Hans Well zur Landtagswahl Bayern:"Ich rate allen Grünen und Roten, zur CSU zu gehen"

Hans Well Biermösl Blosn

Hans Well, langjähriges Mitglied der bayerischen Sangestruppe Biermösl Blosn, hat jahrzehntelang gegen die CSU-Alleinherrschaft angesungen.

(Foto: Manfred Neubauer)

Mit der Biermösl Blosn hat Hans Well jahrzehntelang gegen die CSU-Alleinherrschaft angesungen. Nun ist wieder alles wie früher - für Well total logisch. Ein nicht allzu ernstes Gespräch über eine Maut für Österreicher und das Dioxin-Hendl-Luder.

Von Oliver Das Gupta

SZ.de: Grüß Gott Herr Well, wir müssen reden. Über den Wahlausgang. Wie erklären Sie sich, dass die CSU wieder die absolute Mehrheit errungen hat?

Hans Well: Die Frage sollte besser lauten: Warum hat die CSU keine 80 Prozent bekommen? So viele Bürger waren ja den Umfragen zufolge für Seehofers Pkw-Maut.

Sie meinen: Eigentlich ist das Ergebnis eine CSU-Schlappe?

Da ist was gehörig schiefgegangen für die CSU. Sie muss ganz genau analysieren, warum sie nur 47,4 Prozent erhalten hat. Da sind doch eindeutig Fehler gemacht worden! Sicher hätte die CSU die Maut auch für ausländische Radfahrer, Fußgänger und Haustiere fordern sollen. Vor allem für Österreicher. Ja, Seehofer hätte diese Karte mehr spielen müssen. Da war mehr drin.

Sehen Sie noch andere Schwachstellen in der CSU-Kampagne?

Gustl Mollath ist sicherlich Jahre zu früh freigekommen. Wäre er weiter in der Psychiatrie gesessen, wie Justizministerin Beate Merk es ja vor zehn Monaten noch für richtig fand, hätte sie bestimmt weit mehr als 47 Prozent erhalten. Ein besonders schwerer Fehler war auch, wie sich die CSU in der Verwandtenaffäre verhalten hat.

Die Abgeordneten hatten Eheleute, Kinder und andere Angehörige beschäftigt und nach Publikwerden das geflossene Geld zurückgezahlt.

Ja, warum denn?! Unnötig und saublöd war das, das hätt's doch wirklich nicht gebraucht. Den Wählern war's eh' wurscht. Eine weitere Frage beschäftigt mich momentan sehr: Hat BR-Chefredakteur Sigmund Gottlieb versagt? War er wieder zu unparteiisch? Sie sehen: Für die CSU ist da viel Luft nach oben. Das alles kann man sicherlich optimieren.

War Seehofer überhaupt der geeignete Spitzenkandidat?

Ich möchte diesen Ingolstädter Wankelmotor in Schutz nehmen: Anders als Stoiber geht Seehofer sparsam mit "Ähs" um und zwängt sich nicht in Gebirgsschützenuniform. Seehofer ist endlich mal ein Politiker, der sich nie festlegt - außer auf zwei Kilometer Abstand zu Windparks, um somit ohne Windräder den Atomausstieg durchzupeitschen. Das nenne ich klare Kante. Kommt beim Sommer-Wählerschlussverkauf super an. Der braucht von der Kanzlerin nix zu lernen. Der hat schon alles selbst drauf.

Sie waren mit der Gruppe Wellbappn bis kurz vor der Wahl unterwegs. Haben Sie eine Wechselstimmung - weg von Schwarz-Gelb, hin zu Tiefschwarz - ausmachen können?

Nein. Die Stimmung war relaxed, wir spielen ja sowieso hauptsächlich in Gegenden, wo's keine Gelben gibt. Viele Bürger haben gar nicht wahrgenommen, dass die Untoten der FDP in Bayern angeblich mitregiert haben. Vielleicht kurz, als sie die Studiengebühren nicht abschaffen wollten.

Auch bei Jungwählern kommt die CSU gut an.

Dazu hat Dieter Hildebrandt schon vor vielen Jahren festgestellt: Die Spießer werden immer jünger. Und das Image des FC Bayern ist einfach mehr ein Siegerimage als das der Sechzger.

Die CSU herrscht wieder einsam in Bayern - ein Grund, die Biermösl Blosn zu reanimieren. Haben Sie schon mit Ihren Brüdern gesprochen?

(lacht) Nein, habe ich nicht. Wir waren mit der Biermösl Blosn ohnehin schon ein Teil des Establishments. Deshalb ist es schon gut, wenn jeder seine eigenen Wege geht, das hilft, frisch und kreativ zu sein. Es reicht mir schon, wenn bei der CSU fast alles beim Alten bleibt: Die Affären sind perfekt an den betroffenen CSU-Politikern wie Brunner, Spaenle, Pschierer und so weiter abgeperlt ...

... nur Fraktionschef Georg Schmid musste seinen Posten abgeben ...

... was ich sehr bedauere, allein schon wegen seines Namens Schüttel-Schorsch. Er wurde zum Lamm Seehofers, das hinwegnimmt die Sünden der Fraktion. Das Kabinett steht zwar noch nicht, aber ich bin zuversichtlich, dass auch Justizministerin Merk es für Schwaben wieder schafft. Zwischen Seehofer und seinem Finanzminister Markus Söder besteht eh seit Längerem eine starke Beziehung. Wobei ich glaube, dass es Söder jetzt alleine nach ganz oben schaffen will.

Aber da will doch auch Ilse Aigner hin.

Sie meinen das Dioxin-Hendl-Luder aus Rosenheim? Immer eine Tracht auf Lager, herrlich. Und ganz schön raffiniert: Sie hat es als Landwirtschaftsministerin geschafft, die einzige Überlebenschance für kleine und mittlere bäuerliche Höfe zunichtezumachen: die Subventionen von der Fläche zu entkoppeln. Aigner hat so viel getrachtelt und gelächelt, dass das überhaupt nicht aufgefallen ist. Im Gegenteil: Die Bauern, die von ihr beschissen werden, haben sie umso lieber gewählt. So was qualifiziert für den CSU-Vorsitz.

Rote und Grüne scheinen nichts Adäquates bei der Wahl im Angebot gehabt zu haben. Oder war Christian Ude der falsche SPD-Spitzenkandidat?

Mei, der Sepp Daxenberger fehlt halt bei den Grünen hint und vorn. Und der Ude hat bei der Wahl ja nicht einmal in seinem München richtig gezogen. Ude war gewöhnt, der Größte zu sein. Da muss er umdenken. Aber er hat ja immerhin sagenhafte zwei Prozentpunkte dazugewonnen ...

Spielte vielleicht der Bart eine Rolle? Schließlich trägt auch Martin Zeil einen, der mit seiner FDP bei der Wahl abgeschmiert ist.

Der mündige Bürger schaut genau hin, deshalb rate ich Zeil dringend, es beim nächsten Anlauf mal ohne zu probieren. Vier Prozent sind dann eventuell drin.

Welcher Politiker erhält denn bei Ihren Auftritten momentan besonders viel Zuspruch?

Alexander Dobrindt. Das ist ein echter Knaller. Am Samstag vor der Wahl haben wir im Stimmkreis des CSU-Generalsekretärs gespielt, und ich muss sagen: Da freut sich das Publikum wirklich minutenlang, wenn's um den Dobrindt geht.

Ein Beispiel?

Heit sama in am Wahlbezirk, wo der Wähler lang nachsinnt - weil er bloß de Wahl hat zwischen Pest, Cholera und Dobrindt. Da haben die Leute, überwiegend in Tracht, sich sehr drüber gefreut. Dobrindt scheint in seiner Heimat zu Recht beliebt zu sein.

Letzte und vielleicht wichtigste Frage: Wie lange bleibt der CSU noch Zeit, sich an die 100 Prozent heranzuarbeiten?

Die CSU hat viel Zeit. Sie bleibt ja immer dran. Den Leuten ist es doch wurscht, wer für sie kandidiert. Ich rate deshalb allen Grünen und Roten, zur CSU zu gehen. Dann werden sie sofort gewählt, wurscht, was sie verzapfen. Ansonsten ein kleiner Trost für alle Quertreiber, die sich nicht anpassen wollen: In zirka sechs Milliarden Jahren geht die Welt unter, dann verschwindet die CSU in einem schwarzen Loch. Bis dahi bleibt ois', wie's war.

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