlichem Maße hohe Personalkosten verantwortlich seien, die mittlerweile 30 Prozent der Ausgaben ausmachten.

Unfair werde der Bericht aber an der Stelle, wo es um die Prognose gehe: So stellen die Prüfer fest, dass, selbst wenn der Sender seine gesamten Rücklagen und Eigenmittel aufbrauche, bis zum Jahr 2020 ein Fehlbetrag von 329 Millionen Euro entstehen werde. "Da hat man einen kleinen, aber wichtigen Zusatz vergessen", sagt Frenzel. "Man hätte dazu schreiben sollen: , . . . wenn nicht gegengesteuert wird'. Doch genau das tun wir ja."

2014 wurden 25 Millionen Euro eingespart

So habe der Sender bereits 2014 insgesamt 25 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr eingespart. Dieses niedrigere Volumen haben man 2015 gehalten. In diesem Jahr würden weitere 25 Millionen eingespart: Vor allem beim Personal, den laufenden Kosten, aber auch bei den Investitionen werde gekürzt. 2017 müsse man noch einmal einsparen.

In einer Stellungnahme des BR zum Bericht des ORH heißt es dazu ergänzend: "Selbstverständlich müssen diese Einsparungen bei der gegebenen Finanzlage auch dauerhaft abgesenkt bleiben, was bisher in der Mittelfristplanung nicht enthalten ist. Das ausgewiesene Defizit wird sich allein dadurch um rund 120 Millionen Euro bis 2020 verringern."

Als unfair empfindet Frenzel auch, dass der Bericht den Anschein erweckt, beim BR lebe man in Saus und Braus und kümmere sich zu wenig um die Kosten. "An dem aufgelaufenen Defizit von 101 Millionen ist zu einem großen Teil eine bilanzrechtliche Änderung im Jahr 2010 schuld, das sogenannte BilMoG", erklärt Wieland. "Im Gegensatz zu Staat und Kommunen muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Bedienung seiner Altersvorsorge ein Deckungsstockvermögen ansparen. Müsste die öffentliche Hand handelsrechtlich bilanzieren, dann hätte sie auch ein Problem."

Das ORH habe den Stellenabbau nicht genug gewürdigt, findet der BR

Bis 2010 hätten die Pensionsrückstellungen die Rentenansprüche der BR-Mitarbeiter aus der betrieblichen Altersvorsorge "vollständig abgedeckt". Doch mit Inkrafttreten des BilMoG mussten die Pensionsrückstellungen neu bewertet werden, was allein letztlich zu einem zinsbedingten Aufwand von rund 120 Millionen Euro geführt habe. "Auch der Kommission KEF, die den Finanzbedarf der Sender prüft, ist dieses Problem bewusst, sodass die Rundfunkanstalten ab 2017 von jedem Beitrag 25 Cent zweckgebunden auch für die Zinslasten der Altersvorsorge einsetzen können", sagt der BR-Finanzchef.

Damit werde das Defizit schrittweise abgebaut. Zudem werden neu eingestellte Mitarbeiter von 2017 an nicht mehr an dem bisherigen System der betrieblichen Altersvorsorge teilnehmen dürfen. "Noch ist offen, ob wir dafür ein anderes System anbieten werden", sagt Frenzel.

Ihn stört zudem, dass der ORH nicht ausreichend gewürdigt hat, wie sehr sich der BR um einen Stellenabbau bemüht. Geplant ist, dass bis 2025 insgesamt 450 Stellen wegfallen, "das ist bei einem Betrieb mit 3000 Planstellen eine ganz beachtliche Leistung", findet der Verwaltungsdirektor - und weist darauf hin, "dass wir vermutlich nicht darum herumkommen werden, mehr Wiederholungen zu zeigen".

Eine Sorge übrigens wollen die beiden gar nicht erst aufkommen lassen: dass der Neubau in Freimann das Defizit weiter in die Höhe treiben könnte. "Das sind 200 Millionen Euro, die wir innerhalb von 30 Jahren abzahlen müssen", sagt Frenzel. "Das schaffen wir locker."

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