Zum Tod von Saab:Ende eines Abschieds: "Friede Deines Blechs!"

Die Kultmarke ist nicht mehr. Nach langem Leiden ist der schwedische Autobauer Saab verschieden. Ein Nachruf

Günther Fischer

General Motors hat die Abwicklung des Tochterunternehmens Saab angekündigt. Anlässlich des Endes der einstigen Kultmarke veröffentlichen wir vorab die Grabrede.

Saab; dpa

Deine Meisterleistung von einst: der Turbolader.

(Foto: Foto: dpa)

Es ist vorbei. Wir nehmen Abschied von Dir, unserer geliebten Automarke - nach einem langen, tapfer ertragenen Leiden bist Du heute endgültig verblichen. Deine nicht sehr fürsorglichen amerikanischen Eltern General Motors haben uns mitgeteilt, dass sie Dich, die ungeliebte Tochterfirma aus dem schwedischen Trollhättan, endgültig abwickeln werden.

Alles, was uns jetzt bleibt, ist der Blick zurück. Hat noch jemand den rundlichen Saab 96 in Erinnerung? Falls ja, dann ist klar, was Deine skandinavischen Techniker zu leisten vermochten, was die Faszination ihrer Entwürfe ausmachte. Wer von uns erinnert sich nicht an den Trutzburg-Charme des unverwüstlichen 900 Cabrios? Diejenigen von uns, die sich einen 99, 900 oder 9000 Turbo leisteten, als Benzin noch bezahlbar war, würdigen das Oberklasse-Establishment mit ihren Achtzylinder-Motoren noch heute keines Blickes.

Überhaupt diese frühen Turbomodelle, die ersten ihrer Art. Erinnern wir uns: Du hast sie hoffähig gemacht. Deine Lader waren reibungslos funktionierende Heuler, denen wir Fahrerlebnisse verdankten wie wir sie später nur noch bei Turbo-Porsches erlebten: zuerst Dein müdes Nichtwollen, dann dieses geradezu euphorische Zupacken und Dahinbrausen. Auch wer je einen Blechschaden mit Dir erleiden musste, weiß, wie widerstandfähig Du warst, was Du alles aushalten konntest. In diesem Punkt warst Du Deinen skandinavischen Brüdern von Volvo nicht unähnlich.

Schließlich war da Dein herrlich nordisches Gefühl für klare Formen und Farben. Der energische Keil Deiner Karosserie, die unglaublich große Klappe im Fließheck, die runden Armaturen, die kleine, aber unübersehbare Anzeige des Turboladers - all das hast Du uns vor allem am alten Saab 900 fast vorbildlich vorgeführt: Ein Auto, mit dem Du auch in puncto Geschmack in vielen Dingen Deiner Zeit voraus warst und das wir auch heute noch gerne betrachten.

Das Besondere ist nicht mehr

Deine Krankheit kam schleichend, fast unbemerkt. Irgendwann übernahmen die Größenwahnsinnigen von General Motors die Verantwortung für Dein Wohl und Wehe - und fast sofort nistete sich der Infekt der Ideenlosigkeit ein, der im Laufe der Zeit zur alles beherrschenden Krankheit in Dir mutierte. Dass das nicht sofort erkannt wurde, lag an Deinen früheren Modellen, deren Komfort- und Technikerfolge lange Zeit alles überstrahlten.

Wie unter guter Schminke verbargst Du auch dank eines clever weiterentwickelten Designs lange Jahre, wie inhaltsleer Deine blecherne Hülle darunter geworden war. Werbe-Gurus, Chefredakteure und Architekten aber hielten Dir weiter die Treue.

Gerne hätte wir gesehen, dass Du Dich aufbäumst gegen die Krankheit - doch ein starkes Medikament in Form von intelligenter neuer Technik oder neuen Eigentümern war nicht zu haben. Was blieb, bis zum Schluss, sind Deine kleinen Gesten und Liebkosungen, an die wir uns immer gerne erinnern werden. An Dein nostalgisch verbrämtes Zündschloss zwischen den Vordersitzen, an Deine herrlich intelligent und sekundenschnell aufklappenden Becherhalter und an Dein Nightshift-Panel, mit dem Du nachts fast alle Lichter des Cockpits löschtest. Ein letzter Gruß an Deine Herkunft aus dem Flugzeugbau. Der Rest Deines einst herrlich gestalteten Autokörpers war da aber schon längst ausgehöhlt und bar jeder Kraft.

Es war schön, Dich gefahren zu haben. Friede Deines Blechs.

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