Berchtesgadener Land:Luchs mit bewegter Vergangenheit

Bei dem Luchs, der seit Monaten im Grenzgebiet zwischen Österreich und dem Berchtesgadener Land umherstreift, handelt es sich um ein achtjähriges Männchen mit einer außergewöhnlichen Vita. Das haben jetzt Nachforschungen der Raubtierexperten am Landesamt für Umwelt (LfU) ergeben. Danach stammt die Raubkatze ursprünglich aus der Schweiz. "Ins Berchtesgadener Land eingewandert ist das Tier aber aus dem Drei-Länder-Eck Slowenien, Italien und Österreich", erklärte eine LfU-Sprecherin.

Der Luchs war Anfang Dezember nahe dem Nationalpark Berchtesgaden in einer Fotofalle getappt. Das Männchen wurde laut LfU im Jahr 2008 in der Westschweiz geboren. Die dortigen Forscher tauften ihn auf den Namen Alus. Die folgenden Jahre führte Alus ein recht unauffälliges Leben in den Schweizer Wäldern. Im April 2014 endete es abrupt. Alus wurde eingefangen und in das norditalienischen Friaul verpflanzt. In den dortigen Bergen leben ebenfalls Luchse. Die Gruppe ist aber so klein, dass das Vorkommen auszusterben droht. Um das zu verhindern, musste Alus ins Friaul umziehen - zur "Bestandsstützung", wie solche Aktionen im Jargon der Biologen heißen. Doch Alus machte die Aktion nicht mit. Im Dezember 2014 verlor sich im Friaul seine Spur. Erst im April 2015 tauchte er wieder auf - 130 Kilometer Luftlinie entfernt, an der Nordseite der Alpen im Grenzgebiet zwischen Österreich und dem Berchtesgadener Land.

Alus' Wanderung ist in doppelter Hinsicht außergewöhnlich. Zum einen ist sie ungewöhnlich weit. Die Distanzen, die Luchsmännchen normalerweise in den Alpen zurücklegen, summieren sich auf Längen von etwa 55 Kilometer. Zum anderen musste Alus tiefe Täler und hohe Pässe überwinden, um von der Südseite der Alpen an ihre Nordseite zu gelangen. Dabei dürfte er auch in hochalpine Regionen vorgestoßen sein. Das tun Luchse eigentlich ungerne. Sie bevorzugen waldreiche Regionen, wo sie eine gute Deckung haben.

Und wie haben die Raubtier-Experten am LfU Alus als den Luchs auf dem Bild der Fotofalle identifizieren können? Das Fell auf seinem Hinterteil hat eine so einzigartige Zeichnung, dass ein Abgleich der Bilder mit den Aufnahmen von frei lebenden Luchsen in einer europaweiten Datenbank ihnen schnell die Gewissheit gab, dass es sich nur um ihn handeln kann.

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