Runder Tisch zur Artenvielfalt:Worüber Befürworter und Gegner des Volksbegehrens streiten

Runder Tisch zur Artenvielfalt: Wiesen - und wie hier im Bild Ackerwildkräuter - sind wichtig für die Insekten, deswegen fordern Naturschützer, dass erst später gemäht wird.

Wiesen - und wie hier im Bild Ackerwildkräuter - sind wichtig für die Insekten, deswegen fordern Naturschützer, dass erst später gemäht wird.

(Foto: Christian Endt)
  • An diesem Montag kommt zum zweiten Mal der runde Tisch zum Thema Artenvielfalt zusammen. Ministerpräsident Söder hatte ihn nach dem Rekord-Volksbegehren "Rettet die Bienen" einberufen.
  • Ziel des Treffens ist, einen Kompromiss zwischen den Initiatoren des Volksbegehrens und dem Bauernverband zu finden.
  • Der Landtag muss bald entscheiden, ob er das Volksbegehren annimmt. Wenn nicht, kommt es zu einem Volksentscheid, bei dem alle bayerischen Bürger über die Initiative abstimmen dürften.

Von Christian Sebald

Vor dem zweiten runden Tisch zum "Volksbegehren Artenvielfalt - Rettet die Bienen" an diesem Montag fordert der Grünen-Politiker Ludwig Hartmann, die Debatte über Forderungen der Initiative ein für alle mal zu beenden. "Die runden Tische sind weder dazu da, den Streit über unser Volksbegehren zu schlichten, noch sollen sie Gegenentwürfe zu unserem Forderungen entwickeln", sagt Hartmann. "Ihre Aufgabe ist es, Ideen zu sammeln, was man über unseren Gesetzesvorschlag hinaus für den Erhalt der Artenvielfalt in Bayern tun kann." Zugleich wiederholte Hartmann die Forderung, dass der Landtag rasch das Volksbegehren von ÖDP, Grünen, Landesbund für Vogelschutz und vielen anderen Naturschutzorganisationen annimmt. "Dann sparen wir uns nicht nur den Aufwand und das viele Geld für die Abstimmung im Herbst", sagt Hartmann. "Sondern der runde Tisch kann sich mehr Zeit für seine Ideensammlung nehmen."

Was den Umgang mit den am heftigsten umstrittenen Punkten des Volksbegehrens anbelangt, schlägt Hartmann vor, der Landtag könne ja nach ihrem Inkrafttreten eine gewisse Frist verstreichen lassen und dann überprüfen, ob die befürchteten Probleme tatsächlich eingetreten sind. "Sollte das wirklich der Fall sein", sagt Hartmann, "dann kann er ja die Vorgaben so anpassen, dass sie für alle Landwirte praktikabel sind."

Im wesentlichen betrifft der Streit zwei Forderungen. Die eine lautet, dass ab 2020 zehn Prozent der Wiesen und Weiden erst nach dem 15. Juni eines jeden Jahres gemäht werden dürfen, damit zumindest bis dahin Wildblumen und Kräuter blühen und so Bienen und andere Insekten Nektar saugen können. Die andere Forderung ist, dass Grünland nach dem 15. März nicht mehr gewalzt werden darf, damit Wiesenbrüter und ihre Nester nicht platt gemacht werden.

Viele Landwirte und der Bauernverband empfinden beide Forderungen als zu restriktiv. Das Walzverbot ist aus ihrer Sicht schon deshalb nicht praktikabel, weil im Frühjahr vor allem in höher gelegenen Regionen noch Schnee liegen kann.

Dabei hält es selbst das Umweltministerium für richtig und wichtig, Grünland ab dem 15. März nicht mehr zu walzen. Das geht aus der Antwort des Hauses von Minister Thorsten Glauber (Freie Wähler) auf eine entsprechende Anfrage des Grünen-Abgeordneten Patrick Friedl hervor. Zum einen heißt es darin, dass Renaturierungen etwa von Niedermooren "im Idealfall das Walzen im Frühjahr überflüssig" machen. Denn im Erdreich von feuchten Wiesen und Weiden leben sehr viel weniger Maulwürfe und Wühlmäuse als im Erdreich von intensiv bewirtschaftetem Grünland. Und damit kommt es zu sehr viel weniger Erdauswürfen, welche die Bauern dann im Frühjahr einebnen müssen.

Zum anderen schreiben Glaubers Beamte: Wenn Grünland wirklich gewalzt werden müsse, "sollte dies vor dem 15. März erfolgen". Sie machen aber auch die Einschränkung: "Sofern die örtlichen Witterungsbedingungen dies erlauben." Außerdem weist das Ministerium darauf hin, dass der Freistaat im Rahmen des Wiesenbrüterschutzes bereits spezielle Fördergramme für jene Bauern aufgelegt habe, die auf das Walzen verzichten.

Die Grünen bekennen sich freilich ausdrücklich zu dem Walzverbot nach dem 15. März. "Nur so können Wiesenbrüter und im übrigen auch Amphibien wirkungsvoll geschützt werden", sagt Friedl. Völlig offen ist derweil, wie die CSU mit dem Volksbegehren umgehen will. Zwar hat Ministerpräsident Markus Söder Insidern zufolge die Fraktion über den ersten runden Tisch und die konstruktive Atmosphäre an ihm informiert. "Aber eine förmliche Diskussion, wie wir mit den Forderungen der Initiative umgehen wollen, hat bisher nicht stattgefunden", sagt ein Abgeordneter, "nicht einmal erste Gespräche hat es gegeben." Auch innerhalb der Staatsregierung ist anscheinend nicht klar, ob man dem Volksbegehren einen eigenen Gesetzesentwurf gegenüberstellen wird und - sollte man dies tun - "wie wir das Volksbegehren toppen sollen", sagt eine einflussreiche Abgeordnete. Letztlich, so heißt es, werde "die Entscheidung freilich allein von Söder abhängen".

Viel Zeit haben der Ministerpräsident und seine schwarz-orange Koalition dafür nicht. Nachdem am vergangenen Donnerstag das amtliche Endergebnis des Volksbegehrens veröffentlicht worden ist, muss Söder in knapp vier Wochen den Landtag offiziell informieren und Stellung zu den Forderungen beziehen. Sollte sich Schwarz-Orange tatsächlich entscheiden, einen Gegenentwurf zu präsentieren, hat die Koalition dafür nur drei Monate Zeit. Nach dem runden Tisch am Montag sollen nun erst einmal vier Arbeitsgruppen zu den Themen "Agrarlandschaften", "Wald", "Gewässer" und "Siedlungen/urbane Räume" eingerichtet werden. Am Freitag findet im Landtag ein ganztägiger Artenvielfalt-Kongress statt.

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