Ansbach:Merkwürdige Methoden eines Klinik-Chefs

Ansbach: Hinter der hübschen Fassade des Bezirksklinikums Ansbach ist die Stimmung weniger heiter. Mitarbeiter beklagen das Gebaren und die Führungsqualitäten des Klinikvorstands. Man habe alles überprüfen lassen, sagt der Chef des Verwaltungsrates.

Hinter der hübschen Fassade des Bezirksklinikums Ansbach ist die Stimmung weniger heiter. Mitarbeiter beklagen das Gebaren und die Führungsqualitäten des Klinikvorstands. Man habe alles überprüfen lassen, sagt der Chef des Verwaltungsrates.

(Foto: Peter Roggenthin)
  • Helmut Nawratil ist seit 2012 Vorstand der mittelfränkischen Bezirkskliniken. Er ist höchst umstritten.
  • Während hohe Personalkosten der Klinik beklagt werden, fährt er einen teuren Campingbus als Dienstwagen. Außerdem wurde sein Gehalt auf einen Schlag um beinahe 50 Prozent erhöht.
  • Viele Entlassungen und Kündigungen sind auf Zerwürfnisse mit Nawratil zurückzuführen. Nun gibt es Ärger wegen eines Papiers, das Nawratil über einen Mitarbeiter verfasst hat.

Von Uwe Ritzer, Ansbach

Das Psycho-Papier von Ende März 2017 hat zwei Textspalten. In der linken hat Helmut Nawratil, Vorstand der Bezirkskliniken Mittelfranken, aufgeschrieben, wie Stefan B. (Name geändert) aus seiner Sicht so ist. Ein "Jammerer" zum Beispiel, ein "Risikovermeider", "Engagierer" und "Erklärer", ein "Zweifler bezüglich Strategie und Aussagen Vorstand". Letzteres kann man so lesen: Stefan B. scheint seinem Chef öfter zu widersprechen.

In der rechten Spalte des Schriebs notierte Nawratil, wie B. nach seinen Vorstellungen jedoch sein müsse: Ein "Umsetzer", "Strukturierer" und "Löser statt Problemsucher" zum Beispiel. Und ein "Fackel-" und "Fahnenträger", womit offenkundig die Fahne des Vorstands gemeint ist. Helmut Nawratils Fahne.

Das als "Anforderungsprofil" getarnte Psycho-Papier ist das bislang bizarrste Dokument, das aus dem Innenleben der Klinikfirma nach außen dringt. Stefan B. war zum fraglichen Zeitpunkt erst seit einigen Monaten oberster Bau- und Projektplaner bei den Bezirkskliniken, der Tochterfirma des Bezirks Mittelfranken mit 3000 Beschäftigten. Wenige Wochen bevor Nawratil das Papier verfasste, hatte B. in einem internen Dossier detailliert aufgelistet, was alles falsch läuft bei den großen Bauprojekten des Klinikunternehmens. Das ist eine ganze Menge; bis heute liegt kaum eines zeitlich und finanziell im Plan. Spätestens mit seinem Dossier fiel Stefan B. bei dem seines Geschäftsgebarens und seiner Menschenführung wegen umstrittenen Vorstand Helmut Nawratil, 47, in Ungnade.

Als der Konflikt sich zuspitzte, legte ihm der Klinikchef besagtes Psycho-Papier vor. B. sollte es unterschreiben und damit anerkennen. Der weigerte sich. Zu Recht, befand der Gesamtpersonalrat, denn es sei "nicht mit dem gültigen Verhaltenskodex und dem Leitbild der Bezirkskliniken Mittelfranken vereinbar". Dementsprechend verweigerte der Personalrat auch die Zustimmung zur Entlassung von Stefan B. Ausdrücklich attestierte ihm der Personalrat, Nawratil mehrmals "auf kostenverursachende Defizite hingewiesen" zu haben, die B. als "Altlasten übernommen" und wo er vergeblich um "korrigierende Entscheidungen" des Vorstands gebeten habe. Stefan B. musste dennoch gehen. Dabei hatte Nawratil ihn im Verwaltungsrat der Klinikfirma noch in höchsten Tönen gelobt, nachdem ein Headhunter ihn von einem großen Konzern nach Ansbach gelotst hatte. Mit dem für Nawratil wenig schmeichelhaften Dossier über den Zustand der Bauprojekte kippte die Stimmung. Eine Kliniksprecherin gab zu den Vorgängen keine Stellungnahme ab. Ebenso wenig Stefan B., "aufgrund des laufenden arbeitsgerichtlichen Verfahrens", wie sein Anwalt ergänzte.

Sein Mandant ist nicht das einzige Opfer Nawratils. Reihenweise warfen Führungskräfte hin oder mussten gehen. Der "Elferrat", wie fastnachtsaffine Spötter in den Bezirkskliniken den aus zehn Bezirksräten plus Bezirkstagspräsident Richard Bartsch bestehenden Verwaltungsrat nennen, nahm es zur Kenntnis, mehr nicht. Ebenso wie viele anonyme, zum Teil aber sehr detaillierte Briefe von offenkundig frustrierten und wütenden Mitarbeitern in den vergangenen Jahren. Alles habe man überprüfen lassen, sagt Bartsch. Und räumt ein, dass die Prüfung in der Regel so aussah, dass Vorstand Nawratil sich die Prüfer selbst aussuchen durfte oder er praktischerweise gleich Untergebene mit der Untersuchung beauftragte.

Trotz alledem steht der Bezirkstagspräsident fest zum umstrittenen Vorstand, dessen Gehaltserhöhung um fast die Hälfte auf 380 000 Euro im Jahr er nach wie vor angemessen findet. Nawratil selbst gebärdete sich vor Journalisten als harter Manager mit "stringentem Führungsstil", der nun einmal durchgreifen müsse, um Gewinn zu erwirtschaften. Nur den Leasingvertrag für den exklusiv und mit einer Sonnenmarkise ausgerüsteten Campingbus, den ihm der Bezirks als zweiten Dienstwagen spendiert, will er auslaufen lassen, doch der läuft noch einige Monate.

Dabei besteht auch an anderer Stelle Handlungsbedarf in den Bezirkskliniken, etwa beim Datenschutz. Personalpapiere von Stefan B. samt dem Psycho-Papier lagen nach Aussage von Mitarbeitern in der Klinikverwaltung offen herum. Nicht nur auf Schreibtischen, sondern auch im Kopierer. Jemand hatte sie dort vergessen.

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