Glaube und Wissenschaft:Kopftuch-Debatte an Würzburger Universität

  • Eine Professorin soll an der Universität Würzburg eine Studentin aufgefordert haben, ihr Kopftuch abzunehmen.
  • Sie spricht von einem Missverständnis. Sie habe lediglich gewollt, dass alle Studenten ihre Kopfbedeckung abnehmen als Zeichen des Respekts.
  • Fachschaft und Hochschulgruppen fordern eine Distanzierung der Unileitung und eine öffentliche Entschuldigung der Professorin.

Von Vinzent-Vitus Leitgeb

Bisher steht vor allem eines fest: An der Universität Würzburg wird derzeit heftig über das Kopftuch einer Studentin diskutiert und über Gisela Müller-Brandeck-Bocquet, der Leiterin des Lehrstuhls für Europaforschung. Die Debatte hat durch erste Medienberichte schnell Fahrt aufgenommen. Inzwischen taucht der Fall auch deutschlandweit in sozialen Netzwerken immer öfter auf. Wollte die Uniprofessorin die Religionsfreiheit einer Studentin einschränken? Das ist der meistgenannte Vorwurf, die Gegenstimmen sind deutlich leiser. Dabei gibt es zum genauen Ablauf des Streits mehrere Darstellungen.

Unbestritten ist, dass Müller-Brandeck-Bocquet zu Beginn einer Vorlesung am Mittwoch alle Studenten aufgefordert hatte, ihre Kopfbedeckungen abzulegen - als Zeichen des Respekts. Alle Männer, die eine Kappe trugen, haben diese abgenommen. Eine 19-jährige Studentin hat ihr Kopftuch jedoch aufgelassen. Es kam zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen der Professorin und einigen Studenten. Viele von ihnen verließen den Hörsaal.

Folgt man der Version der Fachschaft, hatte Müller-Brandeck-Bocquet die Studentin zuvor persönlich aufgefordert, ihr Kopftuch abzunehmen. Sie soll gesagt haben, dass dadurch freies und wissenschaftliches Denken an der Uni nicht möglich sei. Und dass es eine religiöse Haltung mit in den Hörsaal bringe, der eigentlich ein säkularer Raum sei.

Dem widerspricht Müller-Brandeck-Bocquet, die für die SZ am Freitag nicht zu erreichen war. In einer schriftlichen Stellungnahme vom Donnerstag bedauerte sie den Vorfall und die große Aufregung aber. Sie habe die Studentin zu keinem Zeitpunkt dazu aufgefordert, ihr Kopftuch abzunehmen oder die Vorlesung zu verlassen. Sie habe lediglich auf die beabsichtigte Gleichbehandlung von Männern und Frauen hingewiesen. Seit vielen Jahren bitte sie die Zuhörer um die Abnahme von Kopfbedeckungen, als Zeichen des Respekts vor einer universitären Einrichtung und vor ihr selbst als vortragender Professorin. In der Regel seien damit männliche Studierende angesprochen, die ihrer Bitte immer nachkommen.

Es gibt kein Kopftuch-Verbot, stellt die Universität klar

Als jetzt eine Studentin als Einzige ihr Kopftuch nicht ablegen wollte, habe sie ihre Missbilligung zum Ausdruck gebracht. Sie schreibt von Missverständnissen. "Es gibt keine Vorschriften oder Richtlinien, die das Tragen eines Kopftuches untersagen würden, weder den Studierenden noch dem Lehrpersonal oder anderen Beschäftigten", teilte die Unileitung mit. Das Verständnis für unterschiedliche Kulturen und Nationalitäten sei im Leitbild der Uni festgeschrieben, Religionsfreiheit selbstverständliches Prinzip.

Das Thema wird die Hochschule trotzdem noch begleiten. Die Fachschaft forderte am Donnerstag eine klare Distanzierung des Institut und der Universitätsleitung von Müller-Brandeck-Bocquet. Ihre Erklärung scheint dafür zu wenig zu sein. Auch die Juso-Hochschulgruppe will Konsequenzen sehen. Milena Merkel, Sprecherin der Grünen Jugend Würzburg, sprach sich für eine persönliche, öffentliche Entschuldigung der Professorin bei der betroffenen Studentin aus. Müller-Brandeck-Bocquet solle sich zudem klar zur Religionsfreiheit an der Uni bekennen, so wie es die Universität schon getan hat.

Wie die Uni am Freitag der SZ mitteilte, ist das inzwischen passiert. Die Professorin habe sich in einem Brief an die Studentin in aller Form entschuldigt. Sie werde dies auch nochmals in der nächsten Vorlesung tun.

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