Bayern:Landtagspräsidentin Aigner zeigt AfD-Abgeordneten an

Bayern: Landtagspräsidentin Ilse Aigner zeigt den AfD-Abgeordneten Ralf Stadler an

Ilse Aigner zeigt links die Fotomontage und rechts das originale Foto.

(Foto: dpa)
  • Der Facebook-Beitrag eines AfD-Abgeordneten in Bayern geht der Landtagspräsidentin Ilse Aigner zu weit: Ralf Stadler postete eine Fotomontage auf der Aigner mit Kindern angeblich AfD-Lufballons steigen lässt.
  • Der Post ist mittlerweile nach Intervention des Landtagsamts gelöscht.
  • Aigner stellte trotzdem bei der Generalstaatsanwaltschaft München einen Strafantrag. Ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Parlaments.

Von Wolfgang Wittl

Die Schlussworte im Landtag sind gesprochen, alles scheint gesagt zu sein vor der Sommerpause. Da bittet Landtagspräsidentin Ilse Aigner kurzfristig zu einer Pressekonferenz. In den ersten neun Monaten ihrer Amtszeit hat sich Aigner auch deshalb großen Respekt erworben, weil es ihr gelungen ist, die richtige Balance im Umgang mit der AfD zu finden: bestimmt in der Sache, abgeklärt im Ton - so hat sie es geschafft, manche Vorfälle nicht eskalieren zu lassen.

Am Donnerstag aber ist auch die Schmerzgrenze der umgänglichen Oberbayerin erreicht. Sie stellt Strafantrag gegen den Passauer AfD-Mann Ralf Stadler. Es ist wohl ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Parlaments, dass eine Landtagspräsidentin in dieser Form juristisch gegen einen Landtagsabgeordneten vorgeht. In den Archiven der Landtagsverwaltung findet sich jedenfalls kein Hinweis auf einen vergleichbaren Fall.

Anlässlich eines "Entdeckertags" hatte Aigner Anfang Juli mit mehreren Grundschulkindern vor dem Landtag Luftballons steigen lassen, das Foto wurde auf der Homepage des Landtags veröffentlicht. Was Aigner und ihre Verwaltung Tage später im Netz fanden, reduzierte ihre Entdeckerfreude jedoch schlagartig. Stadler hatte in die meisten Luftballons - auch den von Aigner - das Parteilogo der AfD montiert. Darunter schrieb er: "Die AfD wirkt auch in Bayern." Veröffentlicht hat er das Fake-Foto auf seiner Facebookseite.

Die Gesichter der Kinder und ihrer Lehrerin waren verpixelt, aufgrund des im Internet vorhandenen Originals aber gut zu identifizieren. Als der Bayerische Rundfunk das Thema aufgriff, verwies Stadler auf einen angeblich harmlosen Scherz. Aigner zählt zu den fröhlichen Politikerinnen im Land, doch lachen konnte sie darüber nicht.

Am Donnerstag erklärt die Landtagspräsidentin, weshalb sie bei der Generalanwaltschaft München einen Strafantrag gegen Stadler stellt. Eine parteipolitische Werbeaktion auf dem Landtagsgelände wäre mit ihrem überparteilichen Amt nicht vereinbar, sagt Aigner: "Vor allem aber wäre es in höchstem Maße ehrenrührig, dafür Kinder auszunutzen."

Aigner sieht Stadlers Vorgehen als "direkten Angriff auf die Integrität meiner Person und auf das Amt der Landtagspräsidentin. Vor allem aber ist es auch eine erhebliche Rechtsverletzung zu Lasten der Schulkinder mit ihrer Lehrerin." Juristisch dürften der Verdacht auf Verleumdung sowie Verstöße gegen das Urhebergesetz in Betracht kommen - im schlimmsten Fall zu ahnden mit einer Freiheitsstrafe mit bis zu zwei Jahren.

Dass Stadler sich "formal entschuldigt" habe, hat Aigner nicht besänftigt. Sie zweifelt an der Aufrichtigkeit. "Hiermit sage ich ganz klar: Ich nehme diese Entschuldigung nicht an" - auch weil ein Muster erkennbar werde. Da werde provoziert und gegen Regeln des anständigen Umgangs verstoßen, kurz darauf folge die wenig glaubhafte Entschuldigung. "Ich bin nicht bereit, dieses Spiel mitzuspielen."

Ralf Stadler, der auf den Strafantrag zunächst nicht reagierte, war am Donnerstag bereits wegen eines anderen Vorfalls negativ aufgefallen. Der Abgeordnete Fabian Mehring (FW) hatte auf seiner Facebookseite über die Fahnenweihe einer Soldatenkameradschaft den historisch unbelasteten Satz geschrieben: "In Treue fest" - laut Stadler jedoch einer von "solchen SS-Sprüchen", wie er im Plenum vortrug. Dabei hatte Mehring in seinem Beitrag ausdrücklich für Frieden und - "mit Blick auf das Gebaren der AfD" - Erinnerungskultur geworben.

Mehrings Antwort an Stadler: "Sie haben sich einmal mehr als intellektueller Totalausfall erwiesen", die AfD sei "eine Schande für dieses Haus". Sitzungsleiter Markus Rinderspacher erteilte Stadler eine Rüge, es war die vierte für die AfD in einem halben Jahr.

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