Holzkirchen:Der Kuhglocken-Streit wird zur Gülle-Kontroverse

Gülle Bauer Feld

Erst das laute Gebimmel, jetzt der Gestank: In Holzkirchen geht der Nachbarschaftsstreit weiter.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Schlaflosigkeit, Depressionen, Gesundheitsgefahr, Wertverlust: Wegen zu lauter Kuhglocken klagt ein Ehepaar in Holzkirchen gegen eine Landwirtin. Jetzt kommt ein weiterer Vorwurf ins Spiel - Gestank.

Kolumne von Matthias Köpf

Wenn mal wieder irgendwo irgendwas eingeläutet wird, ein Wahlkampfendspurt zum Beispiel oder eine Rückrunde oder gar das Ende einer Ära, dann bräuchte es für dieses Einläuten buchstäblich betrachtet eigentlich eine Glocke. Meistens reicht aber reines Wortgeklingel, denn das "Einläuten" ist ja in aller Regel symbolisch zu verstehen.

Dagegen wird in dem kleinen Weiler Erlkam bei Holzkirchen ebenfalls gerade eine neue Runde eingeläutet, und zwar einerseits fast buchstäblich. Andererseits geht es in dem Streit aber auch um ein Symbol. Um die Kuhglocke nämlich, und das heißt im ländlichen Oberbayern um Vergangenheit und Zukunft, um Stadtluft und Landluft, um Zugezogene und Dagewesene, um Moloch und Misthaufen, kurz: ums Ganze.

Apropos Misthaufen: Der Kläger hat seine Klage wegen der Kuhglocken jetzt auf Geruchsbelästigung durch Gülle erweitert. So haben es seine Anwälte gerade der Nachrichtenagentur dpa mitgeteilt. Jenseits des Juristischen ist das natürlich auch symbolisch geschickt, denn wo in einem Kuhglocken-Streit die Sympathien zumindest derer, die es nicht betrifft, ziemlich klar verteilt sind, könnte das in einer gänzlich unidyllischen Gülle-Kontroverse schon anders aussehen.

Kompliziert ist die Sache sowieso, weil die Zugezogenen in dem Fall etwas eher in ihrem umgebauten Bauernhaus angekommen sind als die Handvoll Kühe auf der benachbarten Wiese. Diese Wiese hat die Gemeinde Holzkirchen danach als "landwirtschaftliche Fläche" an eine Bäuerin verpachtet, und die lässt darauf seither Kühe weiden - je nach aktueller juristischer Gefechtslage mit einer unterschiedlichen Anzahl von Kuhglocken in unterschiedlicher Entfernung zum Zaun der Zugezogenen.

Der Unternehmer spricht von Schlaflosigkeit, Depressionen, Gestank, Gesundheitsgefahr und Wertverlust. Er hatte 2015 vor dem Amtsgericht Miesbach einem Vergleich mit Abstandsregelung zugestimmt und war deswegen im Dezember beim Landgericht abgeblitzt. Darum klagt seine Frau gerade wieder von vorn. Zugleich liegt seine Berufung beim Oberlandesgericht, nun also erweitert um die Gülle, die von der Landwirtin neuerdings auf die Wiese gekippt werde. Und so gehen offenbar beide Seiten aufs Ganze: Nase zu und durch.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: