Kabinettsbeschluss:Dritter Nationalpark: Donau-Auen und die Rhön sind noch im Rennen

Dritter Nationalpark

Die Rhön - hier auf der Wasserkuppe in Hessen - ist schon jetzt geschützt, könnte aber zum länderübergreifenden Nationalpark aufsteigen.

(Foto: Uwe Zucchi/dpa)
  • Dritter Nationalpark in Bayern: Die Planungen gehen nur noch in der unterfränkischen Rhön und in den Donau-Auen bei Neuburg weiter.
  • Der Spessart und der Frankenwald sind nicht mehr im Verfahren.
  • Ministerpräsident Seehofer will einen weiteren Nationalpark einrichten und beklagt, dass viele Parteifreunde gegen das Projekt sind.

Von Lisa Schnell, Christian Sebald und Wolfgang Wittl

Die Nationalpark-Gegner im unterfränkischen Spessart konnten ihren Triumph nicht zurückhalten. Am Dienstag um 11.39 Uhr verschickte ihr Anführer, der einflussreiche CSU-Finanzpolitiker Peter Winter, seine Stellungnahme. Das war gut 20 Minuten, bevor Umweltministerin Ulrike Scharf in der Staatskanzlei über das Ergebnis der Kabinettsberatungen zum dritten Nationalpark informierte.

Winter hatte da bereits im Namen seines Anti-Nationalpark-Vereins "Wir im Spessart" den Verzicht der Staatsregierung auf einen Nationalpark dort als "gute Entscheidung für unsere Heimat" begrüßt. Über Monate hatten Winter und sein Verein so massiv gegen ein Großschutzgebiet im Spessart mobilisiert, dass sich die vielen Befürworter in der unterfränkischen Region kaum noch Gehör verschaffen konnten.

In der Kabinettssitzung selbst lief alles so, wie es Ministerpräsident Horst Seehofer, Landtagspräsidentin Barbara Stamm, Umweltministerin Scharf, Agrarminister Helmut Brunner und etliche Mitglieder der CSU-Landtagsfraktion Ende vergangener Woche in der Staatskanzlei verabredet hatten: Mit dem Spessart wurde auch der Frankenwald aus dem Rennen genommen. Der Wert der Fichtenforste dort für den Naturschutz sei zu gering für einen Nationalpark, erklärte Scharf. Außerdem sei der Widerstand in dem oberfränkischen Mittelgebirge ebenfalls massiv.

Damit gehen die Planungen nur noch in der unterfränkischen Rhön und in den Donau-Auen bei Neuburg weiter. Wo Bayerns dritter Nationalpark letztlich ausgewiesen wird, bleibt offen. Ebenfalls offen bleibt, wann der endgültige Beschluss fällt. "Wir treffen eine historische Entscheidung, und historische Entscheidungen brauchen Zeit", sagte Scharf. "Zudem wünschen sich beide Regionen noch intensive Diskussionen."

Die Entscheidung selbst fiel einstimmig. Selbst der Innenstaatssekretär und unterfränkische CSU-Chef Gerhard Eck befürwortete die Vorlage. Eck, der Vorsitzender des Vereins "Unser Steigerwald" ist, zählt seit vielen Jahren zu den entschiedenen Kritikern aller Pläne für einen weiteren Nationalpark im Freistaat. Seine harte Haltung war ein wichtiger Grund, warum Seehofer den Steigerwald schon bei der Präsentation seines Nationalpark-Projekts vor einem Jahr als Standort ausgeschlossen hatte - obwohl die Region aus Sicht von Naturschützern bestens geeignet wäre für so ein Großschutzgebiet. Teilnehmern zufolge stimmte Eck in der gestrigen Kabinettssitzung ausdrücklich dem weiteren Vorgehen zu.

Seehofer steht hinter dem Projekt

Seehofer selbst machte noch einmal sehr deutlich, dass er zu dem Projekt stehe. Ein Kabinettsmitglied sagte: "Er hat betont, dass die Bevölkerung ganz klar für weitere Nationalparks ist, und dabei auf Umfragen verwiesen, nach denen 75 Prozent oder sogar noch mehr der Leute selbst in potenziellen Nationalpark-Regionen solche Schutzgebiete befürworten."

Außerdem beklagte Seehofer die in weiten Teilen emotionale und unsachliche Debatte über sein Projekt. "Wenn man so einen Gedanken ins Kabinett einbringt, vom Kabinett gebilligt bekommt, dass man prüft unter der Maßgabe: nur im Staatswald und nur mit der Region - und wenn man dann aber liest, das Ziel seien Enteignungen und solche Dinge, dann ist da ganz offensichtlich nicht immer die gebotene Sachlichkeit unterwegs", sagte er. Dabei attackierte der Ministerpräsident ausdrücklich auch seine eigenen Parteifreunde. "Der Widerstand kommt sehr stark aus der CSU", sagte Seehofer, "auch von Abgeordneten, das ist betrüblich."

"Bayern hat eine Chance verpasst"

Die Umweltverbände kritisierten das Ausscheiden des Spessarts. "Bayern hat die einmalige Chance verpasst, echter Wildnis Platz zu geben", sagte eine Sprecherin der Naturschutzorganisation WWF. "Mit einem Nationalpark Spessart wäre ein großflächiges und zusammenhängendes Schutzgebiet entstanden, das internationalen Standards entspricht." Greenpeace erklärte, Seehofer und Scharf hätten sich "von denen beeindrucken lassen, die am lautesten gebrüllt haben". Der Bund Naturschutz will weiter für Nationalparks in beiden Regionen kämpfen. Das Kabinett habe "vor schamlosen, mit groben Unwahrheiten gespickten Kampagnen gegen Nationalparks im Steigerwald und im Spessart kapituliert". Die Landtagsopposition sprach von einem "unprofessionellen und intransparentem Vorgehen" und einem "Nationalpark des geringsten Widerstands".

In den Regionen Neuburg/Donau und in der Rhön herrschte dagegen große Freude. "Die Auwälder sind prägend für unsere Heimat hier", sagte der Neuburger Landrat Roland Weigert (Freie Wähler). "Dass sie jetzt als nationalparkwürdig anerkannt sind, ist ein Ritterschlag, der weit über unseren Landkreis hinausreicht." Der Rhöner Landrat Thomas Habermann (CSU) betonte die zunehmende Bedeutung des Naturschutzes. Trotz einzelner Widerstände stehe die Bevölkerung in der Region mehrheitlich zu einem Nationalpark - zumal nun nach Maßgabe des Kabinetts die Möglichkeiten für einen gemeinsamen Nationalpark mit Hessen konkretisiert werden sollen.

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