Bahntrassen:Violett ist die Hoffnung

Verkehrsminister Andreas Scheuer präsentiert fünf Varianten für den Brennerzulauf in der Region Rosenheim. Eine davon sieht eine weitgehend unterirdische Streckenführung vor, die Kosten aber sind ungewiss

Von Matthias Köpf, Rosenheim

Zwar gibt es noch die Varianten Türkis, Oliv, Gelb und Blau, doch die Hoffnung ist im Inntal mit der Farbe Violett verknüpft. Denn die Variante Violett verläuft fast komplett im Untergrund: von Tirol durch das bayerische Inntal und dann östlich um Rosenheim herum bis in den Norden der Stadt. "Für die Politik am interessantesten sind die östlichen mit den meisten Tunnelanteilen", sagt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) am Montag in Rosenheim entsprechend über die fünf Varianten. Die Planer der Deutschen Bahn haben sie aus ihren rund um Rosenheim mäandernden Korridorstudien herausgearbeitet. Wenn die geplante Neubaustrecke in Variante Violett fast komplett und in der verwandten Ost-Variante Blau zumindest in größeren Teilen im Untergrund verschwände, dann könnten auch die Proteste in der Region abebben, lautet die Hoffnung.

Diese Proteste sind auch am Montag wieder von der Farbe Rot geprägt. Rund hundert Kritiker, viele in rote Westen gekleidet, empfangen Scheuer, seinen bayerische Amtskollegen und CSU-Parteifreund Hans Reichhart und die örtliche CSU-Abgeordnete Daniela Ludwig, die auch verkehrspolitische Sprecherin der Union im Bundestag ist, vor der Versammlung des Regionalforums. In dem Gremium beraten die Planer mit Vertretern von Gemeinden und Verbänden über den Planungsfortschritt. Diese Bürgerbeteiligung war 2016 ins Stocken geraten, als die Gemeinden im Osten und Norden Rosenheims erkannt hatten, dass es auch sie treffen könnte mit der Neubautrasse für den Brennernordzulauf. Die bestehenden Bahngleise führen von Tirol her westlich des Inns und der Autobahn entlang in die 65 000-Einwohner-Stadt Rosenheim hinein. Bürger und Gemeinden entlang der Strecke hoffen auf Entlastung durch eine neue Trasse. Proteste gibt es aber auch hier.

Demonstration gegen Brenner-Nordzulauf-Trassenverlauf

Anwohner der Region Rosenheim demonstrierten gegen den Bau einer neuen Trasse für den Nordzulauf.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Inzwischen sind es insgesamt 19 Bürgerinitiativen und der Rosenheimer Bund Naturschutz, die bei einem Planungsbüro selbst einen Entwurf bestellt haben, wie sich der Zulauf zum Brennerbasistunnel von bayerischer Seite her gestalten ließe. Die Details wollen sie kommende Woche vorstellen, doch im Grundsatz geht es darum, die bestehende Trasse mit digitaler Signaltechnik, maximalem Lärmschutz und mindestens abschnittsweise mit einem dritten Gleis auszubauen. Damit ließen sich nach Ansicht der BIs und ihrer Berater genügend Kapazitäten schaffen, und zwar auch für die Zeit nach Inbetriebnahme des Brennerbasistunnels zwischen Innsbruck und Südtirol, die für 2028 geplant ist.

Bahn und Bund wollen die Bestandsstrecke ohnehin aufrüsten und haben den Anwohnern wiederholt versprochen, den Lärmschutz zu verbessern. Damit ließen sich fürs Erste auch die nötigen Kapazitäten Richtung Brennerbasistunnel schaffen, betont Scheuer. Dennoch müsse es auf längere Sicht eine Neubautrasse geben, um die internationalen Verpflichtungen des Bundes auf europäischer Ebene und das Abkommen mit Österreich und Italien zur Anbindung des Tunnels zu erfüllen. Denn auf längere Sicht werde nur eine Neubaustrecke den wachsenden Güterverkehr über die Alpen aufnehmen können und eine klimapolitisch notwendige Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Schiene sowie schnellere Personenzüge nach Italien möglich machen. Für die Region erlaube nur sie einen dichteren Takt im Nahverkehr nach München oder Innsbruck.

Dies betont auch Hans Reichhart, der als bayerischer Minister für den Nahverkehr zuständig ist. Die Staatsregierung hat den Bürgern in der Region eine Trasse nach "Tiroler Standard" versprochen - im Inntal verlaufen dort die schon lange fertigen Gleise zu etwa 80 Prozent im Untergrund. Das Ziel sei größtmöglicher Lärm- und Landschaftsschutz, und "da kommt diese Trasse unseren Vorstellungen, unseren Wünschen am nächsten", sagt auch Reichhart über Variante Violett.

In dieser Hinsicht haben die drei westlich um Rosenheim verlaufenden Trassenvarianten Türkis, Oliv und Gelb Nachteile. Mit Unterschieden im Detail verliefen sie jeweils im Tunnel bis nördlich von Oberaudorf, dann zunächst an der Inntalautobahn entlang. Anschließend würden sie zwischen den beiden Städten Kolbermoor und Bad Aibling hindurchführen. Hier ist der Landkreis Rosenheim am dichtesten besiedelt. Der Untergrund besteht aus äußert weichen Seeton, der kaum einen Gleistrog oder Tunnel erlauben würde. Bei Sondierungsbohrungen taten sich die Geologen schwer, überhaupt einen handfesten Bohrkern zutage zu bringen. Bei den beiden östlichen Varianten bestehen die geologischen und ökologischen Risiken laut DB-Projektleiter Torsten Gruber eher im Grundwasser, das dort Richtung Inn strömt, wo der Tunnel die Gemeinde Stephanskirchen unterqueren würde.

Demonstration gegen Brenner-Nordzulauf-Trassenverlauf

Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart (links) und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (beide CSU) stellten in Rosenheim fünf Trassenvarianten vor.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

In vier der fünf Varianten sind laut Gruber Vorschläge aus der Region eingegangen. Alle fünf sollen nun detaillierter geplant und dann wieder verglichen werden. Bis Ende 2020 soll es einen endgültigen Trassenvorschlag geben, über den der Bundestag entscheiden muss. Eine fertige Neubaustrecke wird es nach Angaben der Bahn frühestens 2038 geben - zehn Jahre nach Eröffnung des Brennerbasistunnels.

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