Bayern gegen Baden-Württemberg:Der Stern verblasst

Bayern und Baden-Württemberg waren einst der Stern des Südens. Jetzt sind sie politische Rivalen. Ein Erfolg in Baden-Württemberg käme CSU-Chef Seehofer höchst ungelegen.

Annette Ramelsberger

Die Länder Bayern und Baden-Württemberg einten über Jahrzehnte hinweg nicht nur ihr Reichtum, ihr Erfolg und ihre Lage im Süden der Republik. Die beiden Länder votierten politisch sehr ähnlich: Westlich von Ulm hatte die CDU ihre stärkste Bastion, östlich davon war die CSU unangefochten. Als Stern des Südens sahen sich die beiden Länder, der all die anderen im Norden und Osten der Republik überstrahlte. Gemeinsam waren sie unschlagbar: Das zeigten sie gerne im Bundesrat, auf Auto- und Energiegipfeln.

Bayerische Kabinettssitzung

Bayern und Baden-Württemberg galten früher als der Stern des Südens. Diese Zeiten sind für Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer vorbei.

(Foto: dpa)

In Berlin seufzte man dann gelegentlich über das "Kreuz des Südens", gegen das die anderen nicht ankamen. Noch im Wahlkampf hatte CSU-Chef Horst Seehofer seinen schwächelnden Amtskollegen Stefan Mappus nach München eingeladen und mit ihm die gemeinsame Kraft beschworen.

Die Kraft hat nicht gereicht, um den CDU-Mann im Sattel zu halten. Und aus Sicht der CSU verblasst nun auch der Stern. Denn die bayerische Staatsregierung sieht den Nachbarn nun auf dem Weg in die grüne Steinzeit, respektive den Sozialismus. "Rückschritt und ideologische Verblendung" attestiert die CSU der grün-roten Regierung und kümmert sich selbst um Details des Koalitionspapiers im Nachbarland: Das sieht zum Beispiel den Verzicht auf den Neubau von Staatsstraßen vor - Bayerns Innenminister erkennt darin sofort den "Tod für den ländlichen Raum". Und der bayerische Kultusminister hat bereits das Ende einer "gewachsenen Partnerschaft" verkündet.

Es geht in Zukunft nicht mehr darum, welches der beiden Ländern besser, schneller, erfolgreicher ist. Es geht um die Systemfrage. Schon hat Ministerpräsident Seehofer diesen Kampf ausgerufen: hier Schwarz-Gelb, dort Grün-Rot. Gerade noch hatte sich Seehofer darum gesorgt, dass die Schwäche der FDP die Union in Bund und Land infizieren könnte.

Nun sieht er die Möglichkeit, sich gegen diese Schwäche im Kampf mit Grün-Rot nebenan zu immunisieren. Täglich wird er betonen, dass im Ländle nichts mehr funktioniert. So wie Seehofer einst seine Minister per sms aufforderte, aktiver zu sein ("Wo bleibt die Revolution?"), so wird er nun allenthalben fragen: "Wo bleibt die Kritik?" Die Bayern werden alles tun, damit die Erfolge des Nachbarn nicht nach nebenan ausstrahlen.

Doch je mehr die Bayern kritisieren, desto deutlicher zeigen sie ihre Angst. Angst davor, dass die im Ländle schaffen, was die Schwarzen in Bayern immer abgetan haben: den Umbau der Auto- und Industriegesellschaft zu mehr Nachhaltigkeit und Chancengerechtigkeit - ohne dass dabei die konservative Welt untergeht. Die CSU, die derzeit fast noch schneller aus der Atomenergie aussteigen will als die Grünen, weiß genau, was ihr blüht: Sollte das Modell Baden-Württemberg funktionieren, könnten sich die bayerischen Wähler fragen, ob sie bei der Landtagswahl 2013 die wählen wollen, die sich plötzlich grün geben oder lieber die, die schon lange grün sind.

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